Grad der Behinderung bei einer seelischen Behinderung โ€“ GdB-Tabelle 2025

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Seelische Leiden gelten in Deutschland ausdrรผcklich als mรถgliche Behinderungen, wenn sie dauerhaft die gesellschaftliche Teilhabe einschrรคnken.

Der MaรŸstab dafรผr ist der Grad der Behinderung, kurz GdB. Er wird nach den Grundsรคtzen der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) in Zehnerschritten von 20 bis 100 bemessen; ab 50 liegt eine Schwerbehinderung vor.

Gesetzliche Grundlagen und aktuelle Reformen

Rechtsquelle fรผr die Feststellung ist ยง 152 Sozialgesetzbuch IX. Die VersMedV-Anlage konkretisiert, wie Gutachterinnen und Gutachter funktionelle Beeintrรคchtigungen verschiedener Organsysteme โ€“ darunter โ€žNervensystem und Psycheโ€œ โ€“ gewichten.

Ein interdisziplinรคr besetzter Sachverstรคndigenbeirat beim Bundesarbeitsministerium aktualisiert die Regelungen fortlaufend; eine konsolidierte Fassung erschien Anfang 2025.

Parallel beeinflussen das Bundesteilhabegesetz sowie jรคhrliche Anpassungen des Einkommens- und Vermรถgensfreibetrags die Lebenssituation behinderter Menschen. So steigen die Freibetrรคge in der Eingliederungshilfe zum 1. Januar 2025 merklich an, was Betroffenen zusรคtzlichen Spielraum verschafft.

Tabelle: Grad der Behinderung bei einer seelischen Behinderung

Diese Tabelle zeigt, welcher Grad der Behinderung bei welcher Erkrankung in Frage kรคme.

Von der Diagnose zur Funktion: Wie der GdB entsteht

Entscheidend ist nicht der Name einer Stรถrung, sondern ihr AuswirkungsausmaรŸ. Gutachten wรผrdigen deshalb Dauer, Intensitรคt und Therapierbarkeit der Symptome sowie deren Folgen fรผr Selbstversorgung, Arbeitsleben, soziale Kontakte und Freizeitgestaltung. Leichte seelische Stรถrungen, etwa episodische Anpassungsreaktionen, werden in der Praxis selten รผber GdB 20 hinaus bewertet.

Mittelgradige Einschrรคnkungen โ€“ beispielsweise anhaltende Depressionen mit deutlich vermindertem Leistungsvermรถgen โ€“ erreichen typischerweise GdB 30 bis 40.

Schwere chronifizierte Erkrankungen mit gravierenden Teilhabedefiziten wie eine paranoide Schizophrenie oder eine komplexe posttraumatische Belastungsstรถrung fรผhren hรคufig zu GdB 50 bis 70; bei ausgeprรคgter Fremd- oder Selbstgefรคhrdung kann der Wert bis 100 reichen.

Feststellungsverfahren

Der Antrag auf Feststellung wird beim regionalen Versorgungs- oder Integrationsamt gestellt. Neben dem Formular sind รคrztliche Berichte beizufรผgen; Entlassungsbriefe psychiatrischer Kliniken, Verlaufsbefunde der niedergelassenen Fachรคrztin und psychotherapeutische Stellungnahmen erhรถhen die Aussagekraft. Das Amt holt bei Bedarf zusรคtzliche Gutachten ein.

Nach Akteneinsicht und Stellungnahmeยญfrist erlรคsst es einen Bescheid, gegen den Widerspruch und anschlieรŸend Klage zum Sozialgericht mรถglich sind. Die Bearbeitungszeit liegt derzeit im Schnitt bei sechs bis neun Monaten, in Ballungsrรคumen mit hoher Auslastung auch lรคnger.

Typische Einstufungen und ihre Begrรผndung

Bei rezidivierenden depressiven Stรถrungen orientiert sich die Bewertung an der Anzahl, Dauer und Schwere der Episoden. Ein chronischer Verlauf mit Residualsymptomen zwischen den Episoden spricht fรผr einen hรถheren GdB als ein einzelnes, gut behandeltes Ereignis. Angst- und Zwangsstรถrungen werden stรคrker gewichtet, wenn sie Alltagswege oder Erwerbstรคtigkeit fast unmรถglich machen.

Bipolare Stรถrungen erhalten hรถhere Werte, wenn ausgeprรคgte Manien mit Fremd- oder Selbstgefรคhrdung zu hรคufigen Klinikaufenthalten fรผhren. Autismus-Spektrum-Stรถrungen werden nach Kommunikations- und Interaktionsdefiziten eingestuft; bei ausgeprรคgtem Unterstรผtzungsbedarf ist ein GdB von 50 und mehr รผblich.

Begleitende somatische Erkrankungen oder Suchterkrankungen werden in einer Gesamtschau berรผcksichtigt, eine bloรŸe Addition der Einzelwerte ist gesetzlich ausgeschlossen.

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Nachteilsausgleiche und praktische Folgen

Ab GdB 20 besteht Anspruch auf den steuerlichen Behinderten-Pauschbetrag; ab 30 kann eine Gleichstellung mit Schwerbehinderten im Arbeitsrecht beantragt werden, was besonderem Kรผndigungsschutz und bevorzugter Einstellung dient.

Mit GdB 50 treten umfassende Schutzrechte in Kraft, darunter zusรคtzlicher Urlaub, erleichterter Kรผndigungsschutz, ein hรถherer Pauschbetrag und der Zugang zu bestimmten Rentenwegen.

Wer zugleich die Merkzeichen โ€žGโ€œ oder โ€žaGโ€œ erhรคlt, nutzt unentgeltliche Befรถrderung im Nahverkehr oder eine Parkerleichterung. Eine Schwerbehinderteneigenschaft wirkt sich zudem auf BAfรถG-Rรผckzahlungsmodalitรคten, Kindergeldverlรคngerungen und Wohngeldansprรผche aus; zahlreiche Leistungstrรคger haben ihre Regelungen 2025 erneut angepasst.

Kontroversen aktuelle Diskussionen

Betroffene kritisieren hรคufig die langen Verfahren, divergierende Gutachten und eine als starr empfundene Orientierung an Diagnosen, obwohl die VersMedV lรคngst funktional formuliert ist.

Sozialverbรคnde fordern mehr Schulung der Gutachterinnen und Gutachter, einheitliche digitale Aktenwege und die deutliche Verkรผrzung von Bearbeitungsfristen. Gewerkschaftliche Rechtsยญschutzstellen verweisen darauf, dass nach wie vor viele Anerkennungen erst im Widerspruchs- oder Klageverfahren korrigiert werden, insbesondere bei unspezifischen Persรถnlichkeits- und Belastungsstรถrungen.

Hinweise fรผr Betroffene und Angehรถrige

Wer einen Antrag vorbereitet, sollte den Krankheitsverlauf lรผckenlos dokumentieren, fremdanamnestische Berichte einholen, Therapie- und Reha-Ergebnisse zusammentragen und auch sozialpรคdagogische Stellungnahmen beifรผgen.

Ein Widerspruch lohnt sich, wenn die Begrรผndung im Bescheid ersichtlich Lรผcken aufweist oder die Auswirkungen nicht realistisch abbildet. Beratungsstellen der kommunalen Ergรคnzenden unabhรคngigen Teilhabeberatung, Verbรคnde wie die Lebenshilfe sowie spezialisierte Anwรคltinnen und Anwรคlte im Sozialrecht unterstรผtzen dabei.