Städte in der Armutsfalle: Arm wird ärmer, reich wird reicher

Lesedauer 2 Minuten

Jetzt ist es offiziell: Die Schere zwischen arm und reich geht in Deutschland immer weiter auf. Viele Hartz IV-Bezieher merken das am eigenen Leib. Wer einmal in der Armutsfalle steckt, kann sich aus eigener Kraft kaum wieder herausarbeiten, weil die Strukturen das gar nicht erlauben. Das gleiche gilt auf Städteebene, das hat die Bertelsmann-Stiftung in einer Studie jetzt bewiesen.

Deutschland geht es prima – nur bei den Armen kommt nichts davon an

Man hört ja immer überall, dass die Konjunktur in Deutschland so stabil ist, nur kommt dabei bei den armen Städten und damit auch bei den Bewohnern dieser Städte nichts an. Stattdessen entwickelt sich die Lage immer weiter auseinander. Sie reichen Städte boomen, die armen profitieren aber nicht. Die Bertelsmann-Studie sieht dafür unterschiedliche Gründe: Die Städte sind verschuldet, dort leben viele arme Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind und die Haushaltsdefizite sind riesig. Reiche Städte hingegen verwandeln die gute Konjunktur in bare Münze.

Die Studie verglich die zehn ärmsten und die zehn reichsten Städte Deutschlands über sieben Jahre miteinander. Das traurige Ergebnis: Die armen Städte machten in diesen sieben Jahren ein Minus von einer Milliarde Euro, die reichen Städte machten ein Plus von rund 3,6 Milliarden. Das bedeutet für die Menschen in den armen Städten, dass sie weniger Chancen haben – in jeder Hinsicht. Wer in einer armen Gegend lebt, hat viel schlechtere Perspektiven.

Fünf der ärmsten Städte sind im Ruhrgebiet

Ausbildungsmöglichkeiten sind schlecht, Jobs gibt es auch keine. Die Verteilung der armen Städte macht deutlich: Die Städte sind nicht aus eigener Schuld arm, sie gehören zu den Verlierern des Strukturwandels und keiner hat sich die Mühe gemacht, dort tragfähige Perspektiven zu entwickeln. Die Menschen werden einfach abgehängt und in Hartz IV abgedrängt. Denn unter den ärmsten zehn Städten sind gleich fünf Ruhrgebietsstädte: Gelsenkirchen, Essen, Herne, Duisburg und Dortmund. Wo die reichsten Städte liegen, wissen Sie sicher schon: In Bayern (Spitzenreiter ist München) und Baden-Württemberg.

Bund muss mehr Hartz IV zahlen

Bertelsmann-Forscher René Geißler sieht nur eine Möglichkeit, die klammen Kommunen zu retten: Der Bund muss seinen Anteil an den Hartz IV-Zahlungen erhöhen. Im Moment zahlen die Städte die Hälfte, der Bund die anderen 50 %. Er empfiehlt, den Anteil auf 70 % hochzusetzen. Denn wenn ein Großteil des städtischen Haushalts in Sozialleistungen fließt, ist weniger Geld für andere städtische Aufgaben übrig – wie beispielsweise Schulen gut auszustatten, so dass junge Leute gut ausgebildet werden und später gute Jobs finden können. Geißler sagt: aus eigener Kraft können diese Städte ihre Kassenkredite nicht abtragen.

Der Unterschied zwischen den armen und reichen Städten zeigt sich aber nicht nur bei den Sozialausgaben. Auch die Steuereinnahmen sprudeln in den reichen Städten während sie in den armen Städten eher tröpfeln. Beispiel gefällig: Im Schnitt zahlt jeder einzelne Einwohner in München siebenmal so viel Geld an den Fiskus wie in Mansfeld-Südharz.