Schwerbehinderung: Zu wenig und zu teure behindertengerechte Toiletten an Bahnhöfen

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Die Linke fragte im Rahmen einer kleinen Anfrage die Bundesregierung, ob es für schwerbehinderte Menschen an deutschen Bahnhöfen genügend barrierefreie Toiletten gibt.

Die Antworten der Bundesregierung zeigen vielfach Defizite, die für Menschen mit Behinderungen schwerwiegend sein können.

Warum sind barrierefreie Toiletten wichtig?

Barrierefreie Toiletten sind eine eine Voraussetzung für die Teilhabe am öffentlichen Leben.

Die UN-Behindertenrechtskonvention, die auch Deutschland ratifiziert hat, fordert beispielsweise, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu allen Bereichen des öffentlichen Lebens haben. Dies umfasst selbstverständlich auch den Zugang zu sanitären Einrichtungen an deutschen Bahnhöfen.

Wie viele barrierefreie Toiletten gibt es in Deutschland?

Die Anfrage der Linken zeigt nun, dass der Zustand der Toilettenanlagen an deutschen Bahnhöfen eher besorgniserregend ist.

Laut Angaben der Bundesregierung befinden sich nämlich an lediglich “141 Bahnhofsstandorten barrierefreie Toilettenanlagen, die vermietet und kostenpflichtig sind”.

Die Nutzungsgebühr betrage “in der Regel 1 Euro”. Das ist eine Hürde für Menschen, insbesondere dann, wenn Betroffene mit einem geringen Einkommen auskommen müssen.

Erschwerend kommt hinzu, dass an vielen Bahnhöfen, insbesondere an solchen in kleineren Städten, überhaupt keine Toilettenanlagen für Menschen mit einer Schwerbehinderung vorhanden sind.

Dies trifft laut Antwort der Bundesregierung besonders auf Bahnhöfe niedrigerer Preisklassen zu.

Was ist aus dem Projekt “Toiletten für alle” geworden?

Ein besonders kritischer Punkt ist die sogenannte “Toilette für alle”, die neben der Barrierefreiheit auch über eine höhenverstellbare Pflegeliege und einen Personenlifter verfügt.

Diese Einrichtungen sind wichtig für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen, da sie den Wechsel von Inkontinenzeinlagen ermöglichen.

Die Antwort der Bundesregierung zeigt nun, dass solche Toiletten in Deutschland kaum vorhanden sind.

Lediglich “in wenigen ausgewählten Pilotprojekten, wie etwa am Hauptbahnhof Köln, werden solche Toiletten getestet”, so die Bundesregierung in ihrer Antwort.

Welche Maßnahmen will die Bundesregierung zur Verbesserung umsetzen?

Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort auf die Zuständigkeit der Länder und der Deutschen Bahn AG (DB AG) sowie auf bestehende Programme zur Verbesserung der Barrierefreiheit.

Diese Programme sollen bei Neubauten und Sanierungen von Bahnhöfen barrierefreie Toiletten nachzurüsten.

Konkrete gesetzliche Verpflichtungen oder zielgerichtete Maßnahmen zur flächendeckenden Verbesserung der Situation werden jedoch nicht in Aussicht gestellt.

Die Bundesregierung sieht in den geltenden Bauvorschriften der Länder und in den bisherigen Bemühungen der DB AG ausreichende Schritte, um die Situation von behinderten Menschen zu verbessern, auch wenn die Zahlen eine andere Sprache sprechen.

Warum gibt es keine flächendeckende gesetzliche Regelung?

Die Frage nach einer flächendeckenden gesetzlichen Regelung, die Betreiber von Bahnhöfen zur Bereitstellung barrierefreier Toiletten verpflichten könnte, wird von der Bundesregierung eher zurückhaltend beantwortet.

Die Zuständigkeit für Bauvorschriften liege bei den Bundesländern, und die Unterschiede in den regionalen Regelungen erschwerten eine einheitliche Vorgehensweise.

Zudem wird darauf hingewiesen, dass Bahnhöfe in dieser Hinsicht nicht anders zu behandeln seien als andere Einrichtungen des öffentlichen Lebens, wie etwa Sportstadien oder Kaufhäuser.

Dies erscheint jedoch fragwürdig, da die Mobilität und die öffentliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gerade im Bereich des öffentlichen Verkehrs besonders wichtig ist.

1 Euro Gebühr für die Benutzung

Die Frage nach der Gebühr für die Nutzung von öffentlichen Toiletten wurde ebenfalls von der Linken angefragt.

Die Bundesregierung sieht in der Erhebung einer geringen Gebühr, wie den oft üblichen 50 Cent oder 1 Euro, kein grundsätzliches Problem.

Diese Gebühren seien in vielen öffentlichen Einrichtungen Standard und dienten auch dem Schutz vor Vandalismus.

Für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, die den sogenannten Euroschlüssel besitzen, sind bestimmte barrierefreie Toiletten jedoch gebührenfrei zugänglich.

Quelle: Kleine Anfrage der Linken an die Bundesregierung