Rentenrechtler und Gewerkschaften lehnen die Wachstumsinitiative ab, also den Haushaltsplan 2025 – und dies in auรergewรถhnlicher Schรคrfe.
Der Rentenexperte Peter Knรถppel nennt es: “Rรผckkehr in die Rentenpolitik in die Steinzeit! Hartz-VI kommt zurรผck” und kritisiert die von der Bundesregierung vorgesehenen Verschรคrfungen beim Bรผrgergeld.
Inhaltsverzeichnis
Maรnahmen treffen nur arme Menschen
Die Verschรคrfung der Sanktionen seien eine “sozialpolitische Brandbombe”, und die Regierung sei eine “Rรผckschrittskoalition”, die “neoliberalen Irrsinn und Schaden” anrichte.
Nicht eine einzige Maรnahme wรผrde die Reichen betreffen, wie es zum Beispiel bei einer Vermรถgenssteuer der Fall wรคre.
Wunschzettel fรผr Wirtschaftsverbรคnde
Das Papier zur Wachstumsinitiative lese sich, so Knรถppel, wie ein Wunschzettel fรผr Unternehmer wie Wirtschaftsverbรคnde. Die neoliberalen Verursacher der Finanzkrise hรคtten fรผr die riesigen Insolvenzfรคlle nicht bezahlt – stattdessen wรผrde auf die Kleinen eingehackt.
Sparen bei den Armen, Geschenke fรผr Spitzenverdiener
Die Mittel fรผr das 49-Euro Ticket sollten gekรผrzt werden, sodass Arme es sich nicht mehr leisten kรถnnten. Es wรผrde gespart auf dem Rรผcken der Armen. Eine Erhรถhung des Kindergeldes um fรผnf Euro sei ein Almosen.
Fรผr Spitzenverdiener gebe es hingegen eine monatliche Steuerersparnis von 377 Euro. Diese Regierung hรคtte fรผr Arme und Normalverdiener nichts รผbrig.
Keine Perspektive fรผr junge Erwachsene
Auch die Gewerkschaften รผben schรคrfste Kritik an den arbeitspolitischen Punkten der Wachstumsinitiative.
Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes Yasmin Fahimi sieht eine Lรผcke darin, dass den rund 2,9 Millionen jungen Erwachsenen zwischen 20 und 34, die keinen Berufsabschluss haben, keine Perspektiven angeboten wรผrden.
Sie fordert: “Ihnen mรผssen konsequenter neue Bildungs- und Beschรคftigungschancen geboten werden, das ist รผberfรคllig.” Die Ampel wolle hingegen, dass diejenigen mehr arbeiteten, die bereits in Lohn und Brot seien. Da seien Prioritรคten falsch gesetzt.
“Zerrbild รผber Leistungsberechtigte”
Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver:di zeigt sich entsetzt รผber die Plรคne der Bundesregierung bei Sozialleistungen, Arbeit und Rente.
So folgten die gesetzten Maรnahmen beim Bรผrgergeld dem Klische, dass Leistungsberechtigte รผberwiegend nicht arbeitswillig seien. Ver:di Chef Wernecke klรคrt auf: โDas ist ein Zerrbild.”
Leistungsberechtigte werden in noch schlechtere Arbeitsverhรคltnisse getrieben
Zwei Punkte hรคlt Wernecke fรผr besonders gefรคhrlich: Erstens die Verlรคngerung der Wegezeiten auf bis zu drei Stunden tรคglich, und zweitens die geplante Minderung des Schonversorgens, unter anderem zur Altersvorsorge.
Beides รผbe Druck auf Leistungsberechtigte aus, noch schlechtere Arbeitsbedingungfen zu akzeptieren, so Wernecke. Er sieht dunkle Zeiten wiederkommen, die das Bรผrgergeld eigentlich รผberwinden sollte: โDie Bรผrgergeldreform ist Geschichte โ wir sind zurรผck bei Hartz IV.โ
“Aufweichen des Arbeitsschutzes”
Auch das Aufweichen beim Arbeitsschutz hรคlt Wernecke fรผr absolut inakzeptabel. So soll es in Zukunft die Mรถglichkeit geben, die Arbeitszeit auf mehr als acht Stunden zu erhรถhen.
Weiterarbeit รผber Renteneintritt geht an Arbeitswirklichkeit vorbei
Hart ins Gericht geht Wernecke auch mit den geplanten Anreizen dazu, รผber das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Dies gehe vollkommen an der Lebens- und Arbeitswirklichkeit der Menschen in Dienstleistungsberufen vorbei.
Wernecke schlieรt: โAnstatt endlich dauerhaft die Weichen fรผr eine auskรถmmliche Altersrente zu stellen, sollen geringverdienende Beschรคftigte nun einfach lรคnger arbeiten.”
“Diskriminierung von Teilzeitkrรคften”
Die geplanten Steuervorteile bei รberstunden hรคlt Wernecke schlicht fรผr Diskriminierung: โDamit werden Millionen Menschen, die in Teilzeit arbeiten โ รผbrigens ganz รผberwiegend Frauen โ, diskriminiert, weil die รberstundenvergรผnstigungen nur fรผr Vollzeitarbeitskrรคfte gelten.”
Dabei sei die Arbeit in Teilzeit in den meisten Fรคllen erzwungen: โIm Einzelhandel etwa bieten viele Unternehmen von vornherein nur Teilzeitjobs an.โ
“Keine Entlastung bei Kinderbetreuung und Pflege”
Die Bundesregierung sorge weder fรผr eine verlรคssliche Kinderbetreuung noch fรผr Entlastung bei der Pflege Angehรถriger, womit Millionen Teilzeitkrรคften Vollzeitarbeit ermรถglicht werden kรถnnte.
In der Krankenpflege oder in Kitas arbeiteten zudem viele Beschรคftigte in Teilzeit, weil sie nur so die wachsende Arbeitsbelastung gesundheitlich aushalten kรถnnten.
“Benachteiligung von Arbeitszeitkonten”
Die รberstundenregelung benachteilige zudem all die, deren รberstunden in Arbeitszeitkonten flรถssen: โSollen wir diese seinerzeit wegen ihrer Flexibilitรคt hochgelobten Tarifvertrรคge alle kรผndigen, damit bezahlte รberstunden anfallen?โ