Schwerbehinderung: So kommt man von einem GdB 40 auf einen GdB von 50

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Der Unterschied zwischen einem Grad der Behinderung (GdB) von 40, und einem Grad der Behinderung von 50 ist gravierend, denn ab dem GdB 50 gelten Betroffene als schwerbehindert.

Schwerbehinderung bedeutet rechtliche Nachteilsausgleiche und Sonderregelungen, von denen Menschen mit einem niedrigeren Grad der Behinderung nicht profitieren.

Deswegen begehren viele Menschen mit einem Grad der Behinderung von 40 eine Hรถherstufung. Die Hรผrde dafรผr ist allerdings hoch. Wir zeigen Ihnen, was Sie beachten mรผssen, und wie Sie einen hรถheren GdB erreichen kรถnnen.

Einschrรคnkungen mรผssen sich verschlimmert haben

Sie mรผssen gegenรผber dem zustรคndigen Amt belegen, dass sich ihre Einschrรคnkungen seit der Feststellung des Grades der Behinderung von 40 verschlimmert haben. Dazu reicht ihre Selbsteinschรคtzung nicht aus, sondern es mรผssen objektive medizinische Befunde vorliegen.

Sind also die Einschrรคnkungen durch eine chronische Erkrankung oder eine Behinderung gestiegen, dann kann sich ein Neufeststellungsantrag (Verschlechterungsantrag) lohnen.

Arzt muss Erfolgsaussicht fรผr den Antrag sehen

Zuerst sollten Sie Ihren behandelnden Arzt nach seiner Einschรคtzung fragen. Dieser kennt den Verlauf Ihrer Beschwerden und kann so beurteilen, ob sich Ihr Gesundheitszustand so gravierend verschlechtert hat, dass ein hรถherer Grad der Behinderung mรถglich ist. Wenn Ihr Arzt davon ausgeht, dass ein Verschlechterungsantrag Aussicht auf Erfolg hat, ist dies eine solide Grundlage, um den Antrag einzureichen.

Trotzdem sollten Sie sich die Fragen beantworten, in welcher Situation Sie sich befinden, was der Antrag Ihnen bringt, und welches Ziel Sie damit verfolgen.

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Einzelbehinderungen kรถnnen den Gesamt-GdB erhรถhen

Vor allem zwei Arten der Verschlimmerung sind hรคufig. Entweder verschlechtert sich die bestehende Behinderung, oder eine zusรคtzliche kommt hinzu. In beiden Fรคllen sollten Sie bei einem GdB von 40 einen Antrag auf Neufeststellung stellen.

Eine echte Chance auf einen hรถheren Grad der Behinderung besteht, wenn Sie auรŸer der Einschrรคnkung, die den GdB 40 begrรผndete, weitere Einschrรคnkungen haben, die bei der ursprรผnglichen Feststellung nicht beachtet wurden.

Einzelne Behinderungen werden nicht einfach addiert

Wรผrden die einzelnen Einschrรคnkungen jetzt zusammen gezรคhlt, dann wรผrde bei einem Einzelgrad der Behinderung von 40 bereits eine geringe Behinderung mit einem GdB 10 ausreichen, um die Schwelle zur Schwerbehinderung zu รผberschreiten.

Doch so einfach ist es nicht. Erst einmal fรผhrt ein leichter GdB von zehn grundsรคtzlich nicht zu einer Erhรถhung des Gesamtgrades. Fรผr den gesamten Grad der Behinderung werden die Grade der einzelnen Behinderungen zudem nicht einfach addiert, sondern es kommt darauf an, ob diese nebeneinander stehen oder einander beeinflussen, also verstรคrken.

Die Einzel-GdB-Werte haben keine Bedeutung fรผr sich, sondern dienen MessgrรถรŸen fรผr mehrere gesundheitliche Einschrรคnkungen, die zugleich vorliegen, und sie gehen restlos im Gesamt-GdB auf.

ร„nderungsantrag bedeutet komplett neue Prรผfung

Denken Sie daran, dass ein ร„nderungsantrag eine komplette neue Prรผfung bedeutet. Sie mรผssen also die gleichen Voraussetzungen erfรผllen wie bei Ihrem Erstantrag.

Sie mรผssen medizinisch aussagekrรคftige Befunde, Berichte und Entlassungsbriefe aus Kliniken oder der Reha vorlegen, um eine gesundheitliche Verรคnderung zu belegen.

Es kann dazu kommen, dass das Versorgungsamt keine Verschlimmerung erkennt oder den Grad der Behinderung sogar herabstuft.

Wie verstรคrken sich verschiedene Einschrรคnkungen?

Ein Beispiel: Wenn Sie einen Grad der Behinderung wegen einer Funktionsstรถrung der Lendenwirbelsรคule haben und auรŸerdem einen Einzelgrad der Behinderung wegen einer Kniearthrose, dann beeinflussen sich beide negativ.

Sie kรถnnen ihre Rรผckenbeschwerden nicht mehr durch die Verlagerung auf die Knie ausgleichen. Ein hรถherer Gesamtgrad der Behinderung ist gegeben.

Auch wenn Sie eine Behinderung wegen einer starken Sehschwรคche haben und eine Schwerhรถrigkeit hinzukommt, verstรคrkt sich die Gesamtbehinderung, denn Sie kรถnnen die Einschrรคnkung des einen Sinnesorgans nicht mehr durch das andere kompensieren.

Hรคtten Sie aber eine Einzelbehinderung wegen einer Hรถrminderung und eine Funktionsstรถrung der Lendenwirbelsรคule, dann ergibt das voraussichtlich keinen hรถheren Gesamtgrad der Behinderung, denn die Bereiche beider Funktionsstรถrungen รผberschneiden sich nicht.

Was kรถnnen Sie tun, wenn das Versorgungsamt keine Verschlechterung erkennt?

Grundsรคtzlich kann jeder mit einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20 einen Antrag auf Neufeststellung stellen.

Wenn das Versorgungsamt keinen Anlass sieht, Ihren Grad der Behinderung auf 50 hochzustufen, dann bleibt Ihnen die Mรถglichkeit, Ihren Anspruch vor dem Sozialgericht einzuklagen.

Die Sozialgerichte kommen bei der Feststellung des GdB immer wieder zu anderen Ergebnissen als die Versorgungsรคmter. Die Versorgungsรคmter entscheiden indessen nicht ins Blaue hinein, und die Details sind oft sehr differenziert zu betrachten.

Deswegen sollten Sie sich fรผr eine Klage vor dem Sozialgericht einen Rechtsbeistand suchen, der auf Behindertenrecht spezialisiert ist, Sie dabei nicht nur vertritt, sondern auch im Vorfeld prรผft, ob eine Klage Aussicht auf Erfolg hat.

Der Fall geht vor Gericht

Ein Beispiel fรผr eine erfolgreiche Klage fรผr einen hรถheren GdB ist ein Fall aus Mรผnster. Der Klรคger hatte einen Grad der Behinderung von 40 wegen einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung. Hinzu kam ein Wirbelsรคulenleiden mit deinem GdB 20.

Deshalb begehrte er beim Versorgungsamt einen Gesamt GdB von mindestens 50. Das Amt lehnte dies ab. Obwohl ein vom Gericht bestellter Orthopรคde und Unfallchirurg nach wie vor einen GdB von 40 feststellte, verurteilte das Sozialgericht den Kreis Steinfurt, den Grad der Behinderung von 50 festzustellen. (S 19 SB 302/19)

Das Gericht begrรผndete die Entscheidung damit, dass die Schmerzen in der Wirbelsรคule zwar unabhรคngig von den Folgen der Lungenerkrankung seien, doch die Teilhabemรถglichkeit des Betroffenen weiter verschlimmerten.

Dieses Beispiel zeigt, dass es erfolgreich sein kann, bei einem GdB von 40 einen hรถheren Grad der Behinderung zu fordern. Es kommt jedoch immer auf ihre spezielle Situation an.