Statt Hartz IV: Wird die Bürgergeld-Einführung verschoben?

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Die Ampel-Koalition will das Bürgergeld ab Januar 2023 einführen und damit Hartz IV ablösen. Nun fordert die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Verschiebung des Einführungstermins. “Das Gesetz sei noch nicht einmal beschlossen”. Die BA sieht zahlreiche Hürden, die bis Januar nicht bewältigt werden könnten.

Dringend gebeten das Bürgergeld stufenweise einzuführen

“Wir haben den Bundesarbeitsminister dringend gebeten, die neuen Regeln zum Bürgergeld stufenweise zum Juli 2023 einzuführen”, berichtet die Finanzvorständin der Bundesagentur für Arbeit, Christiane Schönefeld gegenüber der Zeitung “Rheinischen Post”.

Die Neueinführung der Regeln sei zu komplex, so Schönefeld. “Wir begrüßen die Neuausrichtung, seien es bessere Fördermöglichkeiten, das partnerschaftliche Miteinander oder den Entfall der Vorrangvermittlung”.

Dennoch benötigen die Behörden deutlich mehr Zeit, so Schönfeld. Man werde nicht alles “bis zum 1. Januar umsetzen können, dafür fehle die Zeit, denn das Gesetz ist noch nicht beschlossen”.

Bürgergeld ist noch nicht beschlossen

Der erste Gesetzesentwurf wurde Mitte September durch das Bundesarbeitsministerium vorgestellt. Nach derzeitigen Planungen sollen alle Gesetzesvorhaben zum Jahreswechsel umgesetzt werden. Bereits zum Januar 2023 sollen die Regelleistungen sowie eine neue Berechnungsgrundlage umgesetzt sein.

Hartz IV-Regelleistungen für 2023

In dem Gesetzesentwurf sind auch die weiteren Regelleistungen für alle Personengruppen aufgeführt. Somit sollen die sog. Bürgergeld-Leistungen ab 1. Januar wie folgt steigen:

  • Regelleistungen für einen erwachsenen Alleinstehenden 502 Euro
  • Regelleistungen für erwachsene Partner 451 Euro
  • Regelleistungen für Kinder von 14-17 Jahren 420 Euro
  • Regelleistungen für Kinder von 6-13 Jahren 348 Euro
  • Regelleistungen für Kinder bis 5 Jahren 318 Euro

Neben vielen weiteren Änderungen sollen die Zuverdienstmöglichkeiten verbessert und die Sanktionen abgemildert werden. Zusätzlich sollen die Hilfen für Qualifizierung und Weiterbildung verbesssert werden. Eine Bagatellgrenze soll zudem verhindern, dass Kleinstbeträge bei Leistungsbeziehenden durch Überzahlungen eingetrieben werden.

Werden die erhöhten Regelleistungen erst später angehoben?

Die BA-Vorständerin betonte allerdings, dass die erhöhten Regelleistungen nicht verschoben werden müssten. “Davon nehme ich den höheren Regelsatz explizit aus, das werden wir zum Januar umsetzen.”

Von Seiten der Opposition wird die Anhebung um 53 Euro beim Eckregelsatz kritisiert. Die Erhöhung sei “zu kräftig”, ist in den letzten Tagen immer wieder aus der Union zu hören. “Der höhere Regelsatz ist richtig, denn die Preise steigen enorm”, betonte allerdings Schönfeld.

Finanzierung könnte kritisch werden

Dennoch wies das BA-Vorstandsmitglied darauf hin, dass eine Finanzierung der höheren Regelleistungen wichtig sei. “Wenn die Einführung des Bürgergelds gelingen soll, ist eine auskömmliche Finanzierung wichtig. Es wäre schade, wenn etwa das Weiterbildungsgeld an fehlenden Finanzen scheitert.”

Die Beitäge zur Arbeitslosenversicherung würden ausreichen. Allerdings dürfe dann die Energiekrise nicht noch schlimmer werden. “Der Beitrag wird 2023 wie geplant wieder bei 2,6 Prozent liegen, die vorübergehende Absenkung auf 2,4 Prozent läuft zum Jahresende aus. Damit können wir in den nächsten Jahren auskommen – das gilt aber nur, sofern der Arbeitsmarkt stabil bleibt.”

Weitere Änderungen beim geplanten Bürgergeld

  • Änderung SGB II: Art 1 Nr. 11 c) (Seite 14): Einführung einer weiteren Stufe bei den Erwerbstätigenfreibeträgen, für den Bereich von 520 EUR auf 1000 EUR nunmehr 30 Prozent. Erwerbstätigenfreibetrag, vorher 20 % (Praxis: max. 48 € anrechenbares Einkommen mehr als vorher)
  • Änderung SGB II: Art 1 Nr. 12 (Seite 14): nur noch ein “angemessenes” Kfz geschont, vorher jedes Kfz. (Praxis: bedeutet weiterhin Kfz im Wert von 7.500 €, so wie im alten Recht)
  • Änderung SGB II: Art 1 Nr. 13 (Seite 16): Aufgabe der Zwangsverrentung nur bis zum 31.Dez. 2026, danach wieder wie jetzt. Im Referentenentwurf stand die Aufgabe jeder Zwangsverrentung ohne Laufzeit
  • Änderung SGB II: Art. 1 Nr. 23 (Seite 21): Minderung bei erster Pflichtverletzung um 20 %, bei weiterer Pflichtverletzung um 30 %, insgesamt aber nicht höher als 30%.
  • Änderung SGB II: Art 1 Nr. 36 (Seite 23): Streichung der ursprünglich geplanten Sippenhaftgemeinschaft bei fehlender Mitwirkung anderer BG-Mitglieder (im Referentenentwurf unter Art. 1 Nr. 37 b), wegen offensichtlicher Verfassungswidrigkeit.
  • Änderung SGB II: Art 1 Nr. 38 (Seite 23): Begrenzung der Aufrechnung von 30 % auf 20 %, wenn eine Aufrechnung aus § 42a und 43 SGB II kombiniert wird. Vorher waren hier 30 % möglich
  • Änderung SGB II/SG B XII: Art 5 Nr. 5 + 15 (Seite 33/38 ff): Regelungen zur Fortschreibung der Regelbedarfe und Höhe der Regelleistungen und Festsetzung des persönlichen Schulbedarfes im Rahmen von BuT auf 116 € und 58 € = 174 € gesamt für das Jahr.
  • Änderung SGB XII: Art 5 Nr. 6, Änderung im SGB XII in § 35 Abs. 5 SGB XII (Seite 35): Berücksichtigung von “Alter und Gesundheitszustand” bei den KdU.
  • Änderung SGB XII: Art 5 Nr. 13 a. (Seite 38): Ehrenamt und Übungsleitereinkünften als Jahrespauschalen, vorher Monatsbeträge

Bislang keine Antwort

Ob die Einführung des Bürgergeldes nun verschoben wird, ist noch unklar. Seitens des Bundesarbeitsministeriums blieb die Bitte der BA bislang unbeantwortet.