Arbeitslosengeld-Bezieher müssen Fahrtkosten von der Unterkunft zur Weiterbildungsstätte nicht nachweisen

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Eine arbeitslose Rechtsanwältin hat Anspruch auf höhere Fahrtkosten 543 € zur Weiterbildungsstätte. Bei der Bedarfsbestimmung zugrundezulegender Fahrkosten wird eine Pauschalierung getroffen.

Arbeitslose müssen Fahrtkosten von der Unterkunft zur Weiterbildungsstätte nicht – nachweisen, denn die Kosten werden nicht (gegen Nachweis) übernommen, sondern sie werden der Erstattung zugrunde gelegt für Bahnfahrkarten zweiter Klasse.

Keine Erstattung der Fahrtkosten bei Verletzung der Mitteilungspflicht

Ein Wechsel des Verkehrmittels muss von der Arbeitslosen – unverzüglich – der Behörde bekannt gegeben werden, denn § 60 SGB I führt bei schuldhafter Versäumnis der Mitteilungspflicht zu einem – Gegenrecht – der Behörde ( (LSG Hamburg Az.L 2 AL 15/23 D – mit Verweis auf BT-Drs. 17/6277, S. 98).

Kurzbegründung des Gerichts

Der Anspruch der Arbeitslosen auf Übernahme weiterer Fahrkosten durch die Agentur für Arbeit beruht auf § 83 Abs. 1 Nr. 2 SGB III i.V.m. §§ 85, 63 Abs. 1, Abs. 3 SGB III. Danach werden als Bedarf für Fahrkosten folgende Kosten der oder des Weiterzubildenden zugrunde gelegt:

1. Kosten für Fahrten zwischen Unterkunft, Ausbildungsstätte und Berufsschule (Pendelfahrten),

2. Bei einer erforderlichen auswärtigen Unterbringung Kosten für die An- und Abreise und für eine monatliche Familienheimfahrt oder anstelle der Familienheimfahrt für eine monatliche Fahrt einer oder eines Angehörigen zum Aufenthaltsort der oder des Auszubildenden.

Die Fahrkosten werden in Höhe des Betrags zugrunde gelegt, der bei Benutzung des zweckmäßigsten regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels in der niedrigsten Klasse zu zahlen ist. Bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel wird für Fahrkosten die Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Absatz 1 des Bundesreisekostengesetzes zugrunde gelegt.

Der Klägerin stehen weitere 543,60 € an Fahrkosten zwischen Unterkunft und Weiterbildungsstätte zu

Denn Entgegen der Auffassung der Agentur für Arbeit sind nach der obigen Regelung Fahrkosten nicht nachzuweisen, denn die Kosten werden nicht (gegen Nachweis) “übernommen”, sondern sie werden der Erstattung zugrunde gelegt für Bahnfahrkarten zweiter Klasse (BT-Drs. 17/6277, S. 98).

Damit wird – entgegen der Ansicht des Sozialgerichts – eine Pauschalierung der bei der Bedarfsbestimmung zugrundezulegenden Fahrkosten getroffen.

Dabei ist allerdings zu beachten, dass Züge zu verkehrsschwächeren Zeiten Verbilligungen ermöglichen, so dass für den ersten Ausbildungsabschnitt die Berücksichtigung der tatsächlich entstandenen Kosten nicht zu beanstanden ist, so die begründung der Richter des 4. Senats des LSG Hamburg.

Nicht zu erstatten sind die Kosten für die Benutzung des PKW nach § 63 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz SGB III i.V.m. § 5 des Bundesreisekostengesetzes wegen Missachtung der Mitteilungspflicht aus § 60 Abs. 1 SGB I

Die Klägerin hatte im Antrag angegeben, mit der Bahn fahren zu wollen. Zwar gibt es keine Verpflichtung der Klägerin, dies dann auch tatsächlich zu tun; jedoch trifft sie hinsichtlich eines Wechsels des Verkehrsmittels eine Mitteilungspflicht aus § 60 Abs. 1 SGB I.

Wechsel des Verkehrsmittels muss von der Arbeitslosen – unverzüglich – der Behörde bekannt gegeben werden

Nach dieser Vorschrift, auf die die Klägerin in allen Bewilligungsbescheiden auch hingewiesen worden ist, hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen.

Dies hat die Klägerin hier versäumt und den Umstand, dass sie mit dem PKW gefahren ist, erst weit nach Abschluss der Maßnahme – und damit nicht mehr unverzüglich – der Behörde zur Kenntnis gebracht.

Denn § 60 SGB I führt bei schuldhafter Versäumnis der Mitteilungspflicht zu einem – Gegenrecht – der Behörde, einen möglicherweise dem Grunde nach berechtigten Wertersatz nicht mehr leisten zu müssen (BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 75/12 R . So ist es auch.

Die Klägerin hätte ohne Weiteres erkennen können, dass sie eine Mitwirkungspflicht traf, so dass eine Berücksichtigung der höheren Kosten durch die – seitens des Senats zugunsten der Klägerin unterstellten – Benutzung des PKW nicht zu erfolgen hatte.

Anmerkung vom Sozialrechtsexperten von Tacheles e. V.

1. Arbeitslosengeld 1 Bezieher müssen Fahrtkosten ( § 83 Abs. 1 Nr. 2 SGB III i.V.m. §§ 85, 63 Abs. 1, Abs. 3 SGB III ) von der Unterkunft zur Weiterbildungsstätte nicht – nachweisen, denn die Kosten werden nicht (gegen Nachweis) “übernommen”, sondern sie werden der Erstattung zugrunde gelegt für Bahnfahrkarten zweiter Klasse (BT-Drs. 17/6277, S. 98).

2. Ein Wechsel des Verkehrmittels muss von der Arbeitslosen  unverzüglich der Behörde bekannt gegeben werden, denn § 60 SGB I führt bei schuldhafter Versäumnis der Mitteilungspflicht zu einem – Gegenrecht – der Behörde, einen möglicherweise dem Grunde nach berechtigten Wertersatz nicht mehr leisten zu müssen (BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 75/12 R – ).