Schwerbehinderung im Job: Daran muss sich der Arbeitgeber halten

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Wer in Deutschland mit einer Schwerbehinderung lebt, hat im Berufsleben nicht nur Herausforderungen zu bewรคltigen โ€“ sondern auch handfeste Rechte auf seiner Seite. Der Gesetzgeber sieht besondere Schutzmechanismen vor: sei es beim Kรผndigungsschutz, bei der Arbeitszeit oder beim Urlaubsanspruch.

Arbeitgeber wiederum sind verpflichtet, Arbeitsplรคtze barrierefrei zu gestalten und auf individuelle Bedรผrfnisse Rรผcksicht zu nehmen.

Kurz gesagt: Wer einen anerkannten Grad der Behinderung (GdB) hat, kann im Arbeitsalltag spรผrbare Vorteile nutzen. Und Arbeitgeber vermeiden ร„rger โ€“ rechtlich wie menschlich โ€“, wenn sie gesetzliche Vorgaben ernst nehmen und aktiv umsetzen.

Warum die Schwerbehinderung auf dem Arbeitsmarkt zรคhlt

Rund acht Millionen Menschen in Deutschland haben einen anerkannten GdB. Viele von ihnen bringen besondere Fรคhigkeiten und Erfahrungen mit โ€“ und profitieren zugleich von einem erweiterten Schutz durch das Sozialrecht.

Rein rechtlich gilt: Eine Schwerbehinderung liegt ab einem GdB von 50 vor. Ab dieser Schwelle รคndern sich zahlreiche Rahmenbedingungen im Arbeitsleben.

Ein Schwerbehindertenausweis erleichtert Betroffenen den Nachweis ihrer Rechte. Zustรคndig fรผr die Feststellung des GdB ist das Versorgungsamt. Liegt der Grad zwischen 30 und 49, kann eine Gleichstellung beantragt werden โ€“ besonders dann, wenn ohne sie der Arbeitsplatz gefรคhrdet wรคre oder die Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich schlechter stehen.

Was das Gesetz sagt โ€“ Ihre Rechte im Detail

Grundlage ist das Sozialgesetzbuch IX (SGB IX). Es regelt, was Beschรคftigte mit Schwerbehinderung zusteht โ€“ und was Arbeitgeber beachten mรผssen. Dazu gehรถren:

  • Beschรคftigungspflicht: Unternehmen ab einer bestimmten GrรถรŸe sind verpflichtet, eine bestimmte Quote an schwerbehinderten Menschen zu beschรคftigen.
  • Zusatzurlaub: Wer schwerbehindert ist, hat oft Anspruch auf zusรคtzliche Urlaubstage.
  • Erleichterung bei รœberstunden: Bei gesundheitlichen Einschrรคnkungen dรผrfen รœberstunden in vielen Fรคllen abgelehnt werden.

Wer Menschen mit Schwerbehinderung einstellt, kann finanzielle Fรถrderungen erhalten. Die Bundesagentur fรผr Arbeit bietet in vielen Fรคllen Lohnkostenzuschรผsse โ€“ das senkt die Einstiegshรผrden und schafft Win-win-Situationen fรผr Unternehmen und Bewerbende.

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Barrierefreiheit beginnt im Kopf โ€“ und im Betrieb

Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, Menschen mit Schwerbehinderung so zu unterstรผtzen, dass sie ihre Arbeit ohne zusรคtzliche Barrieren erledigen kรถnnen. Ein wichtiger Punkt dabei ist die barrierefreie Gestaltung des Arbeitsplatzes. Wie diese im konkreten Fall aussieht, hรคngt stark vom individuellen Bedarf ab.

So kรถnnen Bildschirmlesegerรคte zum Einsatz kommen, wenn eine Sehbehinderung vorliegt. Auch ergonomisch angepasste Mรถbel, spezielle Softwarelรถsungen oder hรถhenverstellbare Schreibtische gehรถren zu den mรถglichen MaรŸnahmen.

Doch Barrierefreiheit endet nicht bei der Ausstattung โ€“ auch die Arbeitszeitgestaltung spielt eine wichtige Rolle. In vielen Fรคllen kann eine flexible Regelung, etwa durch Gleitzeit oder eine reduzierte Wochenstundenzahl, dabei helfen, gesundheitliche Belastungen zu verringern.

Entscheidend ist immer der persรถnliche Bedarf der betreffenden Person โ€“ und die Bereitschaft des Arbeitgebers, darauf einzugehen.

So gelingt die Umsetzung im Betrieb

Viele Unternehmen fragen sich: Was ist eigentlich โ€žzumutbarโ€œ?

Der Grundsatz lautet: Arbeitgeber mรผssen alle angemessenen MaรŸnahmen ergreifen, um Nachteile auszugleichen โ€“ aber nicht unbegrenzt. Es geht darum, was unter Berรผcksichtigung der BetriebsgrรถรŸe und der finanziellen Mรถglichkeiten realistisch ist.

Der Weg zur Umsetzung kann in drei Schritten erfolgen:

  1. Bedarf klรคren: Mitarbeitende sprechen mit der Personalabteilung oder dem Betriebsrat รผber konkrete Hilfsmittel.
  2. Fรถrdermรถglichkeiten prรผfen: Arbeitgeber wenden sich an die Bundesagentur fรผr Arbeit oder das Integrationsamt.
  3. MaรŸnahmen umsetzen: Gemeinsame Planung โ€“ z.โ€ฏB. Umbauten, Softwarelรถsungen, technische Hilfen.

Der Nebeneffekt: Unternehmen, die in barrierefreie Arbeitsplรคtze investieren, profitieren von motivierten Mitarbeitenden, weniger Ausfallzeiten โ€“ und einem besseren Ruf.

Wenn der Arbeitgeber seine Pflichten nicht erfรผllt

Passiert nichts, obwohl klare Ansprรผche bestehen? Dann kann das Konsequenzen haben.

Beispiel: Wird der zustehende Zusatzurlaub trotz mehrfacher Hinweise ignoriert, kรถnnen Betroffene eine Entschรคdigung einfordern.

Auch im Bewerbungsprozess gilt Sorgfaltspflicht: Wird eine schwerbehinderte Person nicht einmal zum Gesprรคch eingeladen, kann das als Diskriminierung gewertet werden โ€“ besonders, wenn ein Zusammenhang mit der Behinderung naheliegt. In solchen Fรคllen ist Schadensersatz mรถglich.

Was Selbststรคndige und Unternehmer wissen sollten

Auch fรผr Solo-Selbststรคndige und kleine Firmen lohnt sich ein Blick auf das Thema. Zwar greifen manche Pflichten erst ab einer bestimmten GrรถรŸe โ€“ aber Information und Prรคvention zahlen sich frรผhzeitig aus.

Ein Beispiel: Wer plant, das Unternehmen zu vergrรถรŸern, sollte schon jetzt Strukturen schaffen, die Inklusion ermรถglichen. Dazu gehรถrt nicht nur Technik, sondern auch Bewusstsein.

Was hรคufig schieflรคuft โ€“ und wie manโ€™s besser macht

Ein klassischer Fehler: Arbeitgeber unterschรคtzen oder pauschalisieren die Leistungsfรคhigkeit von Menschen mit Behinderung.

Dabei gilt: Nicht die Behinderung zรคhlt โ€“ sondern die individuelle Eignung. Ein Mensch mit Sehbehinderung kann im Online-Support glรคnzen โ€“ wenn die Technik stimmt.

Auch wichtig: Offene Kommunikation. Nur wer รผber seine Bedรผrfnisse spricht, kann passende Unterstรผtzung erhalten. Firmen sollten eine Kultur schaffen, in der das mรถglich ist โ€“ ohne Angst oder Scham.