Schwerbehinderung: Wann gilt der besondere Kündigungsschutz?

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Schwerbehinderte Menschen sind durch spezielle gesetzliche Vorschriften vor unberechtigter Kündigung geschützt. Dieser besondere Kündigungsschutz ist in § 168 SGB IX festgelegt. Hier wird bestimmt, dass die Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters grundsätzlich nur mit der vorherigen Zustimmung des zuständigen Integrationsamts erfolgen darf.

Dies gilt unabhängig davon, ob die Kündigung personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt ist. Ohne diese Zustimmung ist die Kündigung rechtsunwirksam. Eine nachträgliche Zustimmung durch das Integrationsamt ist nicht möglich.

Für wen gilt der besondere Kündigungsschutz?

Dieser Schutz greift bei Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 sowie bei Personen, die schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind. Die Schwerbehinderung oder Gleichstellung muss zum Zeitpunkt der Kündigung nachgewiesen oder ein entsprechender Antrag mindestens drei Wochen vor der Kündigung gestellt worden sein.

Wichtig: Die Anträge auf Feststellung der Schwerbehinderung oder Gleichstellung können gleichzeitig bei den zuständigen Stellen, wie dem Versorgungsamt oder der Bundesagentur für Arbeit, eingereicht werden.

Ausnahmen vom besonderen Kündigungsschutz

Der besondere Kündigungsschutz gilt nicht in allen Fällen. Beispielsweise ist er während der Probezeit nur bedingt anwendbar. Eine Zustimmung vom Integrationsamt ist innerhalb der ersten 6 Monate nicht notwendig. Es gilt aber, dass der Arbeitgeber vor der Kündigung Präventionsmaßnahmen einleiten muss, damit die Kündigung Bestand hat.

In besonderen Konstellationen, wie bei einer Betriebsauflösung oder Insolvenz, bestehen Einschränkungen. Hier kann das Integrationsamt dazu verpflichtet sein, die Zustimmung zur Kündigung zu erteilen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Wie entscheidet das Integrationsamt über die Zustimmung zur Kündigung?

Das Integrationsamt prüft jede Kündigung individuell und trifft seine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei wird untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen der Behinderung und der Kündigung besteht und ob alle zumutbaren präventiven Maßnahmen ergriffen wurden, um den Arbeitsplatz des Betroffenen zu erhalten.

Zu diesen Maßnahmen gehören unter anderem Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder Unterstützungsleistungen durch Rehabilitationsträger.

Im Entscheidungsprozess hört das Integrationsamt den betroffenen Arbeitnehmer an und holt Stellungnahmen von relevanten Gremien wie dem Betriebs- oder Personalrat sowie der Schwerbehindertenvertretung (SBV) ein.

Bei Betriebsauflösungen oder Insolvenzen ist der Entscheidungsspielraum des Integrationsamts eingeschränkt, und die Zustimmung zur Kündigung muss unter bestimmten Bedingungen erteilt werden.

Die Rolle der Schwerbehindertenvertretung (SBV)

Die SBV spielt eine zentrale Rolle im Kündigungsprozess. Vor der Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters ist der Arbeitgeber verpflichtet, die SBV umfassend zu unterrichten und anzuhören. Diese hat die Möglichkeit, sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch dem Integrationsamt Stellung zu beziehen.

Eine fundierte Stellungnahme sollte:

  • Den Sachverhalt aus Sicht des Betroffenen darstellen.
  • Mögliche Zusammenhänge zwischen der Kündigung und der Behinderung aufzeigen.
  • Konkrete Alternativen zur Kündigung vorschlagen, z. B. alternative Beschäftigungsmöglichkeiten.
  • Die ergriffenen präventiven Maßnahmen des Arbeitgebers analysieren und gegebenenfalls weitere Vorschläge machen.
  • Die berufliche und persönliche Situation des Betroffenen bewerten, insbesondere in Hinblick auf dessen Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Die SBV sollte alle relevanten Informationen zusammenfassen, um sowohl dem Integrationsamt als auch dem Arbeitgeber eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten.

Welche Optionen bestehen bei Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung?

Sollte das Integrationsamt der Kündigung zustimmen, besteht für den betroffenen Arbeitnehmer die Möglichkeit, rechtliche Schritte einzuleiten. Innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung kann Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden.

Diese Frist ist zwingend einzuhalten, da die Kündigung andernfalls als wirksam gilt.

Das Arbeitsgericht prüft, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist und alle rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Parallel dazu kann auch gegen die Zustimmung des Integrationsamts Widerspruch eingelegt oder eine Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden.

Empfehlungen für Betroffene und SBV

Betroffene sollten bei Problemen am Arbeitsplatz frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung hinzuziehen und sich umfassend beraten lassen. Für die SBV ist es entscheidend, ihre Rechte und Pflichten genau zu kennen, um effektiv handeln zu können.