Rente: Versteckte Kosten für Rentner werden oft übersehen

Viele Menschen fiebern dem Ruhestand entgegen. Für viele bedeutet „Endlich Rente“: weniger Stress, mehr Freiheit, ein gesichertes Einkommen. Doch in der Praxis sieht die finanzielle Realität im Alter oft anders aus als erhofft.

Bruttorente ist nicht gleich Nettorente

Die auf dem Rentenbescheid ausgewiesene Bruttorente ist nur die halbe Wahrheit. Denn von dieser Summe gehen verschiedene Abzüge ab – und am Ende bleibt oft deutlich weniger übrig.

Zu den wichtigsten Faktoren gehören die steuerliche Belastung, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, mögliche Abschläge bei frühzeitigem Rentenbeginn sowie Einschränkungen beim Hinzuverdienst. Auch Renten sind steuerpflichtig; wie hoch der zu versteuernde Anteil ausfällt, hängt davon ab, in welchem Jahr die Rente erstmals bezogen wird.

Rentnerinnen und Rentner bleiben in der Regel pflichtversichert oder freiwillig versichert in der gesetzlichen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung, wodurch monatliche Beiträge anfallen, die direkt von der Bruttorente abgezogen werden. Wer vorzeitig in Rente geht, muss außerdem dauerhafte Kürzungen der Rentenzahlung in Kauf nehmen.

Und schließlich müssen auch jene, die im Ruhestand einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder andere Einkünfte erzielen, die daraus resultierenden finanziellen Auswirkungen berücksichtigen.

Beispiel: Angenommen, jemand bezieht eine Bruttomonatsrente von 1.800 €. Zieht er 4 Jahre früher in Rente, kann ein Abschlag von bis zu ca. 14,4 % anfallen – das wären rund 260 € weniger pro Monat. Zusätzlich kämen Kranken-/Pflegeversicherungsbeiträge und Steuerbelastung hinzu. Die Nettorente liegt also deutlich unter der Bruttozahl.

Steuerfalle Rente: Warum Sie weniger behalten als gedacht

Mit der sogenannten nachgelagerten Besteuerung der Renten steigt der Anteil der zu versteuernden Rente Jahr für Jahr.
Für den Renteneintritt im Jahr 2025 gilt: Der steuerpflichtige Anteil liegt bei 83,5 %. Das bedeutet: 16,5 % bleiben steuerfrei.
Das heißt:

  • Wer im Jahr 2025 neu in Rente geht, bekommt z. B. von einer Jahresbruttorente von 20.000 € einen steuerfrei-stehenden Teil von ca. 3.300 € (16,5 %), der Rest von 16.700 € wird versteuert.
  • Der Freibetrag bleibt lebenslang konstant; spätere Rentenerhöhungen werden zu 100 % besteuert.
  • Wer zusätzlich Einkünfte hat (z. B. Mieteinnahmen, Kapitalerträge, Nebenjob), kann schnell über den Grundfreibetrag hinauskommen – und plötzlich eine Steuererklärung abgeben müssen.

Konkretes Beispiel:
Frau M. bezieht ab 2025 eine gesetzliche Jahresrente von 18.000 €. Davon bleiben 16,5 % = 2.970 € steuerfrei. Zu versteuern sind somit rund 15.030 €. Liegt ihr sonstiges Einkommen (z. B. Kapitalerträge) bei 3.000 €, kommt sie insgesamt über den Grundfreibetrag – und muss Steuern zahlen. Ohne diese Einkünfte hätte sie vielleicht keine Steuerpflicht gehabt.

Frührente kann teuer werden: Dauerhafte Abschläge im Blick behalten

Der Wunsch, früher in den Ruhestand zu gehen, ist nachvollziehbar. Nach Jahrzehnten harter Arbeit reizt ein früherer Ausstieg mit etwa 63 Jahren oder nach 45 Versicherungsjahren. Doch dieser Schritt hat erhebliche Konsequenzen.

Für jeden Monat, den Sie vor Ihrer individuellen Regelaltersgrenze in Rente gehen, wird die monatliche Rente um 0,3 % gekürzt.
Wer z. B. 48 Monate früher beginnt, verliert etwa 14,4 % seiner monatlichen Rente.
Diese Kürzung gilt lebenslang – auch wenn später noch berufliche Aktivität hinzukommt, wird die Kürzung nicht zurückgenommen.

Beispiel: Herr K. hätte bei seiner Regelaltersgrenze eine Bruttomonatsrente von 2.200 € erwartet. Stattdessen geht er 4 Jahre früher in Rente – 14,4 % Abschlag → 2.200 € × (1-0,144) = ≈ 1.886 € (brutto). Pro Monat verliert er also rund 314 €. Über 20 Jahre macht das – brutto – rund 75.000 € weniger (ohne Berücksichtigung von Steuern und Sozialabgaben).

Viele unterschätzen diese dauerhafte Minderung und merken erst im Nachhinein, dass die Entscheidung für den frühen Ruhestand nicht nur Freizeitgewinn, sondern langfristige finanzielle Einbußen bedeutet.

Hinzuverdienst im Ruhestand: Freiheit mit doppeltem Boden

Seit dem 1. Januar 2023 gelten Regeln für den Hinzuverdienst bei Altersrenten. Wichtig zu wissen:

  • Für Altersrenten (regulär oder vorzeitig) gibt es nun keine Hinzuverdienstgrenzen mehr.
  • Wer eine Altersrente bezieht (z. B. Rente ab 63 oder Regelaltersrente) darf auch nebenbei arbeiten – ohne Kürzung der Rente.
  • Allerdings heißt das nicht: keine Konsequenzen. Denn:
    • Der zusätzliche Verdienst wird steuerlich relevant.
    • Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung können steigen – je nach Status (Pflichtversicherung, freiwillig versichert).
    • Bei Erwerbsminderungsrenten oder Hinterbliebenenrenten gelten weiterhin Einschränkungen.

Beispiel: Frau L. bezieht eine Altersrente und arbeitet nebenbei in Teilzeit. Dank der aufgehobenen Hinzuverdienstgrenze verdient sie zusätzlich 15.000 € pro Jahr. Ihre Rente wird nicht gekürzt – dennoch erhöht sich ihr steuerpflichtiges Einkommen, und sie muss prüfen, ob als Pflichtversicherte in der GKV mehr Beiträge anfallen. Zudem kann die Steuerlast steigen, sodass der „Zusatzverdienst“ netto nicht so viel bringt wie gedacht.

So vermeiden Sie Rentenüberraschungen: Rechnen, bevor es zu spät ist

Lassen Sie sich frühzeitig eine Prognose Ihrer künftigen Rentenzahlung erstellen – inklusive Abschlägen, Steuerbelastung und Versicherungsbeiträgen.
Kalkulieren Sie realistisch, ob und in welchem Umfang Sie neben der Rente weiterarbeiten möchten – und welche Effekte das auf Ihre Nettorente hat.

Prüfen Sie mehrjährige Szenarien, insbesondere wenn Sie frühzeitig gehen wollen oder hohe Nebeneinkünfte planen.

Eine individuelle Beratung bei der Deutschen Rentenversicherung oder eine unabhängige Rentenberatung können helfen, die eigene Situation realistisch einzuschätzen und finanzielle Fehlentscheidungen zu vermeiden.