Ob Arbeitslosigkeit die Rente schmรคlert oder beinahe neutral bleibt, entscheidet sich an zwei Stellen der Rentenformel: Zum einen daran, ob in dieser Zeit Pflichtbeitrรคge in die gesetzliche Rentenversicherung flieรen und damit Entgeltpunkte entstehen.
Zum anderen daran, ob die Monate fรผr wichtige Wartezeiten zรคhlen, etwa fรผr die Altersrente fรผr langjรคhrig (35 Jahre) oder besonders langjรคhrig Versicherte (45 Jahre). Maรstab fรผr die Rentenhรถhe ist der sogenannte aktuelle Rentenwert, der seit dem 1. Juli 2025 bundeseinheitlich 40,79 Euro pro Entgeltpunkt betrรคgt.
Inhaltsverzeichnis
Arbeitslosengeld I: Pflichtbeitrรคge โ aber auf reduzierter Basis
Wรคhrend des Bezugs von Arbeitslosengeld I (ALG I) zahlt die Agentur fรผr Arbeit Pflichtbeitrรคge in die Rentenversicherung. Bewertet wird dabei nicht Ihr frรผhere voller Verdienst, sondern 80 Prozent des dem ALG I zugrunde liegenden Arbeitsentgelts. Das bedeutet: Pro ALG-I-Jahr entstehen grundsรคtzlich 20 Prozent weniger Entgeltpunkte als in einem Beschรคftigungsjahr mit demselben frรผheren Verdienst.
Bรผrgergeld/ALG II: Anrechnungszeit statt Rentenpunkten
Anders sieht es beim Bรผrgergeld (frรผher ALG II) aus: Seit 2011 zahlen Jobcenter hierfรผr keine Rentenbeitrรคge mehr. Diese Monate gelten rentenrechtlich zwar als Anrechnungszeiten und helfen damit u. a. beim Erreichen bestimmter Wartezeiten, erhรถhen die Rentenhรถhe aber in der Regel nicht, weil keine eigenen Entgeltpunkte entstehen. Wer Bรผrgergeld bezieht, sollte daher besonders auf Lรผcken im Versicherungsverlauf achten.
Zรคhlen die zwei Jahre fรผr โ35โ und โ45โ? Die Wartezeiten-Falle
Fรผr die Altersrente fรผr langjรคhrig Versicherte zรคhlen Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit (inklusive Zeiten ohne Leistungsbezug, wenn man arbeitslos gemeldet ist) grundsรคtzlich zur 35-Jahre-Wartezeit. Fรผr die abschlagsfreie Altersrente fรผr besonders langjรคhrig Versicherte (45 Jahre) werden Zeiten mit ALG I grundsรคtzlich berรผcksichtigt โ mit einer wichtigen Ausnahme: Liegen sie in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn, zรคhlen sie nur dann mit, wenn die Arbeitslosigkeit auf Insolvenz oder vollstรคndige Betriebsaufgabe beruht. Bรผrgergeld/ALG II wird fรผr die 45-Jahre-Wartezeit nicht angerechnet.
Gemeldet sein ist Gold wert
Wer keinen Anspruch auf Leistungen hat, sollte sich dennoch bei der Agentur fรผr Arbeit arbeitslos melden. Nur dann werden diese Monate als Anrechnungszeit gefรผhrt โ das kann spรคter entscheidend sein, um Wartezeiten zu erfรผllen oder Lรผcken zu vermeiden.
Zwei Jahre Arbeitslosigkeit โ so wirkt das in Euro
Wie stark zwei Jahre Arbeitslosigkeit Ihre spรคtere Rente beeinflussen, hรคngt vom konkreten Verlauf ab:
Fall 1: Zwei Jahre komplett mit ALG I
Bei einem frรผheren Durchschnittsverdienst entstehen durch die 80-Prozent-Bewertung rund 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr. Zwei Jahre ALG I bringen damit etwa 1,6 Entgeltpunkte. Multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert ergibt das rund 65,26 Euro Bruttorente pro Monat.
Zum Vergleich: Zwei Jahre Beschรคftigung mit Durchschnittsverdienst ergรคben etwa 2,0 Entgeltpunkte bzw. rund 81,58 Euro pro Monat. Der โPreisโ der Arbeitslosigkeit in diesem Beispiel lรคge also bei rund 16,32 Euro Monatsrente.
Die Logik bleibt gleich, wenn Ihr frรผherer Verdienst unter oder รผber dem Durchschnitt lag: Bei 80 Prozent des Durchschnitts wรคren es รผber zwei Jahre rund 52,21 Euro; bei 120 Prozent rund 78,32 Euro.
Fall 2: Ein Jahr ALG I, ein Jahr Bรผrgergeld oder ungemeldete Arbeitslosigkeit
Das ALG-I-Jahr erzeugt bei frรผherem Durchschnittsverdienst etwa 0,8 Entgeltpunkte und damit rund 32,63 Euro Monatsrente. Das Bรผrgergeld-Jahr bringt in der Regel keine zusรคtzlichen Entgeltpunkte; es zรคhlt aber โ sofern arbeitslos gemeldet โ als Anrechnungszeit fรผr die 35-Jahre-Wartezeit.
Fall 3: Zwei Jahre Bรผrgergeld oder ungemeldete Arbeitslosigkeit
Hier entstehen typischerweise keine Entgeltpunkte. Fรผr die 35-Jahre-Wartezeit kรถnnen die Monate als Anrechnungszeit zรคhlen, fรผr die 45-Jahre-Wartezeit jedoch nicht. Wer darรผber hinaus nicht gemeldet ist, riskiert echte Lรผcken im Versicherungsverlauf, die weder fรผr Wartezeiten zรคhlen noch bewertet werden.
Kurz vor der Rente: Der heikle Zeitraum
Besonders sensibel sind die letzten 24 Monate vor dem gewรผnschten Rentenbeginn. ALG-I-Zeiten in diesem Fenster werden โ wie beschrieben โ fรผr die 45-Jahre-Wartezeit nur in Ausnahmefรคllen berรผcksichtigt.
Wer kurz vor der Rente arbeitslos wird und noch Monate zur 45-Jahre-Wartezeit braucht, sollte deshalb prรผfen, ob rentenversicherungspflichtige Beschรคftigung โ auch im kleinen Umfang โ die bessere Option ist.
Wege, um Nachteile abzufedern
Wer wรคhrend der Arbeitslosigkeit arbeitet, etwa im Minijob, ist seit 2013 grundsรคtzlich rentenversicherungspflichtig und erwirbt dadurch Pflichtbeitragszeiten und Entgeltpunkte โ es sei denn, man hat sich ausdrรผcklich von der Versicherungspflicht befreien lassen. Solche Zeiten zรคhlen auch fรผr die 45-Jahre-Wartezeit.
Alternativ kรถnnen freiwillige Beitrรคge helfen, Lรผcken zu schlieรen und die Rentenhรถhe zu steigern; sie sind besonders nรผtzlich, wenn Monate sonst unbewertet blieben. Fristen und Mรถglichkeiten erlรคutert die Deutsche Rentenversicherung in ihren aktuellen Hinweisen.
Frรผhverrentung aus dem Bรผrgergeld-Bezug
Jobcenter kรถnnen รคltere Bรผrgergeld-Beziehende unter Umstรคnden dazu drรคngen, eine vorgezogene Altersrente mit Abschlรคgen zu beantragen. Das sichert zwar den Lebensunterhalt, senkt aber die lebenslange Rente. Wer betroffen ist, sollte sich zwingend rentenrechtlich beraten lassen und Alternativen prรผfen.
Fazit: Zwei Jahre sind nicht gleich zwei Jahre
Fรผr die Rentenbiografie macht es einen erheblichen Unterschied, ob die zwei Jahre mit ALG I und Pflichtbeitrรคgen oder mit Bรผrgergeld ohne Beitragszahlung verbracht werden, ob die Arbeitslosigkeit gemeldet ist und in welcher Phase des Erwerbslebens sie liegt.
In Zahlen heiรt das: Zwei ALG-I-Jahre bringen โ bei frรผherem Durchschnittsverdienst โ rund 65 Euro monatliche Bruttorente; zwei Jahre Bรผrgergeld typischerweise 0 Euro, helfen aber bei der 35-Jahre-Wartezeit. Wer kurz vor dem Ruhestand steht, muss zudem die 24-Monats-Regel zur 45-Jahre-Wartezeit im Blick behalten.
In allen Konstellationen gilt: Konto klรคren, Zeiten melden, und โ wenn mรถglich โ mit versicherungspflichtiger Beschรคftigung oder freiwilligen Beitrรคgen gegensteuern.