Bürgergeld: Jobcenter muss auch ohne mietvertragliche Vereinbarung Renovierung zahlen

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BSG-Urteil: Trotz fehlender mietvertraglicher Vereinbarung muss das Jobcenter Renovierungskosten zahlen

Das Jobcenter muss auch dann – Renovierungskosten zahlen, wenn eine Einzugsrenovierung – mietvertraglich nicht vereinbart wurde (höchstrichterliche Rechtsprechung zu den KdU bei Bürgergeld-Beziehern ).

Angemessene Kosten für die Einzugsrenovierung sind nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Teil der Kosten der Unterkunft, wenn die Einzugsrenovierung mietvertraglich vereinbart worden ist.

Die aus Anlass des Einzugs in eine neue Wohnung anfallenden Renovierungskosten sind als Bestandteil der Kosten für die Unterkunft nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 vom Jobcenter zu übernehmen, soweit diese angemessen sind.

Dies gilt auch dann, wenn – mietvertraglich eine Einzugsrenovierung nicht vereinbart wurde, so die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den Kosten der Unterkunft für Grundsicherungsempfänger nach dem SGB II/ Bürgergeld.

Denn auch wenn mietvertragliche Vereinbarungen nicht vorliegen, können im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich auch weitere einmalige Beihilfen erbracht werden (vgl zu Heizkosten BSG, Urteil vom 16.5.2007, Az.: B 7b AS 40/06 R).

Bei den Kosten für die Einzugsrenovierung ist das der Fall, soweit sie zur Herstellung der Bewohnbarkeit der Unterkunft erforderlich und auch ansonsten angemessen sind.

Die Angemessenheit der Einzugsrenovierungskosten, die grundsätzlich unabhängig von der Angemessenheit der Unterkunft selbst gegeben sein muss, ist in drei Schritten zu prüfen.

Zunächst ist festzustellen, ob die Einzugsrenovierung im konkreten Fall erforderlich war, um die “Bewohnbarkeit” der Unterkunft herzustellen, eine Einzugsrenovierung ortsüblich ist, weil keine renovierten Wohnungen in nennenswertem Umfang zur Verfügung stehen und die Renovierungskosten zur Herstellung des Standards einer Wohnung im unteren Wohnungssegment erforderlich waren. (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 4 AS 49/07 R).

Ob die Einzugsrenovierung zur Herstellung der – Bewohnbarkeit- der Wohnung erforderlich ist, richtet sich einerseits nach objektiven Kriterien, andererseits aber auch danach, ob die Kosten aus der vertretbaren Sicht des Hilfebedürftigen zu übernehmen waren.

Insoweit hat eine Orientierung am “Ausstattungsstandard” im unteren Wohnungssegment zu erfolgen. Es ist mithin von einem lediglich einfachen “Ausstattungsgrad” auszugehen.

Hierzu gehört auch im unteren Wohnungssegment eine Ausstattung der Wohnung mit einem einfachen Wand- und Fußbodenoberbelag.

Wird eine Wohnung ohne derartige Ausstattungsmerkmale übergeben, ist die Einzugsrenovierung im Regelfall als zur Herstellung dieser Ausstattung objektiv erforderlich anzusehen.

Aufwendungen unter anderem für Teppichboden, Tapeten und Farbe im Rahmen einer erforderlichen Einzugsrenovierung sind nicht mit der Regelleistung nach § 20 Abs 1 SGB II abgegolten, so aber immer noch einige Jobcenter.

Jobcenter dürfen für die Kosten der Einzugsrenovierung auch kein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II vergeben, da die Kosten der Einzugsrenovierung keinen von der Regelleistung umfassten Bedarf darstellen, ist dieser in der Regel auch nicht durch ein Darlehen zu decken.

Entgegen der Auffassung des Sozialhilfeträgers bzw. Jobcenters ist auch keine schriftliche Zusicherung erforderlich
Denn eine vorherige Zusage der Kostenübernahme ist nur für Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkautionen und Umzugskosten notwendig ( BSG Rechtsprechung ).

Es kommt lediglich darauf an, ob sie angemessen sind.

Zusammenfassung

Auch wenn eine Einzugsrenovierung nicht mietvertraglich vereinbart wurde, sind Aufwendungen einer Einzugsrenovierung als KdU anzuerkennen, wenn dies erforderlich ist, um die Bewohnbarkeit der Wohnung herzustellen (Orientierung am “Ausstattungsstandard” im unteren Wohnungssegment), die Einzugsrenovierung ortsüblich ist, weil kein renovierter Wohnraum im unteren Wohnsegment in ausreichendem Umfang zur Verfügung steht, und soweit die Kosten angemessen sind, um die Herstellung des Standards einer Wohnung im unteren Wohnsegment zu gewährleisten.

Kosten für einen Fachbetrieb bei Krankheit und Behinderung
Können Renovierungsarbeiten nicht selbst durchgeführt werden (z.B. aus gesundheitlichen Gründen, wobei das Kreisgesundheitsamt in Zweifelsfällen einzuschalten ist; in der Sozialhilfe ist ab Vollendung des 70. Lebensjahres kein Amtsarzt zur Überprüfung der körperlichen Konstitution einzuschalten, wenn der Hilfebedürftige glaubhaft vorträgt, er könne wegen seines Alters die Renovierung nicht selbst durchführen) und wenn auf keine Verwandten/Bekannten zurückgegriffen werden kann, können Kosten eines Fachbetriebs für eine einfache Renovierung, die sich bei Arbeitnehmern unterer Einkommensschichten ergeben würde, anerkannt werden.

Nur das günstigste Angebot aus mindestens 3 Kostenvoranschlägen verschiedener Unternehmen ist zu berücksichtigen.

Praxistipp

Bezieher von Bürgergeld – Leistungen nach dem SGB II können die Kosten der Einzugsrenovierung beim Jobcenter geltend machen als Kosten der Unterkunft – § 22 Abs. 1 SGB 2.

Bezieher von Sozialhilfe können diese Kosten ebenfalls als Unterkunftskosten geltend machen beim Sozialhilfeträger – § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII.

Hinweis vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock

Kosten der – Endrenovierung der Wohnung können Leistungsempfänger nach dem SGB II/ SGB XII als – Schönheitsreparaturen – bei den Kosten der Unterkunft geltend machen, vorausgesetzt, diese sind angemessen.

Sozialhilfe: Kosten der Endrenovierung muss das Sozialamt zahlen

Das Sozialamt muss auch – Kosten der Auszugsrenovierung sowie vertragliche Schadensersatzansprüche – der Vermieterin übernehmen.

Denn unter Aufwendungen in diesem Sinne fallen alle (Geld-) Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte in der Bedarfszeit für die Nutzung einer bestimmten Unterkunft Dritten gegenüber kraft bürgerlichen oder öffentlichen Rechts aufzubringen hat.

Damit sind auch Ersatzansprüche als andere unterkunftsbezogene Aufwendungen erfasst, jedenfalls soweit diese bei – ordnungsgemäßer Wohnnutzung – entstanden sind.