Job-Kündigung während Krankengeld: Jetzt musst Du aufpassen

Lesedauer 4 Minuten

Der Schock sitzt tief: Eine andauernde Arbeitsunfähigkeit zehrt nicht nur an den Kräften, sie trifft Beschäftigte oft ausgerechnet dann, wenn ihr Arbeitsvertrag ausläuft oder eine Kündigung in der Probezeit eintrifft.

Die gute Nachricht lautet: Wer gesetzlich versichert ist, muss in aller Regel keinen plötzlichen Einkommensverlust fürchten. Denn das System aus Entgeltfortzahlung, Krankengeld und – in letzter Instanz – Arbeitslosengeld nach der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung greift wie ein Sicherheitsnetz. Dieser Beitrag erklärt im Detail, welche Ansprüche bestehen, wann welche Stelle zahlt und welche Fristen Betroffene zwingend einhalten müssen.

Sechs Wochen Lohnfortzahlung – aber nicht für jeden sofort

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben bei Krankheit zunächst Anspruch auf sechs Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Die Grundlage ist das Entgeltfortzahlungsgesetz.

Allerdings beginnt dieser Schutz erst, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens vier Wochen ununterbrochen bestanden hat. Fällt jemand bereits innerhalb der ersten vier Wochen aus, zahlt von Beginn an die Krankenkasse Krankengeld. Auch wer die Probezeit nicht übersteht und in den ersten Wochen gekündigt wird, rutscht deshalb nicht ins Leere.

Übergang zum Krankengeld – spätestens ab Woche sieben

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 42 Kalendertage am Stück, endet die Pflicht des Arbeitgebers zur Lohnfortzahlung. Von diesem Tag an springt die gesetzliche Krankenkasse ein. Das Krankengeld beträgt in der Regel 70 Prozent des Brutto­, höchstens jedoch 90 Prozent des Nettoentgelts.

Wird das Arbeitsverhältnis während dieser ersten sechs Wochen beendet – etwa weil ein befristeter Vertrag ausläuft oder eine Kündigung ausgesprochen wird – verkürzt sich der Zeitraum, in dem der Arbeitgeber zahlen muss. Ab dem Tag nach Vertragsende trägt dann unmittelbar die Krankenkasse die Leistung.

Ein finanzieller Einbruch entsteht dadurch nicht, denn der Krankengeldanspruch besteht unabhängig davon, ob das Beschäftigungsverhältnis fortbesteht.

Vertrag endet während laufender Entgeltfortzahlung

Besonders verunsichernd ist die Situation, wenn das Kündigungsschreiben mitten in der sechswöchigen Entgeltfortzahlung eintrifft. Doch auch dann gilt: Bis zum letzten Arbeitstag zahlt der Arbeitgeber weiter.

Ab dem Folgetag übernimmt die Krankenkasse, sofern die Arbeitsunfähigkeit nahtlos ärztlich bescheinigt wird. Versäumt man eine Folgebescheinigung, kann der Anspruch lückenlos entfallen. Die elektronische Arbeitsunfähigkeits­meldung mindert zwar den Aufwand, entbindet aber nicht von der Pflicht, rechtzeitig mit der Ärztin oder dem Arzt Kontakt aufzunehmen.

Kündigung in der Probezeit – Besonderheiten beachten

In der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen beendet werden. Endet es vor Ablauf der ersten vier Beschäftigungswochen, besteht – wie erwähnt – gar kein Anspruch auf Lohnfortzahlung, sodass Krankengeld unmittelbar an die Stelle des Gehalts tritt.

Liegt der erste Krankheitstag nach dieser Wartezeit, gilt bis zum Ende des Vertrags grundsätzlich die Lohnfortzahlung, danach zahlt die Kasse. Auch wer noch während der Probezeit im Krankengeldbezug steckt, behält diesen Anspruch bis maximal 78 Wochen.

Lesen Sie auch:

– Mit Krankengeld und Arbeitslosengeld die Zeit bis zur sicheren Rente überbrücken

Fristgerechte Meldung bei der Agentur für Arbeit

Sobald feststeht, dass ein Arbeitsverhältnis endet, verlangt § 38 SGB III eine Meldung als arbeitsuchend spätestens drei Monate vor dem Beendigungsdatum. Erhält man die Nachricht kurzfristiger, muss die Meldung binnen drei Tagen erfolgen. Verspätungen lösen nicht nur eine einwöchige Sperrzeit beim Arbeitslosengeld aus, sondern können auch den späteren Krankenkassenschutz gefährden.

Die Meldung ist auch dann Pflicht, wenn man weiterhin krankgeschrieben ist und zunächst gar keine Stelle antreten kann. Denn mit der Arbeitsagentur läuft in dieser Phase bereits die Anwartschaftszeit für ein mögliches späteres Arbeitslosengeld.

Die 78-Wochen-Grenze und die sogenannte Aussteuerung

Krankengeld wird pro Erkrankungsfall für höchstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren gezahlt. Dabei werden auch Unterbrechungen mitgezählt. Ist diese Frist ausgeschöpft, endet der Anspruch automatisch.

Viele Betroffene sprechen in diesem Moment von der „Aussteuerung“. Von einem Tag auf den anderen ohne Leistung bleibt aber niemand, denn meist greift nun das Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit nach § 145 SGB III. Umgangssprachlich heißt das „Nahtlosigkeits-Arbeitslosengeld“.

Es wird von der Agentur für Arbeit gezahlt, solange die Leistungsfähigkeit voraussichtlich länger als sechs Monate erheblich gemindert ist und noch keine Erwerbsminderungsrente bewilligt wurde.

Voraussetzungen für das Nahtlosigkeits-Arbeitslosengeld

Die Agentur prüft bei Antragstellung, ob eine sogenannte Nahtlosigkeitsprognose vorliegt, das heißt eine fortdauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens sechs Monaten. Liegt sie vor, ersetzt § 145 SGB III die eigentlich erforderliche Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt.

Für Betroffene bedeutet das: Sie müssen sich nicht gesundschreiben lassen, um Leistungen zu erhalten, dürfen aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen – insbesondere die zwölfmonatige Anwartschaftszeit innerhalb der vergangenen 30 Monate – nicht verfehlen.

Parallel prüft die Agentur häufig, ob eine Erwerbsminderungsrente beantragt werden sollte. Das Arbeitslosengeld nach § 145 wird solange gezahlt, bis eine andere Sozialleistung – etwa Rente oder Reha-Geld – einsetzt oder die gesundheitliche Situation sich bessert.

Was nach der Aussteuerung noch möglich ist

Wer nach 78 Wochen wieder arbeitsfähig wird, kann sich regulär arbeitslos melden und Arbeitslosengeld I beziehen, sofern er die Anwartschaftszeit erfüllt. Bleibt die Arbeitsunfähigkeit bestehen, ist die Nahtlosigkeitsregelung oft der nächste Schritt.

Wird später eine Erwerbsminderungsrente bewilligt, rechnet die Deutsche Rentenversicherung Zeiten des Krankengeld- und Arbeitslosengeldbezugs bei der Rentenhöhe an.

Wer weder eine Rente noch eine Reha erhält und dessen Anspruch auf Arbeitslosengeld ausläuft, kann – je nach Einkommen und Vermögen – Bürgergeld beantragen. Wichtig ist, alle Bescheide aufzubewahren und Fristen einzuhalten, damit keine Zeiträume unversichert bleiben.

Sperrzeiten und Sanktionen vermeiden

Die Agentur für Arbeit kann Sperrzeiten verhängen, wenn die Arbeitsuchendmeldung zu spät erfolgt oder eine Eigenkündigung ohne wichtigen Grund ausgesprochen wurde. Auch das Krankengeld kann entfallen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verspätet in der Kasse eingeht oder Behandlungs­empfehlungen mutwillig ignoriert werden.

Wer mit einer Kündigung in der Probezeit rechnet, sollte deshalb frühzeitig rechtlichen Rat einholen und den behandelnden Arzt über die arbeitsrechtliche Situation informieren, um nahtlose Verlängerungen der Krankschreibung zu sichern.

Fazit

Das deutsche Sozialversicherungssystem federt den Einkommensausfall bei längerer Erkrankung wirksam ab – selbst wenn das Arbeitsverhältnis endet. Entscheidend sind drei Faktoren: eine lückenlose ärztliche Bescheinigung, die fristgerechte Meldung bei der Agentur für Arbeit und das Ausschöpfen der 78-Wochen-Frist für Krankengeld. Anschließend sorgt die Nahtlosigkeitsregelung dafür, dass auch schwer kranke Menschen nicht ohne Leistung dastehen, bis eine dauerhafte Lösung gefunden ist.