Bürgergeld: Darlehen für Mietschulden gilt auch ohne Räumungsklage

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Das Bundessozialgericht hat im Kontext eines Falles von Mietschulden ein weitreichendes Urteil gefällt.

Das Gericht entschied: Auch die Androhung einer Kündigung durch den Vermieter berechtigt zu einem Darlehen wegen Mietschulden. Außerdem ist dieses Mietschuldendarlehen nicht gesondert zu beantragen.(B 7/14 AS 52/21 R). Auch ein privat aufgenommenes Darlehen, um die Kündigung zu verhindern, ändert daran nichts.

Damit hob das Bundessozialgericht ein voriges Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen Bremen auf und wies die Sache dorthin zu einer neuen Entscheidung zurück.

Zum Tatbestand

Die alleinstehende und alleinlebende Leistungsbezieherin zog wegen der Gewährung eines Darlehens vom Jobcenter wegen ihrer Mietschulden vor Gericht. In dem behandelten Zeitraum erhielt sie bis Januar 2015 ALG II (damals Hartz IV) sowie von März 2014 bis zum 10.8.2015 Krankengeld.

Die Miete überwies das Jobcenter direkt an den Vermieter. Ab Februar 2015 beantragte die Betroffene zunächst keine Leistungen. Nach einem Antrag im Juni 2015 erhielt sie von Juni bis Dezember des Jahres Arbeitslosengeld II. Die Behörde zahlte wie zuvor die Miete von 355,00 Euro direkt an den Vermieter.

Angedrohte Kündigung wegen Mietschulden

Aus der Zeit, in der sie keine Leistungen erhalten hatte, waren für mehrere Monate Mietschulden aufgelaufen. Am 19.8.2015 drohte der Vermieter ihr deshalb mit der Kündigung der Wohnung. Der Anwalt der Betroffenen wies das zuständige Jobcenter mehrfach auf diese Tatsache hin und warnte vor einer drohenden Obdachlosigkeit der Mieterin.

Jobcenter fordert Nachweise

Das Jobcenter forderte Anfang September Nachweise über die entstandenen Mietschulden und eine gegebenenfalls erhobene Räumungsklage sowie die Bestätigung, dass diese bei Zahlung der Mietschulden ausgesetzt würde.

Am 19.8.2015 beantragte die Betroffene rückwirkend Arbeitslosengeld II für die Monate zwischen Februar und Mai 2015. Dieses lehnte das Jobcenter ab. Es teilte zugleich mit, dass allerdings für diese Zeit Darlehen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung gewährt werden könnten, falls die Gefahr der Obdachlosigkeit drohe.

Darlehensantrag an Jobcenter gestellt

Dafür beantragte die Frau dann am 23.9.2015 ein Darlehen beim Jobcenter. Am 6.10.2015 bat die Behörde, mitzuteilen, wie hoch die Mietschulden seine und um Vorlage von Nachweisen eines unabweisbaren Bedarfs, sprich drohender Obdachlosigkeit, Räumungsklage und Bestätigung, dass diese bei Ausgleich der Schulden nicht mehr gelte.

Am 9.10.2015 legte die Mieterin die fristlose Kündigung des Vermieters vor, die wegen Mietrückständen von 2295 Euro in der Zeit von Januar bis Oktober 2015 ausgesprochen worden war.

Privates Darlehen zur Vermeidung der Räumung

Im Januar 2016 teilte dann eine Mitarbeiterin des Anwalts der Betroffenen der Behörde mit, die noch vorhandenen Mietschulden seien beglichen und belegte, dass die Kündigung am 16.10.2015 zurückgenommen worden sei. Trotzdem, so die Mitarbeiterin, bleibe es beim Darlehensantrag, denn die Mieterin schulde ihr jetzt diese Summe.

Jobcenter lehnt Darlehen ab

Die Behörde lehnte den Darlehensantrag ab und begründete dies damit, dass es keinen Bedarf mehr zu decken gebe, weil die Kündigung zurückgenommen worden sei. Schulden bei Dritten seien in diesem Fall unerheblich.

Sozialgericht sieht keine Voraussetzungen für ein Darlehen

Vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht begründete die Behörde, dass die Voraussetzungen für ein Mietschuldendarlehen bei Antragstellung vorliegen müssten.

Das Privatdarlehen bei der Mitarbeiterin des Anwalts und die Rücknahme der Kündigung hätten dafür gesorgt, dass keine Voraussetzungen für ein Darlehen des Jobcenters mehr vorlagen. Das Sozialgericht wies deshalb die Klage der Mieterin ab.

Landessozialgericht sieht keine Untätigkeit des Jobcenters

Das Landessozialgericht wies die Berufung zurück, mit der Begründung, das Privatdarlehen sei nicht auf Untätigkeit des Jobcenters zurückzuführen. Denn dieses hätte die Mieterin zur Mitwirkung aufgefordert.

Bundessozialgericht gibt der Mieterin Recht

Vor dem Bundessozialgericht hatte die Leistungsbezieherin in der Revision schließlich Erfolg. Zwar konnte es nicht entscheiden, ob die Mieterin eine Zahlung vom Jobcenter bekommt oder ob das Jobcenter wegen des Darlehens eine Ermessensentscheidung treffen müsste.

Es verwies den Fall aber zurück an das Landessozialgericht, um diese konkreten Punkte noch einmal zu beurteilen. Die Voraussetzungen für ein Darlehen hätten objektiv vorgelegen, und die Übernahme der für Februar bis Mai 2015 offenen Zahlungen sei zu prüfen.

Das Landessozialgericht müsse jetzt ermitteln, ob zu der Zeit der Aufnahme des Darlehens bei Dritten die Gründe für ein gewährtes Mietschuldendarlehen durch das Jobcenter objektiv vorgelegen hätten.

Mietschulden müssen nicht gesondert beantragt werden

Da es sich bei diesem Zahlungsverzug um Mietschulden handele, sei dafür kein gesonderter Antrag notwendig. Es genüge die Anzeige des Bedarfs, damit das Jobcenter die Übernahme der Kosten prüfe.

Schuldenübernahme bei drohender Wohnungslosigkeit

Laut dem Bundessozialgericht könnten auch Schulden vom Jobcenter übernommen werden, die Leistungsbezieher bei Dritten genommen hätten, um eine drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden.

Damit der unabwendbare Bedarf gegeben sei, müsse laut Bundessozialgericht, weder eine Räumungsklage vorliegen noch die Wohnung gekündigt sein.

Entscheidung BSG: Jobcenter hätte Darlehen gewähren können

Laut dem Bundessozialgericht hätte die Behörde im September 2015 ein Darlehen gewähren können. Die Voraussetzungen seien gegeben gewesen, und die Bedarfsanzeige hätte die Mieterin von sich aus konkretisiert.

Entgegen der Ansicht des Jobcenters hätte es keinerlei weiterer Unterlagen bedurft, um den Anspruch auf Übernahme der Mietschulden zu belegen. Eine erhobene Räumungsklage sei keine Voraussetzung für ein Darlehen.