Die Bundesagentur der Arbeit hat ausgewertet, wieviele Widersprüche und Klagen gegen die Jobcenter durch Leistungsberechtigte eingingen. Die Zahl stieg seit 2024 an und bewegt sich auf einem hohen Niveau.
Inhaltsverzeichnis
Widerspruch und Klage
Wenn Sie einen Bescheid des Jobcenters für falsch halten, dann können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Das Jobcenter ist in der Pflicht diesen Widerspruch zu prüfen, teilweise oder ganz zu akzeptieren oder ihn begründet zurückzuweisen.
Nach einem zurückgewiesenem Widerspruch haben Sie erneut einen Monat Zeit, um Klage vor dem Sozialgericht zu erheben. Im Unterschied zum Widerspruch, der intern geprüft wird, sitzen beim Sozialgericht unabhängige Richter, die über Ihr Anliegen entscheiden.
Mehrere hunderttausend Widersprüche
2024 waren es 423.357 Widersprüche und 48.785 Klagen vor dem Sozialgericht – alle gegen Entscheidungen der Jobcenter. Dies waren zwar rund 2.000 weniger Widersprüche und circa 850 weniger Klagen als im Vorjahr, doch die Zahl ist immer noch sehr hoch.
Es geht um die Existenz
Außenstehenden ist dabei oft nicht klar, dass es sich hier nicht um „Klagefreudigkeit“ von Leistungsberechtigten handelt, sondern es geht immer wieder um bittere Not und um die wichtigsten Lebensgrundlagen.
Wer auf Bürgergeld angewiesen, der ist hilfebedürftig und kann seinen Lebensunterhalt nicht selbst stemmen.
Untätigkeitsklagen, weil Jobcenter zu lange brauchen, um Anträge zu bearbeiten, oder Klagen wegen unzureichender Auszahlung von Leistungen stammen oft von Menschen, die durch Fehler des Jobcenters unter das Existenzminimum gedrängt werden.
Wogegen richten sich die Klagen und Widersprüche?
Fast jeder fünfte Widerspruch erfolgt gegen Änderungsbescheide, nämlich 18 Prozent. Auch im Vorjahr lagen diese deutlich vorne. Dahinter kommen Widersprüche wegen der Anrechnung von Einkommen und Vermögen mit 14 Prozent sowie Kosten der Unterkunft mit 13 Prozent.
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Bescheid prüfenDas Thema Sanktionen, das die Berichterstattung und die politische Debatte über das Bürgergeld viele Monate beherrschte, spielte hingegen kaum eine Rolle. Nur 1,6 Prozent aller Widersprüche hatten mit Leistungsminderungen zu tun.
Wieviele Widersprüche waren erfolgreich?
Ob eine Behörde gut arbeitet, zeigt sich allerdings nicht in erster Linie an der Zahl der Widersprüche, sondern auch daran, wieviele davon berechtigt waren. Zwei Drittel der Widersprüche wiesen die Jobcenter zurück oder die Bürgergeld-Bezieher verzichteten selbst darauf.
In immerhin 137.013 Fällen änderten die Jobcenter nach dem Widerspruch die Entscheidung, in mehr als einem satten Drittel der Fälle, also in rund 34 Prozent.
Wieviele Klagen waren erfolgreich?
Klage vor dem Sozialgericht erheben Sie in der Regel erst dann, wenn ein Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt zurückgewiesen wurde. Deshalb sind diese Klage logischerweise seltener als die Widersprüche. Nach einem erfolgreichen Widerspruch gibt es keine Grund zur Klage, und bei einer gut begründeten Zurückweisung eines Widerspruchs verstehen Betroffene oft, dass eine Klage aussichtslos ist.
2024 entschieden Gerichte über 57.014 Klagen mit dem Thema Bürgergeld. Circa 66 Prozent davon wurden entweder abgewiesen oder zurückgezogen. Wieder waren 34 Prozent für die Kläger erfolgreich.
In der ersten Jahreshälfte 2025 stieg die Zahl der Widersprüche und Klagen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an, obwohl die Zahl der Bedarfsgemeinschaften sank.
Viel Grund zur Klage und gute Erfolgsaussichten
Die Zahl der Widersprüche und Klagen zeigt zwar einerseits, dass es viele Gründe für Leistungsberechtigte gibt, Bescheide der Jobcenter in Frage zu stellen. Ein Widerspruchsverfahren und eine Klage vor dem Sozialgericht sind immer mit Aufwand verbunden, kosten Zeit, Energie und Nerven.
Allerdings zeigt die Erfolgsquote auch, dass es sich für Leistungsberechtigte lohnt, fragwürdige Entscheidungen der Jobcenter nicht hinzunehmen. Immerhin jeder dritte Widerspruch und jede dritte Klage sind erfolgreich.