Bürgergeld: Jobcenter müssen bei Kostensenkungsaufforderungen nur auf angemessene Bruttowarmmiete hinweisen

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Keine Differenzierung zwischen Kaltmiete – Grundmiete – Heizkosten

Die Jobcenter müssen bei Kostensenkungsaufforderungen nur auf die angemessene Bruttowarmmiete hinweisen. So entschieden vom BSG, Urt. v. 28.02.2024 – B 4 AS 18/22 R –

Begründung:

1. Jobcenter müssen bei Kostensenkungsaufforderungen lediglich auf eine nach Ansicht des Leistungsträgers als angemessen erachtete Bruttowarmmiete hinweisen, ohne zwischen Grundmiete, kalten Nebenkosten und Heizkosten zu differenzieren.

2. Der Streit darüber, ob die vom Leistungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zutreffend ist, ist grundsätzlich bei der Frage auszutragen, welche Aufwendungen i. S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessen sind ( BSG vom 22.3.2012 – B 4 AS 16/11 R -).

3. Eine Kostensenkungsaufforderung im Sinne des § 22 Absatz 1 Satz 3 SGB II als Grundlage für die Ablehnung der Übernahme der tatsächlichen Heizkosten als unangemessen genügt den Anforderungen des BSG, wenn vom Grundsicherungsträger lediglich auf die von ihm als angemessen erachtete Bruttowarmmiete hingewiesen wird, ohne dabei zwischen Grundmiete, kalten Nebenkosten und Heizkosten zu differenzieren.

Und die Aufforderung auch sonst keine weiteren Ausführungen dazu enthält, ob die Aufwendungen wegen den Kosten der Unterkunft und/oder den Heizkosten als unangemessen betrachtet werden.

Kosten der zentralen Warmwassererzeugung

4. Bedarfe für die Warmwassererzeugung sind seit der Herauslösung aus dem Regelbedarf mit Wirkung zum 1.1.2011 beim Warmwasserbezug über eine zentrale Hausheizungsanlage Teil des Bedarfs für Heizung nach § 22 Abs 1 SGB II.

Wird Warmwasser dagegen dezentral erzeugt, ist dies den Mehrbedarfen nach § 21 SGB II zugeordnet.

Schätzung der Warmwasserkosten

5. Auch für die Bedarfe für die Warmwassererzeugung hat eine am Einzelfall orientierte Angemessenheitsprüfung zu erfolgen. Schätzungen ins Blaue hinein sind unzulässig, eine Schätzung auf fundierter empirischer Grundlage ist aber nicht ausgeschlossen.

6. Für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze für Bedarfe der Warmwassererzeugung ist – abweichend von derjenigen für Raumwärme – ein durchschnittlicher Warmwasserverbrauch und hierauf bezogener Energieaufwand zugrunde zu legen.

Denn anders als der Energiebedarf für Raumwärmeerzeugung wird der Warmwasserverbrauch nicht maßgeblich durch den energetischen Standard einer Wohnung bestimmt.

Keine weitere Differenzierung anhand des Alters der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft

7. Denn einer weiteren Differenzierung anhand des Alters der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, wie sie sich für die Mehrbedarfsermittlung nach § 21 Abs 7 SGB II ergibt, bedarf es angesichts fehlender Daten nicht.

Rückgriff auf die Pauschalen des § 21 Abs 7 SGB II scheidet aus

Denn es handelt sich um eine gesetzliche Sonderregelung für die besonderen Kosten dezentraler Warmwassererzeugung, die anders als die Kosten bei Warmwasserversorgung durch eine zentrale Hausheizungsanlage gerade nicht Teil des Bedarfs für Heizung nach § 22 Abs 1 SGB II sind.

Zudem unterscheiden sich beide Erzeugungsarten technisch so grundlegend, dass die jeweiligen Kosten nicht vergleichbar sind.

Unter verschiedenen denkbaren Ansätzen am plausibelsten erscheint dem Senat die Anknüpfung an die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Werte zum Energieverbrauch privater Haushalte, die mit dem Preis des eingesetzten Energieträgers zu vervielfältigen und um einen Zuschlag für die verbrauchsunabhängigen Kosten zu ergänzen sind.

Anmerkung Sozialrechtexperte Detlef Brock

Das BSG hat noch auf folgendes hingewiesen:

Die Notwendigkeit eines Kostensenkungsverfahrens erfasst nicht nur die Kosten der Unterkunft und die Heizkosten (hierzu BSG vom 19.5.2021 – B 14 AS 57/19 R – ), sondern auch die Kosten der Warmwassererzeugung, die im vorliegenden Fall Teil des Bedarfs für Heizung iS des § 22 Abs 1 SGB II sind.