Von der Leyen: Keine höhere Hartz IV Regelsätze?

Von der Leyen ist gegen die Anhebung der Arbeitslosengeld II Regelsätze, dafür sollen Gutscheine verteilt werden.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 9. Februar dieses Jahres entschieden hatte, dass die derzeitige Berechnung der Hartz IV-Regelsätze verfassungswidrig sind und daher bis zum 1. Januar 2011 eine Neuregelung des Gesetzes geschaffen sein muss, hat das Arbeitsministerium mit den Korrekturen alle Hände voll zu tun. Da man sich jedoch im Zuge der nach wie vor aktuellen Hartz IV Diskussion immer wieder fragt, wie viel die ALG II Bezieher am Ende eigentlich bekommen werden und welche "Gegenleistungen" sie dafür nun wieder erbringen sollen, ist es naheliegend, einmal den aktuellen Stand der Korrekturen etwas näher zu betrachten: Denn folgt man den Ausführungen der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in einem aktuellen Interview mit "SPIEGEL-ONLINE", so scheint es, als wäre zumindest das "Wieviel" noch lange nicht geklärt. Der Grund: Für die Neuberechung der Regelleistungen notwendige Daten würden noch nicht vorliegen – sicher sei aber jetzt schon, dass Familien nicht davon ausgehen könnten, aufgrund des Gerichtsurteils nun generell höhere Geldleistungen zu bekommen.

Vielmehr würde sich das "Mehr" auf Bereiche wie Bildung, Chancengleichheit und die Möglichkeit einer angemessenen Teilhabe am Leben beziehen – damit würde die Regierung die "Hausaufgabe" des Gerichts umsetzen, denn dieses hatte gefordert, eine Antwort auf die folgende Frage zu finden: Was brauchen unsere Kinder eigentlich, damit sie für die Welt der Zukunft gewappnet sind? Hier sieht die Ministerin ganz klar Handlungsbedarf im Bereich Bildung: Angemessene Unterstützung und Ausstattung mit Materialien aber eben auch die Möglichkeit bzw. die Schaffung eines Zugangs zu Kunst, Musik und sportlichen Aktivitäten. Das eine Umsetzung dieses Vorhabens natürlich mit erheblichen Kosten verbunden sei, dass ist für von der Leyen kein Problem – denn diese würden ja später wieder "reingeholt", indem im Idealfall viele der betroffenen Kinder von heute aufgrund der geplanten Förder-Maßnahmen statt zu Schulabbrechern zu unabhängigen, gut ausgebildeteten und lukrativen Steuerzahlern werden. Was soweit nach einer netten Idee klingt, sieht beim näheren Hinsehen aber gar nicht mehr nach Unabhängigkeit aus: Denn statt durch höhere Geld-Leistungen soll die Förderung der Kinder über zusätzliche Sachleistungen und Bildungsgutscheine stattfinden – es scheint also, als würde den betroffenen Eltern nicht unbedingt zugetraut werden, das Geld auch tatsächlich für den vorgesehenen Zweck zu verwenden. Hier wirkt indirekt die "Westerwelle Demagogie".

Doch für von der Leyen ist dieser Aspekt jedoch kein Einschnitt in die Unabhängigkeit, sondern sie dreht den Spieß einfach um: So würde mehr Geld kein Lösungsweg sein, denn dieses würde dazu führen, dass die Menschen wieder sich selbst überlassen wären – durch Sach- bzw. Dienstleistungen hingegen wäre jedoch auch der Staat gefordert, denn es müssten entsprechende Bildungs-Angebote für die Kinder geschaffen bzw. dafür gesorgt werden, dass bereits bestehende Angebote wie Musikschulen oder Sportvereine für alle Kinder – ob aus Hartz IV-Familien oder nicht – gleichermaßen zugänglich werden und Beitragszahlungen oder Kosten für Austattung etc. keine Ausschlusskritererien mehr darstellen können.

Um all die Pläne zu verwirklichen, braucht von der Leyen die Unterstützung von Ländern und Kommunen, denn Bildung ist Ländersache. Hier würde derzeit geprüft, ob bzw. inwiefern ein gemeinsames System von Jobcentern, Kommunen, Ländern und Bund aussehen könnte und ob nicht eventuell breits Strukturen bestehen, die eingebunden werden könnten, denn ein funktionierenes, neu gestaltetes "Hilfesystem für bedürftige Kinder" müsse unkompliziert sein und bräuchte eine hohe Akzeptanz.

Soweit zum Stand der Dinge in Hinblick auf die Hartz IV-Korrekturen. Nichts wirklich Neues, dafür aber viele Punkte, die immer wieder sehr medienwirksam sind und bei einer breiten Masse auf uneingeschränkte Zustimmung stoßen: Förderung von Kindern, Chancengleichheit, verbesserte Bildungs- und dadurch Zukunftschancen, mehr Möglichkeiten für alle und so weiter und so fort. Und auch am Ende bleibt alles wie gehabt, denn es bleibt die Frage: Wer bezahlt das eigentlich alles? Hier gäbe es – wenig überraschend – laut von der Leyen noch keine konkreten Pläne. Es würden jedoch Gespräche mit Ländern und Kommunen stattfinden, die im Sinne der Aufgabenverteilung die Investitionen in Bildung und Infrastruktur finanzieren müssten und demensprechend natürlich auf Mittel vom Bund angewiesen wären. (03.04.2010)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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