Wer seinen Job kündigt, muss mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld rechnen. Aber auch bei einer Eigenkündigung oder nach Aufhebungsverträgen kann eine Sperre beim Arbeitslosengeld oder Bürgergeld vermieden werden. Hierzu haben wir den Rechtsanwalt Christian Lange befragt, der auch Fachanwalt für Arbeitsrecht ist.
Was bedeutet eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld?
Eine Sperrzeit führt dazu, dass Betroffene 12 Wochen lang kein Arbeitslosengeld erhalten. Die Sperre kann sogar auf maximal 6 Monate verlängert werden.
Dies gilt, wenn der Anspruch durch eine Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag selbst herbeigeführt wurde, ohne dass ein „wichtiger Grund“ vorliegt.
Zudem verkürzt sich der Gesamtleistungszeitraum des Arbeitslosengeldes um ein Viertel der Bezugsdauer. Bei einem Anspruch von einem Jahr würden also insgesamt drei Monate fehlen, was erhebliche finanzielle Einbußen bedeutet.
Warum gibt es die Sperrzeit?
Die Sperrzeit soll verhindern, dass die Arbeitslosenversicherung belastet wird, wenn jemand seine Arbeitslosigkeit selbst verursacht. Die gesetzliche Grundlage findet sich im Sozialgesetzbuch III (SGB III), das regelt, unter welchen Bedingungen Arbeitslosengeld gezahlt wird und wie mit Fällen umzugehen ist, in denen Versicherte „versicherungswidriges Verhalten“ an den Tag legen.
Dies bedeutet, dass sie ihre Arbeitslosigkeit entweder vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben, beispielsweise durch eigene Kündigung oder einvernehmliche Aufhebungsverträge.
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Welche Voraussetzungen führen zu einer Sperrzeit?
Eine Sperrzeit tritt ein, wenn der Arbeitnehmer selbst das Beschäftigungsverhältnis beendet und dabei keinen wichtigen Grund nachweisen kann. Dazu zählen vor allem Fälle, in denen:
- der Arbeitnehmer selbst kündigt oder
- ein Aufhebungsvertrag unterzeichnet wird.
In beiden Fällen wird davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer vorsätzlich gehandelt und seine Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt hat. Die Sperrzeit tritt dann in Kraft, sofern kein „wichtiger Grund“ vorliegt. Die Definition eines wichtigen Grundes ist dabei entscheidend.
Was gilt als „wichtiger Grund“?
Ein wichtiger Grund, der eine Sperrzeit umgehen kann, muss überzeugend und nachweisbar sein. Dazu gehören beispielsweise:
- Gesundheitliche Gründe: Wenn die Arbeit aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr ausgeführt werden kann, kann dies als wichtiger Grund gelten. Hierfür ist jedoch ein ärztliches Attest erforderlich.
- Neuer Arbeitsvertrag: Wer einen neuen Arbeitsvertrag vorweisen kann, der den bisherigen Job ersetzt, könnte eine Sperrzeit vermeiden. Sollte der neue Job später scheitern, kann dennoch eine Arbeitslosengeldzahlung erfolgen.
Ein „wichtiger Grund“ erfordert jedoch eine detaillierte Prüfung und klare Beweise, warnt der Anwalt. “Besonders ärztliche Atteste müssen stichhaltig sein und dürfen keine Gefälligkeitsbescheinigungen sein. Andernfalls kann es zu erheblichen Schwierigkeiten in einem potenziellen Widerspruchsverfahren kommen.”
Welche Fehler führen häufig zu einer Sperrzeit?
Viele Arbeitnehmer unterzeichnen Aufhebungsverträge oder kündigen aus Unzufriedenheit, ohne die rechtlichen Folgen ausreichend zu prüfen. Typische Fehlannahmen sind:
- Unzureichende Beratung: Häufig werden Verträge unter Zeitdruck unterzeichnet, ohne eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen.
- Unzureichender Nachweis eines wichtigen Grundes: Selbst wenn gesundheitliche Probleme vorliegen, sind unzureichende Atteste oder eine lückenhafte Dokumentation problematisch.
- Falsches Vertrauen in „wichtige Gründe“: Subjektive Empfindungen wie „keine Lust auf den Job“ oder der Wunsch nach einem höheren Gehalt sind keine anerkannten Gründe für eine Kündigung ohne Sperrzeit.
Warum lohnt sich eine Kündigungsschutzklage?
Ein häufiger Tipp ist es, den Kündigungsschutz „zu verkaufen“. Dies bedeutet, durch eine Kündigungsschutzklage oder Vergleich ein Abfindungsangebot vom Arbeitgeber zu erhalten.
Bei einer gerichtlichen Klärung über einen Vergleich wird davon ausgegangen, dass keine Sperrzeit verhängt wird.
Es gibt eine interne Anweisung der Bundesagentur für Arbeit, dass in solchen Fällen eine Sperrzeit vermieden werden soll. Ein solcher Vergleich kann somit eine Möglichkeit sein, finanzielle Nachteile und Sperrzeiten zu verhindern.
Sollte man einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen?
In den meisten Fällen ist es ratsam, keinen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen, ohne sich vorher umfassend rechtlich beraten zu lassen. “Ein Aufhebungsvertrag führt oft zu Nachteilen, da er die Voraussetzungen für eine Sperrzeit in der Regel erfüllt.”
Wenn ein Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag anbietet, kann es sinnvoller sein, stattdessen auf eine betriebsbedingte Kündigung zu warten und gegebenenfalls eine Kündigungsschutzklage anzustreben. Hierdurch bleibt nicht nur der Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehen, sondern es besteht auch die Möglichkeit, eine Abfindung zu erzielen.
Keine voreiligen Entscheidungen
Der Entschluss zur Eigen-Kündigung oder zum Aufhebungsvertrag sollte gut durchdacht sein. Arbeitsrechtliche und finanzielle Aspekte müssen abgewogen und rechtliche Beratung sollte in Anspruch genommen werden.
“Ein falscher Schritt kann erhebliche finanzielle Nachteile bedeuten, die vermeidbar gewesen wären. Vor jeder Unterschrift und vor jeder Kündigung lohnt sich daher der Anruf bei einem Fachanwalt oder eine detaillierte Beratung, um sicherzustellen, dass die Entscheidung keine unangenehmen Konsequenzen hat.”
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.