Schwerbehinderung: Ab wann ist eine chronische Erkrankung eine Behinderung?

Lesedauer 3 Minuten

Laut einem Bericht des Instituts für Allgemeinmedizin sind mehr als die Hälfte der älteren deutschen Bevölkerung chronisch krank. Was viele Betroffene nicht wissen: Auch eine schwere chronische Erkrankung kann als Behinderung anerkannt werden.

Doch was genau bedeutet das, und wie wird der Grad der Behinderung (GdB) berechnet? Welche Vorteile ergeben sich aus einem bestimmten GdB und wie stellt man einen entsprechenden Antrag? Diese Fragen klären wir im Folgenden.

Was ist ein chronisches Leiden?

Eine chronische Erkrankung ist eine Erkrankung, die meist schwer heilbar ist und länger andauert. Sie spricht in der Regel schlecht auf medizinische Behandlungsmethoden an.

Zu den chronischen Erkrankungen zählen beispielsweise Diabetes, rheumatoide Arthritis, Multiple Sklerose oder chronische Herzkrankheiten.

Wann liegt ein Grad der Behinderung (GdB) vor?

Eine chronische Erkrankung muss länger als sechs Monate bestehen, bevor über einen Grad der Behinderung (GdB) gesprochen werden kann.

Der Schweregrad der Erkrankung bestimmt dabei den Behinderungsgrad. Leichte chronische Verläufe führen in der Regel nicht zu einem Behinderungsgrad, während schwere Verläufe einen höheren Behinderungsgrad zur Folge haben.

Wie berechnet sich der GdB?

Der Grad der Behinderung wird anhand der sogenannten Versorgungsmedizinischen Grundsätze berechnet, die in einer Rechtsverordnung festgelegt sind.

Diese Verordnung legt bestimmte Grundwerte für den Behinderungsgrad fest, entsprechend der Art der Erkrankung. Jedoch wird immer der individuelle Einzelfall betrachtet, um den spezifischen Behinderungsgrad zu bestimmen.

Welche Vorteile ergeben sich aus einem GdB?

Ein festgestellter Behinderungsgrad kann verschiedene Vorteile bieten. Bei einem GdB von 20 bis 40 bestehen vor allem steuerliche Vorteile, wie ein Steuerfreibetrag.

Ab einem GdB von 30 oder 40 kann man die Gleichstellung zum Schwerbehinderten beantragen, was Kündigungsschutz und andere Rechte mit sich bringt.

Ab einem GdB von 50 gilt man als schwerbehindert, erhält einen Schwerbehindertenausweis und genießt zusätzliche Vorteile wie eine Woche zusätzlichen Urlaub, weitere Steuerfreibeträge und einen besonderen Kündigungsschutz.

Wo und wie wird der GdB beantragt?

In Baden-Württemberg wird der Antrag auf Feststellung eines Grads der Behinderung bei den Landratsämtern gestellt, in anderen Bundesländern oft beim Sozialamt.

Der Antrag ist relativ einfach auszufüllen und umfasst etwa vier Seiten. Die Bearbeitungsdauer kann je nach Behörde und Arbeitsaufkommen zwischen drei und sechs Monaten betragen.

Lesen Sie auch:

Welche Fehler beim GdB-Antrag vermeiden?

Wichtig ist, dass nicht die Diagnose der Erkrankung den Behinderungsgrad bestimmt, sondern deren Auswirkungen.

Daher sollten im Antrag neben der Diagnose auch die konkreten Auswirkungen der Erkrankung beschrieben und ärztliche Befundberichte beigefügt werden.

Fehler, die vermieden werden sollten, sind das Fehlen detaillierter Informationen zu den Auswirkungen der Erkrankung und das Nicht-Beilegen relevanter medizinischer Berichte.

Warum Arzt von Schweigepflicht entbinden?

Die Entbindung des behandelnden Arztes von der Schweigepflicht ist wichtig, damit die Behörde bei Bedarf zusätzliche Informationen direkt vom Arzt einholen kann.

Dies trägt zu einer korrekten Beurteilung des Gesundheitszustands bei und kann den Antrag unterstützen.

Bescheid über Höhe des GdB und Ausweis

Nach der Antragstellung erhält man einen Bescheid, der den Behinderungsgrad festlegt.

Bei Einreichung eines Passbilds wird automatisch ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt.

Dieser Ausweis im Scheckkartenformat enthält den Behinderungsgrad und gegebenenfalls Merkzeichen, die zusätzliche Rechte und Vorteile beschreiben.

Merkzeichen auf dem Behindertenausweis

Zu den häufigsten Merkzeichen gehören:

  • G: Gehbehindert
  • aG: Außergewöhnlich gehbehindert, z.B. bei Querschnittslähmung
  • B: Begleitperson, ermöglicht die Mitnahme einer Begleitperson im öffentlichen Nahverkehr
  • H: Hilflos, für Personen, die alltägliche Verrichtungen nicht selbstständig durchführen können

Befristeter oder unbefristeter GdB

Der GdB kann befristet oder unbefristet sein. Bei einer Befristung erfolgt eine Heilungsbewährungsprobe, bei der das Landratsamt nach Ablauf der Frist den Gesundheitszustand erneut prüft. Verschlechtert sich der Gesundheitszustand, kann jederzeit ein Veränderungsantrag gestellt werden.

Dieser führt zu einer erneuten Überprüfung des gesamten Gesundheitszustands und kann zu einer Erhöhung oder Senkung des GdB führen.

Widerspruch gegen GdB-Bescheid

Bei Unzufriedenheit mit einem neuen Bescheid kann Widerspruch eingelegt werden. Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, besteht die Möglichkeit, vor den Sozialgerichten zu klagen.

Für eine individuelle Beratung zur Beantragung eines GdB können sich Betroffene an ihre nächstgelegene Beratungsstelle eines Sozialverbands  wenden.