Strafen bzw. Sanktionen bei Hartz V
Seit dem „Hartz 4-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar herrscht eine hitzige Debatte um den „richtigen“ Umgang mit Langzeitarbeitslosigkeit. Doch damit nicht genug, denn zum Thema Hartz 4 finden sich nahezu jeden Tag neue Schlagzeilen und so haben insbesondere die aktuellen Forderungen Guido Westerwelles nach harten Sanktionen „arbeitsunwilliger“ ALG-Empfänger nun noch eine weitere Kontroverse ausgelöst.
Doch wie muss man sich eigentlich diese Sanktionen vorstellen? Welche Folgen haben sie für den Einzelnen? Der folgende Überblick soll hier ein wenig Licht ins Dunkel bringen:
Zunächst ein Blick auf einige grundlegende Daten und Fakten zu Hartz 4: Nach Informationen der Bundesagentur für Arbeit (BA) bezogen im September 2009 6,7 Millionen Menschen ALG II, in Hinblick auf die Geschlechter etwa gleich verteilt und 4,9 Millionen davon erwerbsfähig. Der größte Anteil der 1,8 Mio. nicht erwerbsfähigen Bezieher von Hartz 4 waren Kinder, d.h. konkret bezogen 1,7 Mio. Kinder unter 15 Jahren Leistungen. Des Weiteren waren unter den 6,7 Mio. Menschen 636.000 Alleinerziehende (davon 600.000 Frauen), die auf staatliche Unterstützung angewiesen waren. Etwa 28 % der Hartz 4-Empfänger waren im September letzten Jahres Menschen mit Migrationshintergrund, womit diese insgesamt etwa doppelt so oft Leistungen erhalten wie diejenigen ohne Migrationshintergrund.
Der ALG II „Regelsatz“ liegt seit Juli 2009 bei 359 Euro im Monat für Alleinstehende sowie Alleinerziehende und für Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 25 Jahren bei 287 Euro – bei Kindern ist der Satz gestaffelt: von 7 bis 14 Jahren gibt es 251 Euro und bis 6 Jahre 215 Euro. Zu diesem Regelsatz kommen dann noch ergänzend die Kosten für Miete und Heizung.
Was wird vom Betroffenen verlangt?
Empfänger von Hartz 4 müssen zum einen mit dem jeweiligen Jobcenter eine Eingliederungsvereinbarung abschließen, in welcher sämtliche Schritte erfasst werden, denen der Einzelne nachgehen wird (Bewerbungsanzahl, Vorlegetermine etc.), um wieder einen Job zu bekommen. Des Weiteren sind ALG II-Empfänger dazu verpflichtet, eine angebotene, zumutbare Beschäftigung, Ausbildung oder einen „Ein-Euro-Job“ aufzunehmen und müssen sich ebenso in möglichen Vorstellungsgesprächen korrekt verhalten, dürfen dieses also nicht „vorsätzlich“ sabotieren. Außerdem gilt es, sämtliche Angebote und Maßnahmen (Weiterbildungen, Sprachkurse, Bewerbungscoaching etc.) einzuhalten, die den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt unterstützen oder vereinfachen könnten. Generell besteht außerdem die Pflicht, zu allen Terminen im Jobcenter pünktlich zu erscheinen bzw. bei Nicht-Einhaltung durch Krankheit diese mit einem entsprechenden Nachweis zu belegen.
Wer wird wie sanktioniert?
Verstößt ein ALG II-Empfänger gegen die Eingliederungsvereinbarung oder lehnt ein zumutbares Arbeitsangebot ab, so kann der Regelsatz im ersten Schritt um 30 Prozent, bei einem weiteren Verstoß dann um 60 % und im Falle eines dritten Verstoßes sogar um 100% gekürzt werden, was dann unter Umständen auch die Streichung von Miete und Heizung bedeutet. Verstößt ein unter 25-jähriger Hartz 4-Empfänger gegen diese Pflichten, so ist eine Kürzung um 100% sogar schon beim „ersten Mal“ möglich. Wird die Pünktlichkeits- bzw. Erscheinungspflicht bei einem Termin im Jobcenter nicht eingehalten, können dem Leistungsempfänger für einen Zeitraum von drei Monaten 10 Prozent des Regelsatzes gekürzt werden. Passiert dies ein weiteres Mal, so sind 20% Kürzung für drei Monate möglich, bei jeder Wiederholung weitere 10% für ein Vierteljahr.
Wie wird sanktioniert?
Im Oktober 2009 lag die „Sanktionierungsquote“ bei 2,5 %, d.h. knapp 124.000 erwerbsfähige Hartz 4-Empfänger waren von mindestens einer Sanktion betroffen, 97,5 % Prozent aller 4.895.583 erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher waren dementsprechend sanktionsfrei. 55.581 Sanktionen wurden ebenfalls im Oktober 2009 neu verhängt, davon 56% aufgrund eines verpassten Termins und 17 % wegen Verstoßes gegen die Eingliederungsvereinbarung. Weitere 11% ergaben sich durch die Ablehnung eines "Ein-Euro-Jobs" bzw. einer Ausbildung und in lediglich 2 % der Fälle war eine Beschäftigung abgelehnt worden.
Wo wird am stärksten sanktioniert?
Beim Vergleich der Sanktionierung-Quoten der Bundesländer zeigt sich ein interessantes Bild: So wird in den neuen Bundesländern deutlich weniger sanktioniert (Quote: 2,3%) als in den alten Ländern (2,6%). Bayern führt dabei – wenig überraschend – mit 3,2% das Feld an, gefolgt von Rheinland-Pfalz (3,1 %) und Berlin mit 2,8%. Im Osten hingegen herrschen nahezu in allen Ländern durchweg in Relation niedrige Werte, wobei Sachsen mit 2,0 % die geringste Quote hat, gefolgt von Brandenburg (2,1%), Sachsen-Anhalt sowie Thüringen (jeweils 2,2%) und Mecklenburg-Vorpommern mit 2,4%. „Ausreißer“ im Westen ist Bremen, wo mit 2,0 % im Vergleich zu den übrigen West-Ländern relativ wenig sanktioniert wurde. (22.02.2010)
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