Bürgergeld-Hammer: Jobcenter müssen Mahnkosten und Rückläufergebühren übernehmen

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Jobcenter müssen Mahnkosten und Rückläufergebühren übernehmen
Folge-Kosten, die auf einer zu Unrecht nicht erfolgten Leistungsgewährung von Kosten der Unterkunft beruhen, können ihrerseits Kosten der Unterkunft darstellen, welche das Jobcenter übernehmen muss.

Folgekosten bei zu Unrecht versagten Mietkosten des Jobcenters sind Unterkunftskosten

Falls dem Leistungsberechtigten zu Unrecht Leistungen versagt werden, dadurch Mietschulden und dann in der Folge weitere Kosten entstehen, gehören diese auch zu den Unterkunftsbedarfen.

Das gibt mit heutigem Tage der 3. Senat des Landessozialgerichts Baden – Württemberg mit Urteil bekannt Az. L 3 AS 3680/21.

Mahnkosten, Rückläufergebühren oder Kosten im Zusammenhang mit einer Räumungsklage sind übernahmefähig nach § 22 Abs. 1 SGB II, wenn das Jobcenter zu Unrecht keine Unterkunftskosten gewährte

Alle Kosten, die ein Hilfebedürftiger für seine Wohnung tragen muss, sind übernahmefähige Unterkunftskosten.

Der Begriff der Aufwendungen umfasst nicht lediglich die Miete, die für eine Wohnung gezahlt wird.

Denn eine systematische Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II alle Kosten erfasst, die ein Hilfebedürftiger tragen muss, um sich im Besitz bereits überlassenen Wohnraums zu halten.

Nach BSG Rechtsprechung gilt

Es ist nicht zwingend, dass Leistungen für Unterkunft nur dann zu erbringen sind, wenn sie durch mietvertraglich vereinbarte Aufwendungen begründet werden.

Denn es sind vielmehr auch einmalige Beihilfen zu gewähren, soweit diese Aufwendungen konkret und abstrakt dem Grunde und der Höhe nach angemessen sind und nicht durch andere Leistungen oder andere Mittel gedeckt werden können.

Kosten einer Räumungsklage zum Beispiel können Kosten der Unterkunft sein

Insoweit ist bereits entschieden worden, dass wenn beispielsweise die Kosten einer Räumungsklage darauf zurückzuführen sind, dass das Jobcenter zunächst nicht die angemessenen Mietkosten übernommen hat und es aufgrund der hierdurch entstandenen Mietschulden zur Kündigung kam, es sich bei den durch die Räumungsklage verursachten Kosten um Kosten der Unterkunft handeln kann.

Welche dazu dienen, die derzeit bewohnte angemessene Wohnung beizubehalten (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 676/13; sowie ferner LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2017 – L 9 AS 1742/14 – unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 58/09 R -).

Folgekosten sind grundsätzlich Unterkunftskosten

Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei (Folge-)Kosten, die entstehen, weil dem Leistungsberechtigten zu Unrecht Leistungen der Kosten der Unterkunft versagt wurden, grundsätzlich um Unterkunftsbedarfe.

Anmerkung vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock

Wahnsinns – Entscheidung des sowieso für seine guten Entscheidungen bekannten 3. Senat des LSG Baden-Württemberg.

Hierbei handelt es sich um eine wegweisende Entscheidung, welcher – grundsätzlich – zu zustimmen ist.

Folge- Kosten, welche dadurch entstehen, dass das Jobcenter zu Unrecht keine Kosten für die Unterkunft und Heizung gewährte, können – grundsätzlich – Folgekosten sein, welche das Jobcenter als Kosten der Unterkunft übernehmen muss.

Denkbar sind Mahnkosten, Rückläufergebühren, Gerichtskosten, Inkasso – Kosten im Zusammenhang mit dem Energieversorger und Kosten im Zusammenhang mit einer Räumungsklage (Liste nicht abschließend ).

Grundsätzlich sind alle Kosten, die für eine zu Wohnzwecken tatsächlich genutzte Unterkunft anfallen, vom Jobcenter nach § 22 Abs. 1 SGB II zu erstatten.

Kosten, die für eine zu Wohnzwecken tatsächlich genutzte Unterkunft anfallen, sind Aufwendungen iSd § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, weil hierzu im Grundsatz alle tatsächlichen Aufwendungen gehören ( so auch schon ausdrücklich das LSG Niedersachsen – Bremen, Urt. v. 26.11.2019 – L 11 AS 814/18 – Avalprovision ist als Teil der Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen ).