Statt Hartz IV Vorschuss Ausgabe von Essenstüten

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Das Sozialforum zeigt Bielefelder Jobcenter an

19.12.2011

Weil das Jobcenter Bielefeld statt einem Hartz IV Vorschuss einem Antragsteller eine Essensration in Form einer Tüte ausgegeben hatte, stellte das örtliche Sozialforum einen Strafantrag bei der hiesigen Staatsanwaltschaft.

Die Initiative Sozialforum Bielefeld hat eine Strafanzeige gegen das Jobcenter gestellt. Hintergrund des Strafantrags ist die Weigerung der Behörde nach § 42 SGB I einem Antragsteller bei verlängerter Bearbeitung einen Vorschuss zu gewähren. Im konkreten Fall hatte ein 31Jähriger Mann einen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt. Als nach drei Wochen noch immer kein Bescheid eingegangen war, übergab ein Mitarbeiter der Behörde dem Betroffenen eine Essenstüte. “Das Jobcenter hat die Tüte ausgegeben, statt dem Mann einen Vorschuss zu zahlen.”, empört sich Elisabeth Reinhardt vom Sozialforum. Es gehe nicht darum, die Essensration dem Antragsteller zu missgönnen. Vielmehr solle die Staatsanwaltschaft überprüfen, ob der Straftatbestand einer „Untreue“ vorliege. Denn jeder Mensch in Deutschland habe in Notlagen einen Rechtsanspruch auf existenzsichernde Sozialleistungen. Man wolle mit der Anzeige die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen, dass das Jobcenter Bielefeld „rechtlich und menschlich fragwürdig handelt“, ergänzte Jörg-Heinrich Wild, ebenfalls Mitglied im örtlichen Sozialforum.

Erschwerend kommt hinzu, dass in der Tüte neben Cräckern sogenanntes Frühstücksfleisch aus Schweinefleisch enthalten war, der Mann aber aufgrund seines muslimischen Glaubens kein Schweinefleisch essen darf. Auf Nachfrage wurde dem Betroffenen lediglich gesagt, dass man darauf keinen Einfluss habe, weil man die Tüten nicht selbst packen würde.

Das Jobcenter ist sich keiner Schuld bewusst. Im Gegenteil, es sei üblich eine Lebensmitteltüte an Betroffene auszugeben, wenn der Antragsteller kein Geld mehr habe und über den Antrag noch nicht entschieden sei, so der Geschäftsführer Rainer Radloff gegenüber dem Regionalblatt „Neue Westfälische“. Nach eigenen Angaben würde die Behörde pro Jahr etwa 150 solcher Tüten an Bedürftige verteilen.

Es ist nicht neu, dass Jobcenter versuchen, Antragsteller im wahrsten Sinne des Wortes abzuspeisen, ohne einen Bargeld-Vorschuss ausgeben zu müssen. Vielerorts wird den Betroffenen gesagt, sie sollen sich an die Tafeln wenden, um dort Lebensmittel zu erhalten. Nicht einmal Lebensmittelgutscheine werden verteilt, weil dadurch automatisch die Verpflichtung für die Behörde entsteht, die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung zu übernehmen. Da aber die Bielefelder Tafel laut eigenen Angaben nur Betroffene versorgt, die einen entsprechenden Nachweis in Form eines Bescheides (ALG II Bescheid, Rentennachweis etc) vorlegen können, drängt sich der Verdacht auf, dass das Jobcenter in Bielefeld nunmehr Tüten ausgibt, weil ein Abweisen mit dem Hinweis der Armenspeisung bei den Tafeln nicht möglich ist. Von Seiten der Staatsanwaltschaft liegt derzeit keine Stellungnahme vor. (sb)

Bild: A. R. / pixelio.de