Menschen mit einer anerkannten Behinderung stehen im Alltag und finanziell häufig vor besonderen Herausforderungen. Die steuerliche Situation ist dabei nicht immer selbsterklärend.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um Aufwendungen im Rahmen der Steuererklärung zu berücksichtigen und dadurch Steuern zu sparen. Eine genaue Kenntnis der passenden Freibeträge, Pauschalen und Nachweisregeln ist dafür unerlässlich.
Behinderten-Pauschbetrag: Zentrale Entlastung bei der Einkommensteuer
Der sogenannte Behinderten-Pauschbetrag stellt für viele Betroffene den wichtigsten Ansatzpunkt dar. Er erlaubt es, je nach Grad der Behinderung (GdB), einen festen Betrag pro Jahr von der Steuer abzuziehen, ohne sämtliche einzelnen Kosten detailliert nachweisen zu müssen.
Seit dem Steuerjahr 2021 reicht bereits ein GdB von 20, um diese Pauschale in Anspruch nehmen zu können. Die Höhe des Pauschbetrags richtet sich nach dem jeweiligen Behinderungsgrad und steigt mit höherem GdB:
- GdB 20: 384 Euro pro Jahr
- GdB 50 (Beispiel): 1.140 Euro pro Jahr
- GdB 100: 2.840 Euro pro Jahr
- Spezieller Höchstbetrag von 7.500 Euro: Gilt für Personen, die als gehörlos, blind oder hilflos eingestuft sind
Diese Pauschalen decken grundlegende Mehrausgaben aufgrund der Behinderung ab. Sie werden in der Steuererklärung an passender Stelle eingetragen, ohne dass dafür Einzelnachweise über medizinische Behandlungen oder Hilfsmittel erforderlich sind.
Übersicht Behinderten-Pauschbetrag:
GdB / Merkzeichen |
Behinderten- Pauschbetrag |
Fahrtkosten- Pauschbetrag |
Pflege- Pauschbetrag |
Summe |
GdB 20 | 384€ | – | – | 384€ |
GdB 30 | 620€ | – | – | 620€ |
GdB 40 | 860€ | – | – | 860€ |
GdB 50 | 1.140€ | – | – | 1.140€ |
GdB 60 | 1.440€ | – | – | 1.440€ |
GdB 70 | 1.780€ | – | – | 1.780€ |
GdB 80 | 2.120€ | 900€ | – | 3.020€ |
GdB 90 | 2.460€ | 900€ | – | 3.360€ |
GdB 100 | 2.840€ | 900€ | – | 3.740€ |
“aG” | ja, gemäß GdB | 4.500€ | ja, wie Pflegegrad* | mind. 4.500 € |
“Bl” od. “TBl” | 7.400€ | 4.500€ | ja, wie Pflegegrad* | mind. 11.900 € |
“H” | 7.400€ | 4.500€ | 1.800€ | 13.700€ |
Pflegegrad 2 | – | – | 600 € | 600,00€ |
Pflegegrad 3 | – | – | 1.100 € | 1.100,00€ |
Pflegegrad 4 od. 5 | 7.400,00€ | 4.500,00€ | 1.800,00€ | 13.700,00€ |
Außergewöhnliche Belastungen: Alternative zu Pauschbeträgen
Wenn die tatsächlichen Kosten im Kontext der Behinderung den Pauschbetrag übersteigen, kann alternativ alles, was darüber hinausgeht, als außergewöhnliche Belastung abgesetzt werden. Dafür ist ein genauer Nachweis jedes einzelnen Kostenpunkts nötig. Typische Positionen sind:
- Arzt und Behandlungskosten
- Brillen, Sehhilfen und Hörgeräte
- Fahrtkosten zu Ärzten oder Therapien
- Krankengymnastik und weitere Heilbehandlungen
- Medikamente
- Andere medizinisch notwendige Hilfsmittel
Steuerlich gelten nur jene Aufwendungen, die selbst bezahlt wurden und nicht von Kranken- oder Pflegeversicherung oder anderen Trägern übernommen werden. Zudem mindert der sogenannte zumutbare Eigenanteil den absetzbaren Betrag. Dieser Eigenanteil hängt vom Familienstand, der Anzahl der Kinder und der Höhe des Einkommens ab.
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Als Beispiel kann eine individuelle Belastungsgrenze von 792 Euro dienen, die in einem fiktiven Fall zur Anwendung kommt. Erst sobald die tatsächlichen Kosten diese Grenze übersteigen, ergeben sich steuerliche Vorteile durch die Anrechnung als außergewöhnliche Belastungen.
Behinderungsbedingte Fahrtkosten: Wann greift die Pauschale?
Neben der allgemeinen Behindertenpauschale wurde für Fahrten ein eigenes Entlastungsmodell geschaffen. Wer aufgrund der Behinderung regelmäßig zu Ärzten, Therapieeinrichtungen oder ähnlich notwendigen Terminen fährt, kann seit dem Steuerjahr 2021 eine Fahrtkostenpauschale von 900 Euro pro Jahr ansetzen. Voraussetzungen sind:
- Ein Behinderungsgrad von mindestens 80 oder
- Ein GdB von 70 in Verbindung mit dem Merkzeichen G
Mit dieser Pauschale sind bis zu 3.000 Kilometer pro Jahr abgegolten, ohne dass Einzelnachweise vorzulegen sind. Bei höheren Fahrtstrecken besteht die Möglichkeit, alternativ 30 Cent pro Kilometer als außergewöhnliche Belastung anzusetzen. In diesem Fall kann das Finanzamt Belege oder Nachweise verlangen.
Für Personen mit den Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert), Bl (blind) oder H (hilflos) gibt es sogar eine Pauschale von 4.500 Euro pro Jahr für Fahrten.
Pflegepauschbetrag: Entlastung für pflegende Angehörige
Ergibt sich aus der Behinderung ein anerkannter Pflegegrad, können pflegende Angehörige in bestimmten Fällen ebenfalls steuerliche Vorteile in Anspruch nehmen. Die häusliche Pflege kann nämlich den Pflegepauschbetrag auslösen.
Damit der Pauschbetrag in Höhe von 600, 1.100 oder 1.800 Euro (je nach Pflegegrad 2 bis 5) geltend gemacht werden kann, sind zwei Voraussetzungen entscheidend:
- Die Pflege findet im häuslichen Umfeld statt (entweder in den eigenen Räumlichkeiten oder im Haushalt der zu pflegenden Person).
- Die pflegende Person erhält keine Vergütung für die Pflege. Das Pflegegeld, das Eltern für ihr pflegebedürftiges Kind bekommen, wird hierbei nicht als Entgelt betrachtet und steht dem Pauschbetrag somit nicht entgegen.
Wer sich hingegen für den Einzelnachweis der tatsächlichen Kosten entscheidet, kann höhere Ausgaben geltend machen, wenn diese belegt werden können. Das ist hauptsächlich relevant bei kostspieligen Unterbringungen in Pflegeheimen.
Dabei mindern Leistungen der Pflegeversicherung und andere Erstattungen erneut den abziehbaren Betrag. Zusätzlich ist im Zusammenhang mit außergewöhnlichen Belastungen wieder der zumutbare Eigenanteil zu berücksichtigen. Beim Pflegepauschbetrag an sich hingegen entfällt diese Begrenzung.
Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten ausschöpfen
Um den vollen Nutzen aus den steuerlichen Entlastungen zu ziehen, sollten alle medizinisch notwendigen und behinderungsbedingten Ausgaben sorgfältig dokumentiert und aufbewahrt werden. Dazu gehören Rechnungen von Ärzten, Apotheken, Sanitätshäusern sowie Nachweise über Kilometerleistungen oder Pflegemaßnahmen.
Ein genauer Blick auf die Kombination von Behinderten-Pauschbetrag, außergewöhnlichen Belastungen und gegebenenfalls Pflegepauschbetrag zeigt häufig, welcher Weg (Pauschale oder Einzelnachweise) am Ende die größte Steuerentlastung bietet.
Einzelne Kosten, die von Versicherungen oder anderen Kostenträgern zurückerstattet werden, verringern stets den Betrag, der beim Finanzamt geltend gemacht werden kann. Daher ist es sinnvoll, frühzeitig zu prüfen, für welche Posten eine Erstattung erfolgt und welche Ausgaben selbst getragen wurden.