Bei Auslaufen eines befristeten Mietvertrags und nahtlosem Abschluss eines neuen Mietvertrags für dieselbe Wohnung sind vom Jobcenter weiterhin die tatsächlichen Mietkosten zu übernehmen, denn ein Umzug im S. d. § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II ist nicht gegeben (Orientierungssatz Detlef Brock )
So entschieden vom SG Berlin, Beschluss vom 15.03.2024 – S 142 AS 951/24 ER –
Begründung:
Die Bürgergeld-Leistungsbezieher mussten hier mehrere aufeinanderfolgenden Zeitmietverträge abschließen mit sehr hohem Mietzins.
Das Jobcenter wollte nach Verlängerung des Zeitmietvertrages durch die Hilfebedürftigen die Mietkosten aber nicht mehr übernehmen.
Das Jobcenter stützte seine Argumentation auf die Entscheidung des LSG Berlin – Brandenburg, Urt. v. 27.08.2015 – L 5 AS 3259/12 –
Danach gilt:
Die Regelung des § 22 Abs 1 S 2 SGB II ist analog anzuwenden, wenn ein Leistungsberechtigter sein Mietverhältnis zum Zwecke eines nicht erforderlichen Umzuges kündigt und anschließend dieselbe Wohnung zu einem höheren Mietzins erneut anmietet ( Leitsatz Gericht )
Dem ist die 142. Kammer des SG Berlin aber nicht gefolgt.
Diese Rechtsprechung sei nicht auf den hier vorliegenden Fall nicht anwendbar
Denn es sind die tatsächlichen Aufwendungen zu berücksichtigen, denn die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 6 SGB II, auf die sich das Jobcenter (allerdings unter Benennung des inhaltsgleichen § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II in der bis 31.12.2022 geltenden alten Fassung -aF-) beruft, ist vorliegend nicht einschlägig.
Diese Regelung erfordert das Vorliegen eines „Umzugs“.
Wie das Jobcenter selbst in der Begründung des Widerspruchsbescheids ausgeführt hat, ist im hiesigen Fall ein – Umzug – in diesem Sinne, mithin ein Auszug aus der bisherigen Wohnung und ein Einzug in eine neue Wohnung nicht gegeben.
Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Norm auf einen Fall wie den vorliegenden, mithin bei Auslaufen eines befristeten Mietvertrags und nahtlosem Abschluss eines neuen Mietvertrags für dieselbe Wohnung, nicht vor.
Anmerkung Sozialrechtsexperte Detlef Brock
Die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II ist in einem Fall wie diesem nicht analog anzuwenden, denn diese Regelung erfordert das Vorliegen eines Umzugs.
Bei Auslaufen eines befristeten Mietvertrags und nahtlosem Abschluss eines neuen Mietvertrags für dieselbe Wohnung sind vom JobCenter weiterhin auch die tatsächlichen Mietkosten zu übernehmen, denn ein Umzug im S. d. § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II war nicht gegeben.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.