Wer kritische Fragen stellt wird sanktioniert?

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Jobcenter Kreis Warendorf bedroht Hartz IV Beziehenden mit Sanktionen, weil dieser kritische Fragen stellt

22.10.2014

Weil Timo H. auf einem öffentlichen Portal Fragen zu einer mysteriösen Hartz IV Maßnahme stellte, verschickte das Jobcenter eine Sanktionsandrohung. Sollen so kritische Fragen verhindert werden?

Auf der Website „frag-den-staat.de“ können Bürger Fragen an Behörden stellen. Diesen Service nutzte Timo H. als Privatperson. „Focus Job", eine neue Maßnahme, wie es so schön angepriesen wird, sei „neu und herausragend“. Das Jobcenter Ahlen wirbt eigens mit Flyern für die Maßnahme, die durch das Netzwerk Beruf und Bildung betrieben wird. Mitarbeiter der aktivierenden Leistungen vor Ort können auf Nachfragen keine konkreten Angaben zu den Inhalten dieser Maßnahme machen. Lediglich seien bereits schon 16 Teilnehmer durch diese Maßnahme „erfolgreich in einen Job“ vermittelt worden. Der Flyer verspricht daher "hochgradiges Rätselraten" über die Inhalte der Maßnahme. Also zögerte Timo H. nicht lange und stellte dem Jobcenter auf dem Portal einzelne Fragen, die durch die Behörde ebenfalls auf der Seite schriftlich hätten beantwortet werden können.

Strafen statt Bürgertransparenz
Doch auf Transparenz setzt das Jobcenter augenscheinlich nicht. Stattdessen flatterte Timo H. eine schriftliche Einladung ins Haus. Er solle sich telefonisch melden, um einen Termin zu vereinbaren. Daraufhin schrieb Herr H zurück, dass es vollkommen ausreichen würde, auf seine Fragen schriftlich zu antworten. Was nun geschah, kann als behördliche Amtsanmaßung bezeichnet werden. Nun wurde ihm eine „Einladung nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III“ zugesandt. Im Anhang befand sich nun auch gleich eine sog. Sanktionsandrohung. Das bedeutet, wenn Timo H. nicht an dem Termin teilnimmt, werden seine Regelleistungen gekürzt. Das könnte die Behörde dann solange betreiben, bis Herr H. mit 100 Prozent sanktioniert wurde. Man beachte, das Jobcenter bedroht nunmehr einen Bürger mit Strafen, weil dieser von seinem Bürgerrecht Gebrauch macht und sich über Maßnahmen erkundigen will. Timo H. hat nun einen Anwalt eingeschaltet, denn die Sanktionen, würden sie denn ausgesprochen, sind rechtswidrig.

Dazu schrieb auch die Hartz IV Gegnerin und kritische Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann: „Warum wird diese Anfrage in einem 6-Augen-Gespräch besprochen und nicht öffentlich beantwortet? Aufgrund der Sanktionsandrohung gibt es also als Fazit nur auf diesem Weg eine evtl. Antwort? Sollte gar eine Konfrontations-Gegenfrage durch das Jobcenter an den Fragesteller erfolgen, und er seine Beweggründe darlegen muss / soll, kann hier gar von einer Beeinflussung in das IFG-Recht gesprochen werden. Das ist nicht schick. Transparent wäre es jedoch, wenn in diesem Gespräch die schriftlichen Antworten erfolgen und diese durch den Fragesteller auf dieser Seite veröffentlicht werden dürfen. Alles andere hat einen faden Beigeschmack.“

Mittlerweile wird ein zweiter Fragesteller mit Sanktionen bedroht. Die Frage ist, was soll hier vertuscht werden? Wir bleiben dran! Update 23.10.: Der Jobcenter-Teamleiter hat alles zurückgenommen, nachdem ihn ein Anwalt zur Zurücknahme per Fax aufgefordert hat. (sb)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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