Bürgergeld: Jobcenter verweigerte Übernahme der Miete weil Mietvertrag verlängert wurde

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Das Sozialgericht (SG) Berlin hat in einem aktuellen Beschluss über die Übernahme von Mietkosten nach einer Mietvertragsverlängerung entschieden. Das Jobcenter hatte sich zuvor geweigert, die Miete für einen Bürgergeld-Bezieher zu übernehmen. Es sah die Mietvertragsverlängerung eines Zeitmietvertrages als Umzug an.

Warum waren im vorliegenden Fall aufeinanderfolgende Zeitmietverträge erforderlich?

Die Antragsteller im Fall mussten aufeinanderfolgende Zeitmietverträge abschließen, die jeweils mit einer Mieterhöhung verbunden waren.

Solche Zeitmietverträge sind in Deutschland zulässig, jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen, beispielsweise wenn ein Eigenbedarf des Vermieters vorliegt oder größere bauliche Veränderungen geplant sind.

Warum verweigerte das Jobcenter die Kostenübernahme?

Das Jobcenter lehnte die Übernahme der neuen Miete ab und verwies dabei auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2015.

In diesem Fall hatten die Kläger ihren Mietvertrag zunächst gekündigt und dann einen neuen Vertrag mit höherer Miete abgeschlossen. Das LSG hatte daraufhin entschieden, dass die Übernahme der „neuen“ Miete nicht erfolgen könne, da es sich de facto um einen selbst gewählten Umzug handelte.

Diese Entscheidung stützte sich auf § 22 des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II), der die Kosten der Unterkunft regelt und im Falle eines Umzugs besondere Bedingungen für die Übernahme der Mietkosten vorsieht.

Die Argumentation des Jobcenters stützte sich darauf, dass durch den Abschluss des neuen Mietvertrags quasi ein Umzug erfolgt sei und deshalb die neuen Mietkosten nicht zu übernehmen seien. Damit berief sich das Jobcenter auf § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II, der eine Beschränkung der Mietkostenübernahme bei einem Umzug vorsieht.

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Deshalb widerspricht das Sozialgericht Berlin der Auffassung des Jobcenters

Das SG Berlin kam zu dem Schluss, dass die Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2015 nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar sei.

Das Gericht stellte fest, dass kein tatsächlicher „Umzug“ im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 6 SGB II erfolgt sei. Die Antragsteller sind weder aus ihrer Wohnung ausgezogen noch haben sie eine neue Wohnung bezogen.

Vielmehr wurde der bestehende Mietvertrag für dieselbe Wohnung lediglich verlängert.

Eine Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II setze jedoch das Vorliegen eines echten Umzugs voraus, also einen Wechsel des Wohnorts. Ein solcher Wechsel liegt hier nicht vor, da die Mieter lediglich in derselben Wohnung zu einer höheren Miete weiterwohnen.

Das Gericht wies darauf hin, dass es auch an den Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Norm fehle, die für besondere Ausnahmefälle vorbehalten ist.

Eine solche analoge Anwendung auf den vorliegenden Fall wäre nach Ansicht des SG Berlin rechtswidrig, da die Antragsteller durch die Verlängerung ihres bestehenden Mietvertrags nicht die gleichen Vorteile und Risiken wie bei einem tatsächlichen Umzug haben.

Welche Bedeutung hat das Urteil für betroffene Bürgergeld-Bezieher?

Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für Mieter, die auf Bürgergeld angewiesen sind und deren Mietverträge verlängert wurden.

Es stellt klar, dass eine Mietvertragsverlängerung bei einer ununterbrochenen Nutzung derselben Wohnung nicht mit einem Umzug gleichzusetzen ist und damit die Mietkosten im Rahmen der tatsächlichen Aufwendungen zu berücksichtigen sind.

Mieterinnen und Mieter, die sich in ähnlichen Situationen befinden, können sich somit auf das Urteil berufen, wenn das Jobcenter die Übernahme der Mietkosten verweigert.

Wie wird sich das Urteil in der Praxis auswirken?

In der Praxis ist zu erwarten, dass der Beschluss des SG Berlin die Prüfungskriterien von Jobcentern in Fällen ähnlicher Art beeinflussen wird. Jobcenter werden zukünftig genauer prüfen müssen, ob ein Mietvertrag tatsächlich einen Umzug im Sinne des SGB II darstellt oder ob lediglich eine Vertragsverlängerung vorliegt, die eine Fortführung der bisherigen Kostenübernahme rechtfertigt. Es stärkt somit die Rechte von Bürgergeld-Bezieher. Sozialgericht Berlin, Beschluss AZ: S 142 AS 951/24ER