Bürgergeld: Gilt die Bedarfsgemeinschaft auch bei einer Fernbeziehung?

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Bei Paaren, bei denen mindestens ein Partner Bürgergeld bezieht, stellt sich die Frage nach einer Bedarfsgemeinschaft. Laut Sozialgesetzbuch II liegt eine Bedarfsgemeinschaft vor, wenn beide Partner zusammen wohnen. Doch was ist, wenn trotz Ehe oder Lebenspartnerschaft zwei Wohnungen und damit zwei Haushalte bestehen?

Was ist eine Bedarfsgemeinschaft im Bürgergeld?

Eine Bedarfsgemeinschaft liegt vor, wenn zwei oder mehr Personen zusammen wohnen. Eine einfache Wohngemeinschaft reicht nicht aus.

Eine Bedarfsgemeinschaft zeichnet sich durch eine besondere emotionale Nähe zwischen den Beteiligten aus, weshalb häufig auch von einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft gesprochen wird. Auch die Möglichkeit, über das Vermögen des anderen zu verfügen, kann eine entsprechende Bedarfsgemeinschaft im SGB II begründen.

Bei verheirateten Paaren sind diese Merkmale eindeutig zu vermuten. Schließlich soll die Ehe ein ganz besonderes Näheverhältnis zwischen den Eheleuten zum Ausdruck bringen. Aus diesem Grund geht auch das Gesetz davon aus, dass eine Bedarfsgemeinschaft besteht, wenn geheiratet wird. In § 7 Abs. 3 des Zweiten Sozialgesetzbuches heißt es:

“Zur Bedarfsgemeinschaft gehört (…) der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte”.

Aber was bedeutet eigentlich ein “nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte”? Die Rechtsprechung hat diese Frage teilweise unterschiedlich beantwortet.

BSG: Bedarfsgemeinschaft auch bei räumlicher Trennung möglich

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in einem Urteil (Az: B 4 AS 49/09 R) festgestellt, dass eine Bedarfsgemeinschaft von zwei Eheleuten auch dann vorliegt, wenn sie nie zusammengezogen sind und sogar vor der Eheschließung einen Ehevertrag geschlossen haben, der die Vermögen der beiden klar voneinander trennt.

Die Richter stellten fest, dass trotz der räumlichen Trennung kein genereller Trennungswille bei dem Paar erkennbar war. Obwohl ein gemeinsamer Haushalt in einer Ehe die Regel ist, erkennt das Gesetz auch andere Lebens- und Ehemodelle an, die ohne ein ‘gemeinsames Nest’ auskommen.

Entscheidend ist vielmehr, ob die Ehepartner weiterhin an der Ehe festhalten wollen und dies auch nach außen erkennbar ist.

Eine räumliche Trennung schließt daher eine Bedarfsgemeinschaft nicht automatisch aus. Nur weil man einen gemeinsamen Haushalt führt, bildet man nicht automatisch eine Bedarfsgemeinschaft. Umgekehrt gilt jedoch auch, dass eine Bedarfsgemeinschaft vorliegen kann, obwohl die Partner keinen gemeinsamen Haushalt führen. Es muss weiterhin eine besondere Nähe zwischen den Partnern bestehen.

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Vermutung einer Bedarfsgemeinschaft kann widerlegt werden

Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die räumliche Trennung tatsächlich zum Ende einer Bedarfsgemeinschaft führt. So entschied beispielsweise das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (Az: L 7 AS 436/20 B ER), dass keine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, wenn eine Ehe nur aufgrund einer Schwangerschaft geschlossen wurde, die Ehepartner aber nie unter einem Dach zusammengelebt haben.

Die Klägerin lebt mit ihren drei Kindern getrennt vom Vater ihres jüngsten Kindes, obwohl sie noch mit ihm verheiratet ist. Abgesehen von regelmäßigen Unterhaltszahlungen haben die Eltern nicht viel miteinander zu tun. Das Gericht stellte fest, dass es keine Anzeichen dafür gab, dass die Ehe außerhalb der Papiere existiert – im Gegenteil.

Offensichtlich hatten beide aus rein pragmatischen Gründen geheiratet. Zum Zeitpunkt des Verfahrens erwägt die Mutter sogar eine Scheidung. In einem solchen Fall kann man nicht von einer Bedarfsgemeinschaft sprechen.

Bedarfsgemeinschaft ist immer eine Einzelfallentscheidung

Das Zusammenleben kann immer nur ein Indiz für das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft sein. Viel wichtiger sind die tatsächlichen Lebens- und Näheverhältnisse der betroffenen Bürgergeld-Beziehenden.

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