Vorzeitig in Rente statt Bürgergeld: So rechnet sich der Wechsel

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Wer Bürgergeld erhält und bald 63 wird, steht oft vor einer heiklen Entscheidung: vorgezogene Altersrente beantragen oder im Bürgergeld bleiben. Dieser Beitrag ordnet die wichtigsten Regeln, Fallstricke und gangbaren Alternativen ein. So treffen Sie eine informierte Entscheidung – ohne böse Überraschungen.

Vorzeitig in Rente: Voraussetzungen und Abschläge

Mit 35 Jahren Wartezeit können Sie eine „Altersrente für langjährig Versicherte“ vorzeitig ab 63 beziehen. Der Preis sind dauerhafte Abschläge von 0,3 Prozent pro vorgezogenem Monat, maximal 14,4 Prozent. Diese Kürzung bleibt lebenslang bestehen – auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze.

Für schwerbehinderte Menschen gelten günstigere Altersgrenzen. Eine abschlagsfreie Rente ist zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze möglich. Wer noch früher startet, akzeptiert bis zu drei Jahre Abschläge. Der maximale Abzug liegt hier bei 10,8 Prozent.

Mit 45 Versicherungsjahren gibt es die Rente für „besonders langjährig Versicherte“ ohne Abschläge zwei Jahre früher als regulär. Wer noch früher in Rente gehen will, nutzt wieder die Rente für langjährig Versicherte – dann zählen die Abschläge bis zum regulären Rentenalter.

Hinzuverdienst: Arbeiten ohne Rentenabzug

Seit 2023 dürfen Beziehende einer Altersrente unbegrenzt hinzuverdienen. Das gilt auch für vorgezogene Altersrenten. Ein Nebenjob mindert die Rente nicht. Wer bislang im Bürgergeld gearbeitet hat, profitiert oft deutlich: Dort wird Erwerbseinkommen angerechnet, bei der Rente nicht.

Zusätzlich fließen bei versicherungspflichtiger Beschäftigung weiterhin Beiträge an die Rentenversicherung – das kann die spätere Rentenhöhe nach der Regelaltersgrenze steigern.

Typische Fallstricke bei der Frühverrentung

Dauerabschläge sind nicht umkehrbar. Sie verringern die Rente lebenslang. Je mehr Monate vorgezogen, desto größer der Verlust. Prüfen Sie, ob der kurzfristige Gewinn den dauerhaften Abzug wirklich aufwiegt.

Beitragslücken entstehen, wenn Sie mit Rentenbeginn die Arbeit aufgeben oder Krankengeld bzw. Arbeitslosengeld enden. Diese Zeiten zählen dann nicht mehr für zusätzliche Rentenpunkte. Wer noch Anspruch auf Krankengeld oder Arbeitslosengeld hat, kann durch Abwarten zusätzliche Beiträge sichern.

Die „Rente mit 63“ ist kein Freifahrtschein. Hinter dem Schlagwort stehen mehrere Rentenarten mit unterschiedlichen Altersgrenzen, Wartezeiten und Abschlägen. Entscheidend ist Ihre individuelle Konstellation: Geburtsjahr, Wartezeit, Schwerbehinderung, Beschäftigungspläne.

Bürgergeld oder vorgezogene Rente: Wann lohnt sich der Wechsel?

Finanziell attraktiv ist der Wechsel vor allem, wenn Sie weiterarbeiten möchten. Die Kombination aus ungekürzter Rente und Lohn führt oft zu einem höheren Gesamteinkommen als Bürgergeld plus Freibeträge.

In Einzelfällen kann eine hohe Rente selbst mit Abschlägen das Bürgergeld so deutlich übersteigen, dass sich der frühe Start trotz Kürzung rechnet. Lassen Sie sich die konkreten Beträge von der Rentenversicherung berechnen: Rente bei frühem Start mit Abschlägen vs. später ohne Abschläge.

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Den langfristigen Gesamteffekt kann niemand exakt vorhersagen. Lebensdauer, Rentenanpassungen und Erwerbsverläufe bleiben ungewiss. Deshalb lohnt eine nüchterne Abwägung: kurzfristiger Netto-Vorteil heute gegen lebenslangen Abzug morgen.

Wenn die Rente nicht reicht: Wohngeld oder Hilfe zum Lebensunterhalt

Mit dem Bezug einer Altersrente entfällt der Anspruch auf Bürgergeld. Reicht die vorgezogene Rente nicht, kommen zwei Wege in Betracht.

Wohngeld kann die Wohnkosten dämpfen, setzt aber in der Prognose ein ausreichendes Mindesteinkommen voraus. Reicht das nicht, ist Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII möglich. Diese Sozialhilfe greift vor der Regelaltersgrenze und sichert – ähnlich wie Bürgergeld – den notwendigen Lebensunterhalt.

Der gewohnte „Ämterstress“ verschwindet damit nicht, doch es entsteht kein Druck zur Arbeitsaufnahme wie im SGB II.

Zwangsverrentung: Schutz bis Ende 2026, neue Lage ab 2027

Seit 01.01.2023 gilt: Jobcenter dürfen Leistungsberechtigte nicht in eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen drängen. Diese Schutzregel läuft zum 31.12.2026 aus. Ab 2027 soll die frühere Praxis unter Bedingungen zurückkehren.

Unabhängig davon kann das Jobcenter zur Antragstellung auf eine abschlagsfreie Altersrente auffordern, wenn Sie die Voraussetzungen erfüllen. Bei Anhaltspunkten für geminderte Erwerbsfähigkeit kann zudem eine Prüfung der Erwerbsminderungsrente angestoßen werden.

Erwerbsminderungsrente: Wirkung auf die spätere Altersrente

Bezieher einer Erwerbsminderungsrente wechseln später automatisch in die Altersrente. Abschläge aus der EM-Rente wirken in der Regel fort. Wer den Schritt in eine EM-Rente erwägt oder aufgefordert wird, sollte die dauerhaften Auswirkungen kennen. Lassen Sie sich die Zahlen schriftlich berechnen.

Beiträge ausgleichen: Abschläge teilweise neutralisieren

Ab 50 können Sie Rentenminderungen durch freiwillige Sonderzahlungen ganz oder teilweise ausgleichen. Das ist planbar, aber kapitalintensiv. Steuerliche Effekte und Amortisation hängen stark von Einkommen, Steuersatz und Lebensplanung ab. Holen Sie hier fundierte Beratung ein.

Praxis: So gehen Sie systematisch vor

Fordern Sie bei der Rentenversicherung eine Vergleichsberechnung an. Prüfen Sie Rente mit Abschlägen zum gewünschten Termin und Rente ohne Abschläge später. Legen Sie realistische Pläne zum Weiterarbeiten zugrunde. Prüfen Sie den Anspruch auf Wohngeld mit einem aktuellen Rechner.

Kalkulieren Sie alternativ die Hilfe zum Lebensunterhalt ein, wenn das Mindesteinkommen für Wohngeld nicht erreicht wird. Dokumentieren Sie Fristen und Bescheide. So vermeiden Sie Versorgungslücken.

Kurzüberblick Rentenarten und Eckdaten

Rentenart Frühester Start / Abschläge / Besonderheit
Langjährig Versicherte (35 Jahre) Frühestens 63; Abschläge 0,3 % je Monat, max. 14,4 %; lebenslang.
Schwerbehinderte Menschen Abschlagsfrei zwei Jahre vor Regelalter; bis zu drei Jahre früher mit max. 10,8 % Abschlag.
Besonders langjährig Versicherte (45 Jahre) Abschlagsfrei zwei Jahre vor Regelalter; noch früher nur als „langjährig Versicherte“ mit Abschlägen.
Erwerbsminderungsrente Abschläge bis 10,8 %; Übergang in Altersrente, Abschläge wirken fort.