Das Landessozialgericht Hamburg Az. L 2 AL 22/21) hatte sich mit der Frage beschäftigt, ob durch einen Mitarbeiter einer Rundfunk- und Fernsehanstalt, der bei einem Arbeitgeber in mehreren befristeten voneinander getrennten Arbeits- bzw Beschäftigungsverhältnissen hinsichtlich der Erlangung der Einzelaufträge zur Hälfte eigeninitiativ, zeitlich in unregelmäßigen Abständen sowie ohne Direktionsrecht seitens des Arbeitgebers tätig war, ein Dauerarbeitsverhältnis begründet werden kann.
Die Mitarbeiterin einer Rundfunk- und Fernsehanstalt (NDR) stand nicht in einem Dauerarbeitsverhältn und hat auch sonst die erforderlichen 360 Tage Versicherungspflicht durch ihre Einsätze beim NDR nicht erfüllt, so das Gericht.
Denn die durchgehende Zahlung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und der Vortrag, dass der Arbeitgeber selbst von einem durchgehenden Arbeitsverhältnis ausgeht und ihn als ständigen Mitarbeiter führt, reicht für die Annahme eines Dauerarbeitsverhältnisses und zum Beweis weitergehender Beschäftigungstage nicht aus.
Des weiteren argumentierte das Gericht, dass es sich bei vor- und nachbereitenden Tätigkeiten, für die vom Arbeitgeber kein Arbeitsentgelt als Gegenleistung gezahlt wurden, – nicht um versicherungspflichtige Beschäftigungstage iS des § 25 Abs 1 S 1 SGB 3 handelt.
Urteilsspruch
1. Kein Arbeitslosengeld 1 für eine Reporterin beim NDR, wenn sie die 12 monatige Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Zur Abgrenzung zwischen dem Dauerarbeitsverhältnis und mehreren befristeten Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnissen ist darauf abzustellen, ob eine ausdrückliche Vereinbarung über das Bestehen eines unbefristeten Rechtsverhältnisses vorliegt oder ob es eine sonstige – auch stillschweigende – Abrede gibt, aus der folgt, dass die Rechtsbeziehung auf Dauer angelegt sein soll (vgl. BSG, Urteil vom 03. Dezember 1998 – B 7 AL 108/97 R -). Beides ist vorliegend nicht der Fall.
Anmerkung vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock
1. Das LSG Hamburg hat mit Urteil vom 14.06.2023 – L 2 AL 22/21 – die Revision zugelassen Az. B 11 AL 8/23 R
Das Bundessozialgericht in Kassel hat nun am 16.07.2025 wie folgt entschieden – B 11 AL 8/23 R –
Die Reporterin des NDR hatte keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld 1, denn Sie erfüllt die Anwartschaftszeit nicht.
Es gilt nach § 142 Absatz 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.
Das Bundessozialgericht beruft sich in diesem Fall auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu vergleichbaren Tätigkeiten wie die der Klägerin,wonach gilt:
In Zeiträumen, in denen keine Aufträge angenommen werden und durchzuführen sind, ist schon keine – die Versicherungspflicht begründende – “entgeltliche” Beschäftigung im Sinne des § 7 Absatz 1 SGB IV gegeben. So liegt der Fall hier. Die Klägerin nicht verpflichtet, dem NDR über die Dauer eines übernommenen Einzelauftrags hinaus zur Verfügung zu stehen und der NDR nicht gehalten, sie zu beschäftigen.
Es sind auch nicht auf Grundlage von § 7 Absatz 3 Satz 1 SGB IV weitere Versicherungszeiten zu berücksichtigen. Ebenso wenig führt die Entrichtung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung zur Annahme von Versicherungszeiten. Insoweit kommt es nicht auf die Beitragszahlung, sondern allein darauf an, ob in rechtlicher Hinsicht Versicherungspflicht bestand.
Fazit
Auch die Voraussetzungen der kleinen Anwartschaftszeit von sechs Monaten waren nicht erfüllt
Die Klägerin hat auch die Voraussetzungen der sogenannten kleinen Anwartschaftszeit von sechs Monaten im Sinne des § 142 Absatz 2 SGB III nicht erfüllt. Das von ihr in den letzten zwölf Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt überstieg die zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgebliche Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 SGB IV.
Expertentipp von Detlef Brock
1. Wer nur einen geringen Anspruch auf ALG 1 hat oder sogar keinen Anspruch, wie in diesem Einzelfall, kann beim Jobcenter – Bürgergeld – beantragen.
2. Auch ein am Monatsletzten in den späten Abendstunden wirksam gestellter Antrag auf ALG II per Mail außerhalb der Dienstzeit des Jobcenters wirkt nach § 37 Abs. 2. S, 2 SGB II auf den Monatsersten zurück.
3. Besteht nur ein geringer Anspruch auf ALG 1, sollte man beachten, dass beim Bürgergeld das ALG 1 als Einkommen, bereinigt um die 30 Euro Versicherungspauschale berücksichtigt wird, auch wenn das ALG 1 erst am Monatsende auf dem Konto ist, denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt: Letzendlich gilt auch bei der Einkommensanrechnung das Monatsprinzip, selbst wenn ein Zufluss erst am Monatsende erfolgt ( (vgl zur Anrechnung von Einkommen: BSG, Urteil vom 07.12.2017 – B 14 AS 8/17 R; Urteil vom 30.03.2017 – B 14 AS 18/16 R -).