Wenn die Rentenversicherung eine unbefristete volle Erwerbsminderungsrente nach einem Widerspruch in eine befristete volle Rente umwandelt, dann endet das Arbeitsverhältnis nicht, sondern ruht lediglich. Das klärte das Landesarbeitsgericht Hamm und sicherte so das Arbeitsverhältnis des Klägers (Az. 17 Sa 25/11).
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Schwerbehinderung und volle Erwerbsminderung
Der Betroffene ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60. Er arbeitete seit Jahrzehnten bei seinem Arbeitgeber in der Aktenverwaltung. Dann stellte er einen Antrag auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Deutsche Rentenversicherung bewilligte ihm zunächst eine Rente wegen voller Erwerbsminderung – unbefristet, also längstens bis zum Erreichen des regulären Rentenalters.
Arbeitgeber beendet Arbeitsverhältnis
Nach Zustellung des Rentenbescheids teilte der Arbeitgeber dem Beschäftigten mit, dass das Arbeitsverhältnis mit Beginn des Rentenbezugs ende. Der Beschäftigte legte daraufhin Widerspruch gegen die unbefristete Rentenbewilligung ein.
Er begründete dies mit der tarifvertraglichen Regelung, wonach ein Arbeitsverhältnis bei zeitlich befristeter Erwerbsminderungsrente lediglich ruht, nicht endet.
Die Rentenversicherung änderte daraufhin ihre Entscheidung und bewilligte die volle Erwerbsminderungsrente rückwirkend nur noch für neun Monate. Sie erklärte den ursprünglichen Bescheid für nichtig. Zur Begründung führte sie an, dass bereits ein Beratungsarzt ursprünglich eine Befristung empfohlen hatte.
Wie lauten die Bestimmungen im Tarifvertrag?
Der für den Arbeitnehmer gültige Tarifvertrag enthält eine klare Regelung:
„Das Arbeitsverhältnis endet (…) mit Ablauf des Monats, in dem der [Rentenbescheid] zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. (…) Beginnt die Rente erst nach der Zustellung des Rentenbescheids, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages.“
Entscheidend ist jedoch eine ergänzende Bestimmung:
„Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn (…) eine Rente auf Zeit gewährt wird. In diesem Fall ruht das Arbeitsverhältnis für den Zeitraum, für den eine Rente auf Zeit gewährt wird (…)“.
Genau darauf stützte sich der Kläger.
Klage vor dem Arbeitsgericht
Der Arbeitnehmer erhob daraufhin Klage vor dem Arbeitsgericht Bochum, um feststellen zu lassen, dass sein Arbeitsverhältnis lediglich ruht und nicht beendet wurde. Er argumentierte, dass der zuletzt gültige Rentenbescheid nur noch eine befristete Erwerbsminderungsrente gewährt – mit entsprechender Wirkung auf das Arbeitsverhältnis.
Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Der Arbeitgeber legte Berufung ein und argumentierte, dass der Kläger dem ursprünglichen – unbefristeten – Bescheid nicht fristgerecht widersprochen habe und dieser somit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgelöst habe.
Formal richtig, inhaltlich unbegründet
Das Landesarbeitsgericht Hamm erklärte die Berufung zwar für zulässig, wies sie aber in der Sache zurück. Die Richter stellten klar: Zum maßgeblichen Zeitpunkt war die Rente auf Zeit bewilligt – unabhängig davon, ob dies ursprünglich anders entschieden wurde. Damit greift die tarifvertragliche Regelung, wonach das Arbeitsverhältnis nur ruht.
Eine unbefristete Rentenbewilligung, die später wirksam aufgehoben wird, könne keine rechtlichen Folgen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfalten – sofern sie zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr Bestand hat.
Es gibt keine Gründe gegen den Fortbestand des Vertrags
Die Richter führten zudem aus, dass das Ruhen eines Arbeitsverhältnisses bei befristeter Erwerbsminderung sachlich gerechtfertigt sei. Es bestehe in diesem Fall die berechtigte Erwartung, dass der Beschäftigte seine vertraglich geschuldete Tätigkeit künftig wieder erbringen könne.
Ein tatsächliches Ende des Arbeitsverhältnisses sei daher nur dann gerechtfertigt, wenn die Erwerbsminderung auf Dauer bestehe. In diesem Fall jedoch habe der Arbeitgeber weder nachvollziehbare betriebliche Gründe noch andere Interessen vorgetragen, die gegen ein Ruhen des Vertragsverhältnisses sprechen würden.
Bedeutung für Betroffene
Das Urteil stärkt die Rechte von Beschäftigten, die eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit erhalten. Es zeigt: Auch wenn zunächst eine unbefristete Rente bewilligt wurde, kann eine nachträgliche Änderung entscheidende arbeitsrechtliche Folgen haben.
Für viele schwerbehinderte oder langjährig Beschäftigte bedeutet das einen besseren Schutz vor vorschneller Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.




