Bürgergeld: Jobcenter muss in diesem Fall beim Autokauf unterstützen – Urteil

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Unterstützt das Jobcenter Leistungsberechtigte dabei, ein Auto zu finanzieren? Generell tut es das nicht. Doch in bestimmten Fällen ist die Behörde sogar dazu verpflichtet, ein Darlehen zu gewähren, mit dem Betroffene ein Auto kaufen können. Wann das gilt, klärte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (L 11 AS 676/15 B ER).

Eine Pflegehelferin muss mit dem Auto zur Arbeit

In diesem Fall war eine Pflegehelferin vor Gericht gezogen. Die Frau war nicht erwerbslos, sondern eine sogenannte Aufstockerin. Sie verdiente also durch ihre Erwerbsbeschäftigung zu wenig, um sich damit den Lebensunterhalt zu decken. Deshalb musste sie die Differenz zum Existenzminimum mit dem Bezug von Sozialleistungen füllen.

Ein neues Auto muss her

Als mobile Pflegehelferin fuhr sie mit dem Pkw zu den jeweiligen Kunden (ein Umstieg auf Bus und Bahn wäre zeitlich nicht möglich gewesen). Dann hatte ihr Auto einen irreparablen Schaden, genauer gesagt, die Reparatur des Pkws wäre weit teurer gewesen als der Restwert des Fahrzeugs und zudem hätte es gedauert, Ersatzteile zu beschaffen.

Telefonische Bitte um ein Darlehen

Diese Zeit hatte sie jedoch nicht, denn sie musste mit dem Auto fahren, um ihren Job zu tun, ansonsten hätte sie diesen verloren. Sie begehrte daraufhin per E-Mail ein Darlehen des zuständigen Jobcenters, um ein anderes Fahrzeug zu erwerben. Noch am selben Tag kaufte sie sich einen Pkw und ließ den auf den Namen ihres schwerbehinderten Sohns zu. Eine Reparatur hätte rund 1.000 Euro gekostet und sich verzögert, weil Ersatzteile fehlten.

Jobcenter hält den Kauf für unwirtschaftlich

Das Jobcenter lehnte den Antrag kurz darauf ab. Als Argument nannte es die aus seiner Sicht zu hohen Kaufkosten. Auch berief es sich auf Wirtschaftlichkeitsaspekte und bezweifelte, dass das Fahrzeug einen angemessenen Marktpreis hat. Weiterhin störte sich die Behörde an der Tatsache, dass die Mutter das Auto bereits gekauft und auf den Namen ihres Sohns angemeldet hatte. Damit seien die Ausgaben schon erfolgt, bevor das Jobcenter eine endgültige Entscheidung treffen konnte.

Nach Ansicht des Jobcenters war kein Ermessensspielraum für eine nachträgliche Übernahme vorhanden. Die Mutter widersprach und zog schließlich vor das Sozialgericht (SG) Hannover. Doch erst in der zweiten Instanz fand sie Gehör.

Mobilität ist zwingend erforderlich

Das LSG argumentierte, die Mutter habe glaubhaft gemacht, dass sie ohne eigenes Fahrzeug nicht rechtzeitig zur Arbeit komme. Sie arbeitet in wechselnden Schichten und an verschiedenen Einsatzorten. Die Behörde müsse daher im Rahmen einer sogenannten freien Förderung nach § 16f SGB II prüfen, ob die Finanzierung sinnvoll ist, um die Hilfebedürftigkeit zu verringern.

Dabei sei nicht allein der Kaufzeitpunkt maßgeblich. Entscheidend sei, ob sich das Vorhaben – hier die Anschaffung eines gebrauchten Pkw – als notwendig und wirtschaftlich vertretbar darstelle.

Weiterhin stellte das Gericht klar, dass eine Reparatur des Altwagens aus mehreren Gründen nicht infrage gekommen sei. Zum einen überstiegen die Reparaturkosten bereits 1.000 Euro, zum anderen hätte die Beschaffung der Teile zu lange gedauert. Die Antragstellerin hätte in dieser Zeit ihren Job verloren.

Die vom Jobcenter erwähnte starre Kostenobergrenze von 2.000 Euro ist gesetzlich nicht ausdrücklich festgelegt. Ob das Fahrzeug tatsächlich überteuert war, müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Für das Eilverfahren reicht es, dass das Jobcenter sein Ermessen in nicht nachvollziehbarer Weise ausgeübt hat.

Was müssen Betroffene beachten?

Wenn Sie selbst gegenüber dem Jobcenter in eine ähnliche Situation geraten, dann sollten Sie folgende Punkte berücksichtigen: Erstens müssen Sie nachweisen, dass Sie wirklich auf das Auto angewiesen sind, um Ihren Arbeitsplatz zu sichern. Das Jobcenter wird Ihnen vermutlich kein Darlehen gewähren, wenn Sie den Arbeitsplatz auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen können.

Das gilt besonders dann, wenn ihr Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer zu erreichen ist, oder wenn Sie täglich verschiedene Orte müssen und die jeweiligen Termine mit Bus und Bahn nicht einhalten können.

Auch wenn das Landessozialgericht in diesem Fall für die Leistungsbezieherin entschieden hat, obwohl diese das Auto bereits gekauft hatte, denken Sie daran: Das Jobcenter gewährt ein Darlehen nur dann, wenn es die Notwendigkeit geprüft hat und den Kaufpreis für angemessen hält. Bei einem Auto beträgt ein Darlehen bis zu 2000,00 Euro.

Darlehen, kein Zuschuss

Es handelt sich ausdrücklich nicht um einen Zuschuss. Das Jobcenter trägt also nicht die Kosten des Pkws, sondern leiht Ihnen Geld, das Sie zurückzahlen müssen. In diesem Fall betrugen die monatlichen Raten auf Vorschlag der Pflegehelferin 200,00 Euro.

Normal sind Ratenzahlungen in Höhe von fünf Prozent des Regelsatzes pro Monat. Dieses Geld überweisen Sie dem Jobcenter nicht, sondern die Behörde behält es vom monatlich ausgezahlten Regelsatz ein.