Wann löst das Bürgergeld Hartz IV ab?

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Der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat angekündigt, spätestens im Sommer diesen Jahres einen Gesetzesentwurf zum Bürgergeld vorzulegen. Die neuen Gesetze sollen Hartz IV ablösen.

Hartz IV soll überwunden werden

Danach, in der zweiten Jahreshälfte, sollen die Reformen im Bundestag beraten und bestenfalls beschlossen werden. “Wir müssen aus den Schützengräben der letzten 16 Jahre der Debatte um Hartz IV heraus”, so Heil in der Regierungsbefragung im Bundestag.

Ziel der Koalition sei es, “Hartz IV zu überwinden”. Die heutige Sozialgesetzgebung sei “wahrscheinlich eines der bürokratischsten Gesetze, das es gibt”, bestätigte Heil.

Sozialer Arbeitsmarkt soll enfristet werden

Im Kern solle der “bis Ende 2024 befristetete soziale Arbeitsmarkt entfristet werden”. Das habe die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP bereits im Koalitionsvertrag angekündigt.

Erwerbslose, die besonders lange keine Arbeit hätten, würden beim Bürgergeld mit Zuschüssen zum Lohn und Coaching “wieder in Arbeit gebracht”.

Nach den Vorstellungen des Arbeitsministers soll nach der Reform der Sozialstaat “im Tun und Ton” deutlich besser werden. Beispielsweise seien die Eingliederungsvereinbarungen “zu sehr bürokratisch”. Wer Hartz IV Leistungen beantragt, muss eine solche Vereinbarung mit dem Jobcenter abschließen.

Aussetzen der Sanktionen bei Hartz IV

Als erstes Schritt zum Bürgergeld werden die Sanktionen – bis auf die Meldeverstöße – bis Mitte 2023 zunächst ausgesetzt. Allerdings werden bei Meldeversäumnisse erst Sanktionen verhängt, wenn auch der zweite Termin im Jobcenter nicht eingehalten wird. Die maximale Sanktionshöhe wird bei verpassten Terminen ab 1. Juli auf 10 Prozent begrenzt.

Konkret bedeutet das:

  • Aussetzen der Sanktionen nach §§ 31, § 31a, § 31b SGB II – also die 30 % Sanktionen – für ein Jahr
  • Minderungen erst nach einem wiederholtem Meldeversäumnis, Bemessungszeitraum dafür ein Jahr.
  • Minderung auf 10 Prozent des ALG II-Regelsatzes auch bei wiederholtem Meldeversäumnis begrenzt (§ 84 Abs. 3 SGB II n- N).

Keine vollständige Abkehr von den Sanktionen

Die Bundesregierung plane bei den Vereinbarungen zwischen Jobcentern und Leistungsbeziehern künftig mehr “Augenhöhe”. Allerdings würden Sanktionen nicht ganz abgeschafft.

“Nur eine Minderheit der Fälle wird von Pflichtverletzungen und Sanktionen betroffen sein, so Heil. Mehr Einzelheiten zu künftigen Strafen nannte der Arbeitsminister nicht.

Union kritisiert Aussetzen der Sanktionen

CDU und CSU kritisieren die Aussetzung der Sanktionen im Hartz IV-System. “Die Ampel gibt ohne Not das Prinzip von Fördern und Fordern auf, und zwar gegen den entschiedenen Rat aus vielen Arbeitsagenturen”, kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Hermann Gröhe (CDU), gegenüber der dpa in Berlin. “Das sendet ein völlig falsches Signal.” CDU und CSU lehnen die Abkehr der Strafen bei Hartz IV ab.

Erwerbslosenberatung begrüßt und mahnt

Die Sozial- und Erwerbslosenberatung “Tacheles e.V.” hingegen begrüßte in einer Stellungnahme, dass die Bundesregierung “nun doch weitgehend ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag erfüllt”.

Es sei zu hoffen, “dass es zu einer vernünftigen Evaluierung zur Wirksamkeit dieses Moratoriums kommt. Allerdings macht eine solche Evaluierung nur Sinn, wenn Erwerbslose nicht nur nicht schikaniert werden, sondern gleichzeitig gefördert werden.”

Tacheles wies darauf hin, dass es nicht sein darf, dass Menschen, die beispielsweise dringend eine Brille brauchen, um wieder arbeiten zu können, diese mit abstrusen Ablehnungsbegründungen wie „die Anschaffung einer Brille sei im Regelsatz enthalten und es gäbe keinen Anspruch darauf“ versagt bekommen”. Das sei nämlich der Alltag von Hartz IV Beziehenden. “Es gibt bisher oft eben keine notwendige Förderung, sondern lediglich unnötiges Schikanieren.”

Bundesagentur für Arbeit fordert weiterhin Sanktionen

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hingegen betrachtet die Ankündigungen kritisch. In einer Stellungnahme mahnte die BA, dass die Jobcenter “weiter eine Handhabe brauchen, wenn sich Leistungsbezieher vollständig verweigerten zumutbare Arbeitsangebote nicht annehmen”.