Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben das Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben, und der Arbeitgeber muss sie besonders unterstützen, unter anderem durch die Möglichkeit einer behindertengerechten Beschäftigung. Dem sind allerdings Grenzen gesetzt, wenn solche Stellen nicht vorhanden sind, und / oder die Qualifikation des Betroffenen nicht ausreicht. So entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland Pfalz (5 Sa 124/15)
Inhaltsverzeichnis
Arbeit als Koch wegen Blindheit nicht mehr möglich
Der Betroffene erblindete 2009. Er hatte zuvor neun Jahre bei den US-Streitkräften als Koch gearbeitet, doch dies war durch den Verlust der Sehkraft nicht mehr möglich. Er schulte als Bürofachkraft um und bewarb sich nach dem erfolgreichen Abschluss bei mehreren Stellen der US-Army. Doch dies blieb ohne Erfolg.
Klage auf behindertengerechten Arbeitsplatz
Der Ex-Koch reichte Klage ein vor dem Arbeitsgericht Trier. Er beantragte eine Beschäftigung als technischer Angestellter in der Leistungskontrolle oder eine Stelle in Bereichen wie Einkauf, Materialverwaltung oder Telekommunikation. Doch das Gericht wies die Klage ab, und deshalb legte er Berufung ein vor dem Landesarbeitsgericht.
Klage zum Großteil unzulässig
Das Landesarbeitsgericht erklärte die Klage in weiten Teilen für unzulässig, denn nach Auffassung der Richter hatte der Kläger sich nicht ausreichend mit den Beurteilungen des Arbeitsgerichts zu den einzelnen Stellen auseinandergesetzt. Lediglich im Bereich der Materialverwaltung erklärten die Richter die Klage für zulässig, aber dennoch als unbegründet.
Warum war die Klage unbegründet?
Unbegründet sei die Klage, weil dem Betroffenen für mögliche Stellen in der Materialverwaltung die Qualifikation fehle. So sei dort eine einschlägige Berufserfahrung gefordert, die er nicht habe. Außerdem gebe es keine freien Stellen in diesem Bereich.
Behindertengerecht bedeutet keine zusätzliche Stelle
Die Richter stellten klar, dass ein Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, bestehende Stellen freizukündigen oder einen zusätzlichen Arbeitsplatz zu schaffen, um einem Menschen mit Behinderung eine Beschäftigung zu bieten.
Fehlende Qualifikation
Auch eine vom Kläger geforderte Beschäftigung in der Telefonzentrale sah das Gericht nicht als möglich an. Dafür fehlten dem Betroffenen die notwendigen EDV-Kenntnisse und nachgewiesene gute Englischkenntnisse.
Zudem sei unklar, ob die Deutsche Rentenversicherung die hohen Kosten für eine blindengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes übernehmen würde – insbesondere, weil die Stelle befristet war.
Was bedeutet das Urteil für Betroffene?
Das Urteil zeigt, dass es zwar grundsätzlich einen Anspruch auf behindertengerechte Beschäftigung gibt für Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung. In der Praxis ist dies aber für Betroffene mit hohen Hürden verbunden.
Eine solche Stelle muss nämlich erst einmal vorhanden sein, denn der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, sie neu zu schaffen.
Außerdem müssen Sie auch mit einer Schwerbehinderung für die entsprechende Stelle qualifiziert sein. Eine behindertengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes muss finanzierbar sein, und trotz einer Umschulung oder einer Zusatzausbildung können Ihnen Steine im Weg liegen, die Sie vielleicht nicht im Blick haben. In diesem Fall waren das fehlende Sprachkenntnisse und eine fehlende Berufserfahrung.
Bei einem von Ihnen begehrten Arbeitsplatz müssen Sie erstens nachweisen, warum Sie dafür qualifiziert sind und zweitens, warum die behindertengerechte Beschäftigung für den Arbeitgeber zumutbar ist.