Bürgergeld-Mehrbedarf nur mit teurem Nachweis auf eigene Kosten

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Bürgergeld-Bezieher müssen selbst zahlen, um Mehrbedarf bei den Stromkosten zu belegen? Wie kann das sein? Wir zeigen Ihnen eine Gerichtsentscheidung, die sich für Leistungsberechtigte mit dezentraler Warmwasserversorgung und ohne eigenen Stromzähler negativ auswirkt.

Stromkosten gehören zum Regelbedarf

Stromkosten sind beim Bürgergeld im Regelbedarf enthalten und deshalb für Betroffene oft ein enormes Problem. Denn der Regelsatz deckt die tatsächlichen Stromkosten häufig nicht. Das gilt besonders, Wasser dezentral über Boiler oder Durchlauferhitzer erwärmt wird.

Die Pauschale für Mehrbedarf

Die Jobcenter gewähren bei dezentraler Warmwasseraufbereitung eine monatliche Pauschale als Mehrbedarf für den Stromverbrauch. Die liegt bei alleinstehenden Leistungsbeziehern 2025 bei 12,95 Euro, und bei Ehepaaren bei 23,28 Euro – pro Monat.

Höhere Kosten werden nur per Nachweis erstattet

Liegen die realen Kosten über dieser Pauschale, dann können Leistungsberechtigte die höheren Aufwendungen nur dann beim Jobcenter einfordern, wenn sie diese nachweisen. Das geht über einen separaten Stromzähler.

Die Katze beißt sich in den Schwanz

Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Ist nämlich ein separater Stromzähler nicht vorhanden, dann müssen die Bürgergeld-Bezieher dessen Einbau aus eigener Tasche bezahlen. Die höhere Kosten werden also nur erstattet, wenn diejenigen, die diesen Anspruch haben, erst einmal zusätzliche Kosten auf sich nehmen.

Das sehen nicht nur Jobcenter so, sondern das entschieden auch Gerichte.

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Ein konkreter Fall

Dieses Dilemma beschäftigte Sozialgerichte. Ein Betroffener beantragte beim Jobcenter Hamburg die Kostenübernahme für den Einbau eines Drehstromzählers. Er hatte ein günstiges Angebot gefunden: 695,00 Euro statt einem vom Vermieter eingeholten Elektriker, der 2.500 Euro verlangte. Er begründete dies damit, dass die Warmwasserpauschale seinen tatsächlichen Bedarf nicht abdecke.

Das Jobcenter lehnt ab

Das Jobcenter wies den Antrag jedoch ab, und behauptete, es gebe kein Rechtsgrundlage für die Übernahme der Einbaukosten. Diese seien weder notwendig, um den Lebensunterhalt zu sichern, noch gebe es einen unabweisbaren Mehrbedarf.

Sozialgerichte stimmen dem Jobcenter zu

Nach eingelegtem und abgewiesenem Widerspruch ging es vor das Sozialgericht Lüneburg, und dieses stimmte dem Jobcenter zu. (S 50 AS 56/22 ER). Auch vor der nächsten Instanz, dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, blieb er erfolglos. (L 11 AS 415/22 B ER).

Wie begründet das Landessozialgericht die Entscheidung?

Erst einmal, so das Landessozialgericht, halte der Gesetzgeber die Warmwasserpauschalen grundsätzlich für ausreichend. Es gebe keinen Anspruch auf Zuschüsse dafür, eine gesonderte Messeinrichtung zu installieren.

Keine Regelung durch den Gesetzgeber

Der Gesetzgeber hätten keine Regelung über Stromzähler geschlossen. Das sei hingegen anzunehmen, wenn eine Kostenübernahme durch die Leistungsträger gewollt gewesen wäre. Außerdem könnten Bedarfe geschätzt werden, wenn eine separate Messeinrichtung fehle.

Kein unabweisbarer Bedarf

Auch nach dem Paragrafen 21, Absatz 6 im Sozialgesetzbuch ergebe sich in diesem Fall kein Anspruch, denn dort stünde: „Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.“

Kein Härtefall

Es gebe weiterhin keine atypische Bedarfslage, wegen der dem Betoffenen ein gesonderter Mehrbedarf gewährt werden könne, weil er als Härtefall gelte. Einsparmöglichkeiten hätte er zum Beispiel nicht ausgeschöpft.

Einen Anstieg der Energiepreise hätte es tatsächlich gegeben, darauf hätte jedoch der Gesetzgeber mit einer Einmalzahlung im Juli 2022 von 200,00 Euro reagiert.