Die Diskussion um eine neue Reform der sozialen Sicherung, ist in vollem Gange. Schon seit geraumer Zeit wird von den Linken ein Systemwechsel gefordert und auch die Grünen und SPD kämpfen jetzt mit neuen Reformvorschlägen um die Wähler.
Schonvermögen erhöhen
Zuletzt forderte Robert Habeck, Chef der Grünen, eine neue Garantiesicherung, die höhere Leistungen vorsieht und ohne Sanktionen auskommt. Ebenso soll künftig weniger Vermögen angetastet werden als zuvor, wenn Menschen länger als ein Jahr arbeitslos sind und somit Hartz IV beziehen. Laut Habeck solle diese Freigrenze auf 100.000 Euro erhöht werden. Hier meldet sich der Ökonom Holger Schäfer zu Wort. Diese Diskussion würde immer nur theoretisch bleiben, da so gut wie kein Arbeitnehmer jemals in solche Vermögensbereiche vordringen werde. Zudem gebe es kaum Anwärter auf Grundsicherung, denen man diese aufgrund ihres Vermögens verwehrt habe.
Schonvermögen in SGB II definiert
Der Gesetzgeber hat das Schonvermögen im SGB II definiert. Demnach stehen Hartz IV-Beziehern 150 Euro pro Lebensjahr zu, die nicht angetastet werden dürfen. Bei einem 50-jährigen wären das somit 7.500 Euro. Dem würden 3.100 Euro für jedes unterhaltspflichtige Kind in einem Haushalt hinzukommen, allerdings lege die Höchstfreigrenze bei 10.050 Euro. Ebenfalls dürfen Betroffene ihr Altersvermögen im Wert von 50.000 Euro behalten, wie zum Beispiel angesparte Riester- oder Rürup-Renten. Dies betreffe alle Vorsorgeverträge, die erst ab dem Rentenalter ausgezahlt werden. Zusätzlich würde dem noch 750 Euro hinzugerechnet werden, die einen sogenannten notwendigen finanziellen Spielraum darstellen, beispielsweise für den Kauf einer Waschmaschine.
Jobcenter darf über Angemessenheit entscheiden
Nach eigenen Angaben, werde Wohneigentum in der Regel nicht angetastet. Der Haken: Die Entscheidungsgewalt dafür liegt beim Jobcenter. Bei der Entscheidung sei zwar das Urteil des Bundessozialgerichtes zu berücksichtigen, wonach für einen Haushalt in dem ein bis zwei Personen leben ein Haus oder eine Wohnung mit 80 bis 90 Quadratmetern angemessen sei.
Aber letztendlich liegt es im alleinigen Ermessen des zuständigen Sachbearbeiters, der das nach der jeweiligen Tagesform darüber entschieden darf, ob eine Familie ihr Haus, beziehungsweise ihre Wohnung behalten darf, oder eben nicht. Was genau als angemessen gelte, werde zudem auch häufig von der Region ausgemacht und den dortigen Miet- und Kaufpreisen. Demnach könnte ein ländlich gelegenes Einfamilienhaus nicht angetastet werden und ein Haus selbiger Größe in einer Stadt schon zu wertvoll sein, was einen Verkauf zur Folge hätte.
Gerechtigkeit für Steuerzahler müsse bleiben
Laut Schäfer sei das Schonvermögen im Grunde nicht das Problem. Dennoch sei es, obwohl es in der Praxis kaum Auswirkungen habe, nicht sinnvoll es anzuheben, da es das falsche Signal sende. Die Akzeptanz der Grundsicherung hänge schließlich davon ab, dass diejenigen die dafür zahlen, es als gerecht empfinden müssen. Das System würde ein Problem mit der Gerechtigkeit bekommen, wenn die Steuerzahler das Gefühl bekämen, dass Menschen, die ein Recht auf staatliche Unterstützung haben, im Grunde mehr Vermögen haben, als sie selbst.
Schließlich haben auch viele gut verdienenden Arbeitnehmer kein Vermögen von 100.000 Euro. Demnach würde das bestehende Ungerechtigkeitsempfinden nach Schäfers Meinung nur weiter gesteigert werden. Angenommen jemand finanziere mit einem sehr geringen Gehalt, seine eigene Existenz, dann wäre es für diese Person schwer nachvollziehbar, warum jemand der 100.000 Euro auf der Kante hat, nichts tun muss und am Ende das selbe Einkommen hat.
Kein Hartz IV aus Angst sein Wohneigentum zu verlieren
Laut Schneider sei ein deutlich gravierenderes Problem die mangelnde Transparenz. Das System sorge derzeit dafür, dass Betroffene mit Wohneigentum kein Hartz IV beantragen, da sie Angst haben ihr Haus oder ihre Wohnung verkaufen zu müssen, weil dem Jobcenter die Größe des Eigenheims nicht angemessen erscheinen könnte.
Ein Grund für ihn, weshalb Arbeitnehmer mehr Klarheit bräuchten. Mehr Transparenz sei nötig, um sich darüber bewusst zu sein, wann der Sozialstaat einspringen würde und wann nicht. Zudem sollte laut Schneider schon im Vorfeld klar sein, wie groß ein Haus sein darf, damit man es im Falle eines Jobverlustes behalten kann. Aber wo soll das hinführen? Dürfen dann nur noch Häuser gebaut werden, die man auch als Hartz IV-Bezieher behalten kann? Würde man dem Rat Schäfers Folge leisten, würde das bedeuten, dass man in stetiger Angst leben soll, in absehbarer Zeit seinen Job zu verlieren.
Hartz IV-Bezieher sollen arm bleiben
Schlimm genug, dass sich Menschen nicht trauen Hartz IV zu beantragen, obwohl es ihnen zusteht, aus Angst man würde sie dazu zwingen ihr Haus oder ihre Wohnung aufzugeben, auch dann, wenn es das Einzige ist was sie besitzen. Einem Hartz IV-Bezieher zu nehmen was er vielleicht geerbt, geschenkt bekommen oder eben gespart hat, bevor er ALG II beantragen musste, erweckt auf jeden Fall nicht den Anschein von Unterstützung. Vielmehr erweckt es den Eindruck, dass das Jobcenter alle Hebel in Bewegung setzt, damit diese Menschen arm bleiben. Man verwehrt Hartz IV-Beziehern die geringste Möglichkeit etwas anzusparen, denn bei dem bisschen Geld, was ihnen zusteht, ist es so gut wie unmöglich, etwas beiseite zu legen.
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