Lehnt das Jobcenter die Zusicherung für die Umzugskosten treuwidrig ab, ist es trotzdem zur Kostenerstattung verpflichtet. Liegt allein deshalb keine vorherige Zusicherung zur Umzugskostenübernahme vor, weil der zuständige Jobcenter sie zu Unrecht abgelehnt hat, besteht dennoch ein Anspruch auf Kostenerstattung (SG Freiburg S 6 AS 185/08).
Inhaltsverzeichnis
Begründung:
Liegt allein deshalb keine vorherige Zusicherung zur Umzugskostenübernahme vor, weil das Jobcenter (JC) sie zu Unrecht abgelehnt hat, besteht dennoch ein Anspruch auf Kostenerstattung
Denn es bedarf einer vorherigen Zusicherung dann nicht, wenn sich das Jobcenter treuwidrig eine fristgerechte Übernahmeerklärung verweigert (SG Duisburg, Beschluss v. 28.01.2008 – S 29 AS 123/07 ER; SG Dresden, Beschluss v. 06.06.2006 – S 23 AS 838/06 ER -).
Leistungsbezieher hatten einen Anspruch auf Zusicherung
Denn die Zusicherung zur Umzugskostenübernahme in § 22 Abs. 6 SGB II stellt eine Erweiterung der Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft in § 22 Abs. 4 SGB II dar, so dass auch deren Voraussetzungen vorliegen müssen.
Eine isolierte Zusicherung zur Übernahme der Kosten für den Umzug in die neue Unterkunft ist sinnlos, wenn eine Zusicherung zu den Aufwendungen für diese neue Unterkunft selbst gar nicht in Betracht kommt (vgl. LSG NW, Beschl. v. 28.06.2007 – L 20 B 129/07 AS ER -).
Anspruchsvoraussetzungen müssen vorliegen
Nämlich , dass der Umzug durch das Jobcenter veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig bzw. erforderlich ist, dass die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind und dass ohne die Zusicherung zur Umzugskostenübernahme eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann .
Der Umzug war erforderlich und notwendig
Weil ein Umzug ist dann erforderlich, wenn der Unterkunftsbedarf der Bedarfsgemeinschaft nicht mehr hinreichend gedeckt werden kann. hier war der Mietvertrag gekündigt worden bzw. war befristet.
neue Wohnung war allerdings unangemessen – trotzdem Anspruch auf Umzugskosten
Denn die Antragsteller konnten nachweisen, dass bis zum Termin xxx keine andere angemessene Wohnung verfügbar war. ihre Suchbemühungen haben sie nachgewiesen ( 16 Angebote ).
Das Jobcenter irrt, wenn es meint, auch ohne die begehrte Zusicherung für die Umzugskosten hätten die Antragsteller eine angemessene Wohnung finden können
Denn gerade wenn eine besondere Dringlichkeit für das Auffinden einer neuen Wohnung – wie hier durch den fixen Endtermin des alten Mietvertrages besteht, muss davon ausgegangen werden, dass die erteilte Zusicherung zur Umzugskostenübernahme jedenfalls eine Erleichterung bei der Suche gewesen wäre.
Und sich so das Jobcenter aufgrund der rechtswidrigen Ablehnung der Zusicherung dann nicht darauf berufen kann, dass die Unterkunft tatsächlich auch ohne ihre Zusicherung gefunden wurde.
Fazit des Gerichts
Da die entsprechende Zusicherung hätte erteilt werden müssen, ist das Ermessen der JC in § 22 Abs. 6 S. 1 SGB II auf Null reduziert. Die Umzugskosten sind somit dem Grunde nach zu übernehmen.
Was wurde an Umzugskosten übernommen
Zu den Umzugskosten gehören alle wegen des Umzugs anfallenden Kosten wie z.B. Transportkosten, An- und Abmeldegebühren sowie Aufwendungen zur Beköstigung und ggf. für die Unterbringung von Umzugshelfern.
Günstigster Umzugstransporter
Für Umzugshelfer mussten die Kläger insgesamt einen Betrag in Höhe von 265,00 Euro aufwenden – weil zur unentgeltlichen Hilfe bereite Familienangehörige oder Bekannte in der näheren Umgebung nicht vorhanden waren
Post-Nachsendeauftrag – Kfz-Ummeldegebühr – Telefon-Ummeldegebühr
Anmerkung Sozialrechtsexperte Detlef Brock
Gerade fluten Deutschlands Jobcenter die Wohnungen von Bürgergeldempfängern mit Kostensenkungsaufforderungen.
Müssen sie also umziehen, vergessen sie nicht vorher die Umzugskosten beim JC zu beantragen, erst wenn die schriftliche Zusicherung seitens des JC vorliegt, können sie umziehen, was heißt, beim Antrag auf Umzugsübernahme müssen die Kosten, wenn möglich, schon von ihnen beziffert werden.
Benötigen sie einen Umzugstransporter, müssen sie mindestens 2-3 Kostenvoranschläge vorlegen, dass Günstigste wird denn wohl genommen.
Hinweis
So hat das BSG im Urteil vom 06.05.2010 (B 14 AS 7/09 R – ) entschieden, dass seitens der Leistungsempfänger die Obliegenheit besteht, die Umzugskosten möglichst gering zu halten, weshalb der Leistungsträger die Leistungsempfänger grundsätzlich auf Selbsthilfeleistungen inklusive privater Hilfeleistungen Dritter verweisen kann.
Nur dann, wenn Eigenbemühungen wegen Alter, Krankheit oder Behinderung nicht zumutbar sind, müssen die Kosten für ein Umzugsunternehmen übernommen werden; hierbei darf der Leistungsträger aber die Vorlage von Kostenvoranschlägen fordern und das günstigste Angebot auswählen (Piepenstock/Senger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., Stand: 13.06.2024, § 22 Rn. 249, m.w.N.).
Gut zu wissen, aufgearbeitet von Detlef Brock
Die Behörde darf bei einem Umzug nicht abstrakt auf die Hilfe von Freunden und Bekannten verweisen!!
1. Der Leistungsberechtigte muss bei Vorbereitung und Durchführung eines Umzugs auf möglichst geringe Kosten achten (BSG vom 6.5.2010 – B 14 AS 7/09 R:
»Die in § 2 SGB II zum Ausdruck gekommene Obliegenheit zur Eigenaktivität kann als Auslegungshilfe bei der Allwendung und Interpretation aller Regelungen, die Rechte und Pflichten der Leistungsberechtigten normieren, herangezogen werden.«).
2. Als Ausnahmen werden Alter, Krankheit oder Behinderung und das Vorhandensein von Kleinkindern aufgeführt.
3. Aber auch sonstige in der Person liegenden Gründe:
Wenn man nicht im Besitz eines entsprechenden Führerscheins ist und weder Verwandte, Freunde oder Bekannte zur Verfügung stehen, ist ein Umzug in Eigenregie nicht möglich und die Kosten für einen gewerblichen Umzug sind vom Jobcenter zu übernehmen (vgl. BSG, Urt. v. 15.11.2012 – B 8 SO 25/11 R, Rn 21; SG Lüneburg, Beschl. v. 11.02.2013 – S 45 AS 50/13 ER, Rn 11 u. 12).
4. Soweit möglich und zumutbar, kann das Jobcenter daher auf Selbsthilfeleistungen verweisen (eigener Abbau, Einpacken und Aufstellen der Möbel in der neuen Wohnung).
Der Leistungsberechtigte ist auch gehalten, Familienmitglieder, Angehörige oder Freunde ernsthaft um Hilfe zu bitten (LSG Sachsen-Anhalt vom 27.11.2012 – L 5 AS 902/12).
5. Allerdings sind Angehörige oder Freunde nicht verpflichtet, für einen Leistungsberechtigten einen Umzug durchzuführen.
Familienmitglieder sind nur als BG-Mitglieder zur Umzugshilfe verpflichtet. Die Notwendigkeit professioneller Hilfe kann deshalb nicht allein mit Verweis auf Freunde und Angehörige abgelehnt werden (BSG vom 15.11.2012 – B 8 SO 25/11 R; SG Lüneburg vom 11.2.2013 – S 45 AS 50/13 ER). (Vgl.Geiger in Unterkunfts- und Heizkosten nach dem SGB II – Das Handbuch, §. Aufl., Stand: 01.05.2015, S. 308 f.)
Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.