Überwindung von Hartz IV: Bürgergeld nur ein neues Etikett?

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Immer mehr Menschen in Deutschland sind mit einer existenzbedrohenden Situation konfrontiert, warnt das Bündnis “AufRecht”, das aus verschiedenen gewerkschaftlichen und Erwerbslosenberatungseinrichtungen besteht. Die Einführung des Bürgergeldes sei als „Überwindung von Hartz IV“ deklariert worden. Tatsächlich handele es sich aber “nur um ein neues Etikett”, kritisert das Bündnis.

Steigende Preise

Millionen Menschen in Deutschland – Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld und Grundsicherung, Rentnerinnen und Rentner, Geringverdienerinnen und Geringverdiener – seien mit einer existenzbedrohenden Situation konfrontiert. “Viele wissen nicht mehr, wie sie angesichts ständig steigender Preise über den Monat kommen sollen”, warnt das Bündnis.

Während auf der einen Seite die Lebensmittelpreise seit Ende 2021 um weit über 20 Prozent gestiegen sind, sind die Kosten für Strom, Gas und Heizung durch die Decke gegangen.

Stromkosten müssen vom Munde abgespart werden

Die Stromkosten liegen je nach Anbieter zwischen 37 und 60 Prozent höher als 2021. Bereits 2022 gab es laut Bundesnetzagentur bundesweit rund 235.000 durchgeführte Stromsperren, rund vier Millionen Sperrandrohungen. Vier Millionen Haushalte, die sich das Geld für die Stromrechnung irgendwie vom Munde abgespart haben, um eine Sperre im letzten Moment abzuwenden.

Ähnlich sieht es bei den Heizkosten aus. Laut einer Datenanalyse des Energiedienstleisters Techem sind die Heizkosten im Vergleich zu 2021 um bis zu 99 Prozent gestiegen, besonders drastisch zwischen September und Dezember.

Für das Gesamtjahr rechnet Techem mit Kostensteigerungen von 49 Prozent bei Gas- und 63 Prozent bei Ölheizungen – trotz staatlicher Preisbremse.

Existenzsichernde Löhne und Renten gefordert

“Dass in der reichen Bundesrepublik immer mehr Menschen in die Einkommensarmut abrutschen und sich ein menschenwürdiges Leben einfach nicht mehr leisten können, daran ändern weder die Zuversichtsparolen der Regierung noch die bisher völlig unzureichenden Maßnahmen zur Abfederung der Krisenfolgen etwas.”

Dies gelte sowohl für die 7,5 Millionen Beschäftigten, die im Niedriglohnsektor festhängen, als auch für die offiziell 19 Prozent von Altersarmut betroffenen Rentner*innen.
Für eine existenzsichernde Grundsicherung!

Die Einführung des sogenannten Bürgergeldes wurde als „Überwindung von Hartz IV“ gefeiert. Es ist jedoch festzustellen, dass es sich im Wesentlichen nur um ein neues Etikett auf der menschenfeindlichen Grundlage des Hartz IV-Systems handelt.

Regelsatzerhöhung war eine Nullrunde

Nach einer Nullrunde im Vorjahr steigt der Regelsatz zum 1. Januar 2023 nur um 11,8 Prozent auf 502 Euro für einen Alleinstehenden. Ein Blick auf die Preisschilder im Supermarkt oder auf die Stromrechnung zeigt, dass dieser Betrag NICHT zum Leben reicht.

“Wir brauchen dringend eine existenzsichernde und repressionsfreie Grundsicherung für alle, die sich an den tatsächlichen Kosten orientiert und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht”, mahnt das Bündnis in einer Erklärung.

Das Geld, das den Armen zum Leben fehlt, sei durchaus vorhanden, wie unter anderem der 100-Milliarden-Sonderfonds” für die Bundeswehr zeige, mahnt das Bündnis. Während die Tafeln dem wachsenden Ansturm nicht gewachsen seien, hätten die hundert umsatzstärksten Unternehmen im Krisenjahr 2002 ihren Umsatz um 30 Prozent gesteigert.

Während Millionen Haushalte mühsam Geld für Strom sparen, hätten die Energiekonzerne Milliardengewinne gemacht und die Rüstungskonzerne ihre Gewinne verdoppelt. “Wir wollen die Umverteilung von unten nach oben stoppen. Arbeitgeber/innen und Vermögende müssen bei den Kosten für gesamtgesellschaftliche Aufgaben in die Verantwortung genommen werden”.

Höhere Grundsicherung und niedrigschwelligen Zugang zu Sozialleistungen gefodert

Das Bündnis “Aufrecht” fordert daher, den Mindestlohn auf 15 Euro anzuheben. Zudem sei die Einführung einer “Solidarrente” notwendig.

Die Regelleistungen im Bürgergeld sollen auf mindestens 750 Euro plus Stromkosten angehoben werden. Darüber hinaus fordert das Bündnis einen niedrigschwelligen Zugang zu Sozialleistungen und ein wohlwollendes und rechtskonformes Handeln der Behörden, die Abschaffung von Sanktionen und eine Kindergrundsicherung, die Kinder und Jugendliche aus der Armut holt und aktive Teilhabe ermöglicht.
Teilhabe ermöglicht.

Am Bündnis beteiligt sind u.a. Tacheles e.V., der Bundes-Erwerbslosen-Ausschuss der Gewerkschaft ver.di, die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS) sowie weitere Initiativen und Gruppen.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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