Behinderungen können den beruflichen Alltag erschweren und auch zu einer vorübergehenden oder dauerhaften Arbeitsunfähigkeit führen. Worauf kann ich als schwerbehinderter Mensch in diesen Situationen zurückgreifen und wie bin ich abgesichert?
Inhaltsverzeichnis
Definition Arbeitsunfähigkeit: Wann ist man nicht arbeitsfähig?
Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn die vertraglich vereinbarten Aufgaben aufgrund einer Krankheit oder infolge eines Unfalls nicht erfüllt werden können. Ebenfalls gilt dies, wenn die Fortsetzung der Arbeit das Risiko birgt, die Erkrankung zu verschlimmern. Auch dann, wenn zunächst ein Weiterarbeiten denkbar wäre, es aber bald zu einer Arbeitsunfähigkeit führen würde, gilt man bereits als arbeitsunfähig.
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Regeln und Voraussetzungen
Menschen mit Behinderungen sind häufig besonders auf finanzielle Sicherheit im Krankheitsfall angewiesen. Der gesetzliche Anspruch sieht grundsätzlich eine sechswöchige Entgeltfortzahlung vor. Während dieses Zeitraums erhalten Arbeitnehmende das bisher übliche Arbeitsentgelt in voller Höhe.
Wer hat Anspruch auf Entgeltfortzahlungen?
Entgeltfortzahlung steht allen Personen zu, die in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis von mindestens vier Wochen stehen, also auch Auszubildenden und geringfügig Beschäftigten. Die Arbeitsunfähigkeit darf dabei nicht auf eigenes grobes Verschulden zurückzuführen sein.
Bestimmte Tatbestände, etwa Trunkenheit im Straßenverkehr mit Unfallfolge oder besonders gefährliche Nebenbeschäftigungen, können zum Ausschluss führen. Ist die Arbeitsunfähigkeit jedoch unverschuldet eingetreten, bleibt der Anspruch bestehen.
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Welche Pflichten haben Beschäftigte?
Arbeitnehmende müssen ihre Arbeitsunfähigkeit unverzüglich melden und die voraussichtliche Dauer angeben. Hält die Erkrankung länger als drei Kalendertage an, ist spätestens am vierten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorzulegen. Seit dem 1. Januar 2023 ruft der Arbeitgeber die elektronische AU direkt bei der Krankenkasse ab.
Bei technischen Störungen erfolgt weiterhin eine Papierbescheinigung, die dem Betrieb zugeschickt werden muss. Privatversicherte erhalten ihre AU unverändert in Papierform.
Außerdem sind während der Krankschreibung Nebentätigkeiten, die die Genesung verzögern, unzulässig. Wird eine solche Tätigkeit ausgeübt, kann die Entgeltfortzahlung verweigert werden.
Wie lange wird das Gehalt fortgezahlt?
Sechs Wochen pro Erkrankung: Bei einer neu auftretenden Krankheit entsteht jeweils ein neuer Sechswochen-Anspruch.
Gleiche Ursache – einmalige Zahlung: Liegt derselbe Grund für die Erkrankung vor, kann die Entgeltfortzahlung nicht verlängert werden.
Erst wenn Beschäftigte mindestens sechs Monate wegen desselben Leidens nicht arbeitsunfähig waren oder seit Beginn der Ersterkrankung zwölf Monate verstrichen sind, besteht ein erneuter Anspruch.
Höhe der Zahlung: Es werden 100 % des bisherigen Arbeitsentgelts berücksichtigt, einschließlich aller Zulagen wie Schicht, Nacht, Sonn- oder Feiertagszuschläge.
Sollte der Arbeitgeber zu Unrecht keine Entgeltfortzahlung leisten, springt die Krankenkasse mit Krankengeld ein und kann die ausgelegten Beträge vom Betrieb zurückfordern.
Krankengeld: Schutz bei längerer Erkrankung
Nach sechs Wochen endet in der Regel die Entgeltfortzahlung. Ist die arbeitsunfähige Person gesetzlich versichert und besteht ein Anspruch auf Krankengeld, übernimmt die Krankenkasse die Zahlung. Zu den Voraussetzungen gehören eine bestehende gesetzliche Krankenversicherung mit Krankengeldanspruch, eine ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit sowie eine stationäre oder ambulante Behandlung, wenn sie die Erwerbsfähigkeit einschränkt.
Nicht alle Versicherten haben jedoch Anspruch auf Krankengeld. Ausgeschlossen sind unter anderem Familienversicherte ohne eigenes Einkommen, Studierende in der studentischen Krankenversicherung oder Rentenbeziehende einer vollen Erwerbsminderungs- oder Altersrente.
Beginn und Dauer des Krankengeldes
Der Anspruch beginnt an dem Tag, an dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. In den ersten sechs Wochen ruht das Krankengeld normalerweise, weil die Entgeltfortzahlung greift. Bei lückenloser ärztlicher Folgebescheinigung bleibt der Anspruch bestehen und verfällt nicht. Wichtig ist, dass die AU jeweils rechtzeitig eingeholt und eingereicht wird.
Die maximale Bezugsdauer für Krankengeld beträgt 78 Wochen bei derselben Krankheit innerhalb von drei Jahren. Nach Ausschöpfen dieses Zeitraums endet auch die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (Aussteuerung). Anschließend ist eine freiwillige Weiterversicherung möglich oder es greift eine Familienversicherung.
Wie hoch ist das Krankengeld?
In der Regel beträgt das Krankengeld 70 % des Bruttoentgelts, maximal jedoch 90 % des Nettoentgelts.
Der tägliche Höchstbetrag liegt bei 116,38 € (Stand 2023).
Es ist steuerfrei, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt und erhöht damit unter Umständen den Steuersatz auf andere Einkünfte.
Beim Erhalt von Krankengeld werden Beiträge zur Renten, Pflege und Arbeitslosenversicherung anteilig einbehalten.
Verletztengeld: Absicherung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten
Verletztengeld ist eine Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung. Es wird gezahlt, wenn eine Person infolge eines Arbeits oder Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit arbeitsunfähig ist oder wegen einer Heilbehandlung ganztägig nicht arbeiten kann. Dabei muss zuvor ein Anspruch auf Arbeitsentgelt, Krankengeld oder Arbeitslosengeld bestanden haben.
Wie hoch ist das Verletztengeld und wie lange wird es gezahlt?
In der Regel beträgt das Verletztengeld 80 % des Bruttoentgelts, jedoch höchstens das Nettoentgelt.
Einmalzahlungen (z. B. Urlaubs oder Weihnachtsgeld) fließen in die Berechnung ein.
Selbstständige oder Unternehmer, die in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind, erhalten das Verletztengeld basierend auf ihrem Einkommen.
Die Zahlung endet spätestens nach 78 Wochen, kann jedoch in einer stationären Heilbehandlung über diesen Zeitraum hinaus gewährt werden.
Verletztengeld ist steuerfrei, unterliegt allerdings ebenfalls dem Progressionsvorbehalt. Auskünfte erteilen die zuständigen Unfallversicherungsträger.
Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosengeld: Fortzahlung und Krankengeld
Arbeitslose, die schon Arbeitslosengeld (ALG) beziehen, haben einen Fortzahlungsanspruch von bis zu sechs Wochen, wenn sie arbeitsunfähig werden. Danach kann – sofern ein Anspruch besteht – Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse bezogen werden.
Was ist die Nahtlosigkeitsregelung?
Endet der Krankengeldbezug nach 78 Wochen, kann eine sogenannte Nahtlosigkeitsregelung greifen. Sie soll sicherstellen, dass arbeitslose Personen finanziell abgesichert bleiben, bis die Rentenversicherung über eine Erwerbsminderungsrente entschieden hat. Hierbei wird weiterhin Arbeitslosengeld gewährt, solange noch kein rechtskräftiger Bescheid über eine volle Erwerbsminderung vorliegt.
Bürgergeld bei Krankheit: Weiterzahlung und Besonderheiten
Bürgergeld (ehemals Arbeitslosengeld II) wird grundsätzlich auch bei Arbeitsunfähigkeit fortgezahlt, solange keine dauerhafte volle Erwerbsminderung festgestellt ist. Personen, die neben einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit zusätzlich Bürgergeld erhalten, können im Krankheitsfall einen Anspruch auf Krankengeld aus dieser Beschäftigung erwerben und damit ihr Einkommen aufstocken.
Meist deckt die vom Jobcenter finanzierte Krankenversicherung jedoch keinen Krankengeldanspruch ab, wodurch ein Bezug von Krankengeld bei reiner Arbeitslosigkeit im Bürgergeldbezug oft entfällt. Ggf. lassen sich geringe Krankengeldleistungen wiederum durch Bürgergeld aufstocken.
RehaAnträge und Aussteuerung: Wenn die Krankenkasse zum Antrag auffordert
Stuft die Krankenkasse die Erwerbsfähigkeit der versicherten Person als gefährdet oder gemindert ein, kann sie auffordern, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen oder beruflichen Rehabilitation zu stellen.
Innerhalb einer Frist von zehn Wochen muss dieser Antrag gestellt werden. Andernfalls kann das Krankengeld entzogen werden. Reha-Leistungen sollen die Arbeitsfähigkeit erhalten oder wiederherstellen.
Was ist die Aussteuerung?
Ist der maximale Krankengeldanspruch von 78 Wochen für dieselbe Krankheit erschöpft, spricht man von der Aussteuerung. Zu diesem Zeitpunkt endet auch die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse. Betroffene werden von ihrer Krankenkasse über die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung informiert.
Sofern keine andere Absicherung (etwa Familienversicherung) greift, wird diese automatisch fortgesetzt.
Wer nach der Aussteuerung weiterhin arbeitsunfähig ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitslosengeld erhalten. Dabei spielen die allgemeine Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt oder die Nahtlosigkeitsregelung eine Rolle.