Menschen mit Schwerbehinderung bekommen gesetzliche Nachteilsausgleiche, unter anderem bei der Arbeit. Trotzdem ist die Arbeitslosigkeit unter ihnen ungefähr doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Schwerbehinderung.
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Viele arbeitsfähige Schwerbehinderte sind arbeitslos
Die Bundesagentur für Arbeit gab 2022 die Arbeitslosigkeit bei Menschen mit Schwerbehinderung mit ungefähr elf Prozent an., 2023 sank die Quote dann etwas. Bei Menschen ohne Behinderung lag die Quote im selben Jahr nur bei 6,4 Prozent. Indessen ging die Arbeitslosenquote bei Menschen mit Schwerbehinderung im Zehnjahreszeitraum mit 3,2 Prozent mehr zurück als bei Menschen ohne Behinderung mit 2,4 Prozent.
2023 waren, laut der Bundesagentur für Arbeit, 165.725 schwerbehinderte Menschen arbeitslos. Der Zugang in die Arbeitslosigkeit unter den Menschen mit Schwerbehinderung betrug 1,6 Prozent, der Abgang aus der Arbeitslosigkeit lag bei 1,4 Prozent.
Was sind die Gründe für die höhere Arbeitslosigkeit?
Die Aktion Mensch geht erstens davon aus, dass Menschen mit Behinderung trotz der gesetzlichen Nachteilausgleiche strukturell nach wie vor auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert würden. Die Bereitschaft bei Unternehmen, Menschen mit Behinderung einzustellen sei unzureichend, mehr als ein Viertel der dazu verpflichteten Betriebe in Deutschland beschäftigten keine Menschen mit Behinderungen.
Ganze 40 Prozent, also fast jeder zweite, beschäftigt zwar Menschen mit Behinderungen, aber weniger, als er gesetzlich müsste.
Manche grundsätzlich nicht erwerbsfähig
Nachteilsausgleiche bedeuten zweitens, dass Menschen mit Behinderung einer Tätigkeit nachgehen können, die ihren Möglichkeiten entspricht. Manche Menschen mit Schwerbehinderungen sind allerdings grundsätzlich nicht erwerbsfähig. Eine Beschäftigung würde bei ihnen dazu führen, dass sich ihre Beeinträchtigung verschlimmert.
Eindeutige Nachteile für schwerbehinderte Menschen
Der Anteil der Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung, die auch mit Nachteilsausgleichen wie einem ihren Bedürfnissen angepassten Arbeitsplatz keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können, erklärt nicht den großen Unterschied in den Arbeitslosenquoten.
Arbeitslos trotz Qualifizierung
Dies zeigt sich auch daran, dass arbeitslose Menschen mit Schwerbehinderung im Schnitt besser qualifiziert sind als Arbeitslose ohne Behinderung. Unter Arbeitslosen mit Schwerbehinderung haben mehr eine abgeschlossene Berufsausbildung als unter Arbeitslosen ohne Schwerbehinderung.
Trotzdem ist bei ihnen die Dauer der Arbeitslosigkeit und der Anteil der Langzeitarbeitslosen deutlich höher als bei Menschen ohne Behinderung.
Verpflichtung, Menschen mit Schwerbehinderung einzustellen
Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten müssen sozialrechtlich mindestens fünf Prozent Arbeitsplatze durch Menschen mit Schwerbehinderung ersetzen. Jeder vierte davon tut dies aber nicht, sondern zahlt pro fehlendem Arbeitsplatz einen Ausgleich, der zwischen 140 und 720 EUR pro Monat liegt (je nach Betriebsgröße).
Dieses Geld fließt in einen Fonds, der dazu dient, die Teilhabe von Menschen mit Schwerbehinderung am Arbeitsplatz zu fördern.
Vergünstigungen für Arbeitgeber sind vorhanden
Dabei profitieren Arbeitgeber sogar zusätzlich, wenn sie Menschen mit Schwerbehinderungen einstellen. In einer Probezeit von drei Monaten übernimmt die Bundesagentur für Arbeit die vollen Lohnkosten. Die den Bedürfnissen der Betroffenen angemessene Gestaltung des Arbeitsplatzes wird finanziell gefördert.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.