Die Entwicklung des deutschen Rentensystems wird regelmรครig kontrovers diskutiert, insbesondere wenn in anderen Lรคndern grundlegende Reformen stattfinden. Ein Beispiel sind die Proteste in Frankreich im Jahr 2023, ausgelรถst durch die Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre.
Fรผr viele Deutsche wirkt das vergleichsweise niedrig, da das Rentenalter in Deutschland bereits schrittweise auf 67 Jahre festgelegt wurde. Ein Blick auf die Daten der Organisation fรผr wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigt, wo das deutsche Rentenniveau im Vergleich steht und welche Reformansรคtze in Zukunft diskutiert werden.
Inhaltsverzeichnis
Rentenreformen in Frankreich: Mindestrente und Altersgrenze
Die franzรถsische Rentenreform sorgte deshalb fรผr Unmut, weil sie den Renteneintritt auf 64 Jahre anhebt und eine Mindestrente von monatlich 1.200 Euro vorsieht. Diese Vorteile greifen jedoch nur bei einer Einzahlungsdauer von mindestens 41,5 Jahren. Wer diese Bedingung nicht erfรผllt, kann frรผhestens mit 67 Jahren in Rente gehen oder muss mit Abschlรคgen rechnen.
Trotz zahlreicher Demonstrationen und landesweiter Streiks setzte Frankreichs Prรคsident Emmanuel Macron die Reform am 16. Mรคrz 2023 per Dekret durch.
Rentenberechnung in Deutschland: Keine Mindestrente, aber Grundrente
In Deutschland existiert im Unterschied zu Frankreich keine gesetzlich garantierte Mindestrente. Allerdings haben Rentner mit langer Beitragszeit und niedrigem Einkommen unter Umstรคnden Anspruch auf die Grundrente โ einen Zuschlag zur regulรคren Altersrente.
Darรผber hinaus steigt das Rentenalter hierzulande bis 2031 schrittweise auf 67 Jahre. Dies betrifft alle Jahrgรคnge ab 1964. Wer vorher in den Ruhestand gehen mรถchte, muss Abschlรคge in Kauf nehmen.
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Grundlage der Rentenberechnung
Das deutsche Rentensystem beruht auf sogenannten Rentenpunkten, die sich an der Hรถhe des durchschnittlichen Bruttoverdienstes orientieren. Wer exakt diesen Durchschnitt verdient (2023: 38.901 Euro im Jahr in Westdeutschland), erhรคlt einen Rentenpunkt (im Osten liegen die Punkte aktuell etwas hรถher, da dort das allgemeine Lohnniveau niedriger ist).
Bei 45 Rentenpunkten werden 48,2 % des Durchschnittsgehalts als Bruttorente ausgezahlt.
Von dieser Bruttorente gehen folgende Abzรผge ab:
- Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung in Hรถhe von 7,3 % zuzรผglich eines kassenabhรคngigen Zusatzbeitrags (zwischen 0,9 % und 1,99 %).
- Pflegeversicherungsbeitrag (3,05 % bzw. 3,4 % fรผr Kinderlose).
- Einkommensteuer, sofern die Rente รผber dem steuerlichen Grundfreibetrag liegt.
Internationaler Vergleich: Wie hoch ist das deutsche Rentenniveau?
Die OECD fรผhrt regelmรครige Analysen zur Rentensituation in Industriestaaten und ausgewรคhlten Entwicklungslรคndern durch. Im Fokus steht dabei das Verhรคltnis der gezahlten Bruttorente zum jeweiligen Durchschnittsverdienst.
Fรผr einen mรคnnlichen Durchschnittsverdiener in Deutschland ergibt sich ein Wert von 41,5 %, was unter dem OECD-Durchschnitt von 51,8 % liegt. In dieser Gesamtrechnung wird auch verpflichtende private Vorsorge in den verschiedenen Lรคndern berรผcksichtigt.
Lรคnder mit hohem Rentenniveau
Spitzenreiter im OECD-Vergleich sind Dรคnemark (80 %), Luxemburg (76,6 %), Portugal (74,9 %), Italien (74,6 %) und รsterreich (74,1 %). Frankreich rangiert mit 60,2 % ebenfalls deutlich รผber dem deutschen Wert. Wichtig ist dabei, dass die Prozentzahl immer das Verhรคltnis zum jeweiligen nationalen Durchschnittseinkommen angibt und nicht die absolute Hรถhe der Rentenzahlung.
Lรคnder mit niedrigem Rentenniveau
Unter dem deutschen Wert liegen unter anderem die USA (39,2 %), Japan (32,4 %), Polen (30,7 %) und Irland (29,7 %). Dieses unterdurchschnittliche Niveau kann in manchen Lรคndern durch verpflichtende oder gefรถrderte Privatvorsorgesysteme teilweise kompensiert werden.
Rentenalter weltweit: Spannweite von 62 bis 74 Jahren
In Europa und weltweit ist das gesetzliche Rentenalter teilweise deutlich hรถher als in Deutschland. Italien und Estland liegen bei 71 Jahren, die Niederlande bei 69 Jahren, Portugal und Finnland bei 68 Jahren. Dรคnemark plant sogar, das Renteneintrittsalter perspektivisch auf 74 Jahre anzuheben.
Wer dort frรผher in den Ruhestand will, muss deutliche Rentenabschlรคge hinnehmen. Am anderen Ende der Skala stehen Luxemburg und Slowenien mit 62 Jahren als niedrigstes gesetzliches Renteneintrittsalter unter den OECD-Lรคndern.
Geringverdiener und Gutverdiener: Groรe Spannweite im OECD-Ranking
Die Hรถhe der staatlichen Rente hรคngt in vielen Lรคndern von der Beitragshรถhe ab. Fรผr Geringverdiener (50 % des jeweiligen Durchschnittseinkommens) zeigt die OECD-Statistik, dass das Niveau in Deutschland mit 46,5 % leicht รผber dem fรผr Durchschnittsverdiener liegt.
Dennoch bleibt Deutschland mit diesem Wert hinter dem OECD-Schnitt (64,5 %) zurรผck. Deutlich hรถhere Rentenquoten fรผr Geringverdiener finden sich in Dรคnemark (125 %), Luxemburg (90,4 %) oder Griechenland (84,7 %). Selbst in den USA liegt das Niveau fรผr Geringverdiener mit 49,6 % รผber dem deutschen Wert.
Bei Gutverdienern, also Beschรคftigten mit dem Doppelten des Durchschnittseinkommens, sieht die Lage noch ungรผnstiger aus. Hier erreichen Rentner in Deutschland nur 33 % des vorherigen Arbeitseinkommens, wรคhrend die OECD im Schnitt auf 44,4 % kommt.
Spitzenreiter sind Italien (74,6 %), Portugal (72,5 %), Luxemburg (69,7 %) und die Niederlande (68 %).
Demografischer Wandel: Grรถรte Herausforderung fรผr die Rentenkasse
Ein zentrales Problem fรผr die deutsche Rentenversicherung ist das Verhรคltnis zwischen Beitragszahlern und Rentenempfรคngern. Immer mehr Rentnerinnen und Rentner stehen einer schrumpfenden Anzahl an Beschรคftigten gegenรผber. Aktuell flieรen rund 100 Milliarden Euro jรคhrlich als staatlicher Zuschuss in die Rentenkasse, weil die laufenden Beitrรคge nicht ausreichen.
Dieser Bedarf wird in Zukunft weiter steigen. Infolgedessen diskutieren Fachleute wie auch politische Entscheidungstrรคger รผber verschiedene Anpassungen: Erhรถhung des gesetzlichen Rentenalters, Anhebung des Beitrags oder ein Absinken des allgemeinen Rentenniveaus.
Private Vorsorge: Ergรคnzung zum gesetzlichen System
In vielen OECD-Lรคndern existieren verpflichtende Zusatzversicherungen, die die gesetzliche Rente ergรคnzen. Beispiele sind Dรคnemark, die Niederlande, Groรbritannien, Island, Norwegen, Schweden, die Schweiz oder Australien. Dort trรคgt die obligatorische private Vorsorge einen erheblichen Teil zum Gesamteinkommen im Alter bei.
Eine Analyse der OECD zeigt auch, dass freiwillige private Vorsorgemodelle erheblichen Einfluss auf die tatsรคchliche Rentenhรถhe haben kรถnnen. In den USA wird zum Beispiel dank umfassender steuerlicher Vergรผnstigungen ein groรer Anteil der Altersbezรผge durch private Plรคne gedeckt.
Das dortige Rentenniveau durch private Vorsorge liegt bei 42,4 % des Durchschnittsverdienstes, wรคhrend Deutschland nur auf 14,1 % kommt. Damit bleibt Deutschland selbst unter Einbeziehung privater Anlagen im unteren Bereich des internationalen Vergleichs.
Ausblick: Reformen sind unausweichlich
Die aktuellen Entwicklungen in Frankreich verdeutlichen, wie schnell Verรคnderungen am Rentensystem politische und gesellschaftliche Spannungen auslรถsen. Auch in Deutschland wird sich die Frage stellen, in welcher Form die gesetzliche Rente aufrechterhalten werden kann. Themen wie die Aktienrente, hรถhere Rentenbeitrรคge und ein weiteres Anheben des Rentenalters sind bereits in der Diskussion.
Private Vorsorge bleibt dabei das effektivste Instrument, um Lรผcken im Alterseinkommen zu schlieรen. Angesichts des demografischen Wandels scheint es unausweichlich, neue Konzepte umzusetzen und gleichzeitig Bewusstsein fรผr eigenverantwortliche Vorsorgemรถglichkeiten zu schaffen.