Rente: Pflegeversicherung frisst Rentenerhöhung – Warum im Juli 4,8 % vom Konto gehen

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Die Renten steigen zum 1. Juli um 3,74 Prozent. Zeitgleich zieht die Deutsche Rentenversicherung (DRV) jedoch einmalig 4,8 Prozent Pflegebeitrag ab. Letztlich spüren viele Ruheständler kaum mehr Geld im Portemonnaie – manche sogar weniger. Der Grund liegt in einer kurzfristigen Gesetzesänderung, die erst jetzt technisch verarbeitet wird.

Sammelabrechnung statt Monatsabbuchung

Seit 1. Januar 2025 gilt für die Pflegeversicherung ein neuer Beitragssatz von 3,6 Prozent (zuvor 3,4 Prozent). Angestellte zahlen davon nur die Hälfte, Rentner jedoch den vollen Betrag. Weil die IT-Systeme der DRV zum Jahreswechsel nicht rechtzeitig umgestellt waren, verschob der Gesetzgeber die Nachzahlung. Paragraf 1 Absatz 2 der Pflegebeitragsanpassungsverordnung 2025 (PBAV) ordnet an, die bis Juni gestundeten 0,2 Prozentpunkte pro Monat mit der Juli-Rente einzuziehen. Das ergibt:

  • regulärer Beitrag 3,6 %
  • Nachzahlung für sechs Monate 1,2 %
  • Summe im Juli: 4,8 %

Ab August fällt der Abzug wieder auf 3,6 Prozent.

Beispiele in Euro: So viel fehlt im Juli

Bruttorente Pflegebeitrag bisher Einmaliger Juli-Abzug Ab August
1 000 € 34 € 48 € 36 €
2 000 € 68 € 96 € 72 €

Die gleichzeitige Rentenerhöhung federt die Zusatzlast etwas ab, gleicht sie aber nicht komplett aus.

Kinderlose, Eltern, Beamte: Wer zahlt wie viel?

Der Pflegebeitrag unterscheidet sich zwischen verschiedenen Gruppen.

  • Kinderlose Rentner: zahlen 0,6 Prozentpunkte extra. Ihr Satz steigt im Juli auf 5,4 Prozent, ab August auf 4,2 Prozent.
  • Eltern mit mehreren Kindern: Für das zweite bis fünfte Kind unter 25 Jahren mindert sich der Beitrag um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Zwei minderjährige Kinder senken den Juli-Satz also auf 4,3 Prozent.
  • Pensionierte Beamte: Der Dienstherr übernimmt die halbe Prämie. Sie werden im Juli mit 2,4 Prozent belastet und ab August mit 1,8 Prozent.

Kritik: „Versteckte Ungerechtigkeiten“

Der Bundesverband der Rentenberater bemängelt, dass die Nachzahlung auf die bereits erhöhten Juli-Renten berechnet wird. Dadurch ist sie rechnerisch etwas höher, als hätte man sie pro Monat einbehalten. Außerdem trifft der Sammelabzug auch Neurentner, die vor Juli gar nichts stunden konnten. Wer etwa erst im Juni in Rente ging, zahlt trotzdem die vollen 1,2 Prozent Nachschlag.

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Widerspruch möglich – lohnt er sich?

Juristisch könnte jeder Betroffene gegen den Einbehalt vorgehen. Fachleute warnen jedoch vor hohem Aufwand und geringen Erfolgsaussichten. Die DRV müsste massenhaft Bescheide prüfen, was am Ende alle Versicherten bezahlen würden. Die Nachzahlung selbst beträgt bei 1.000 Euro Rente nur rund 14 Euro – für viele Rentner kein Betrag, für den sich ein Rechtsstreit rechnet. Wer trotzdem Einspruch einlegt, sollte das innerhalb eines Monats nach Eingang des Rentenbescheids tun.

Finanzielle Folgen für die Pflegekassen

Der einmalige Spitzenausgleich bringt der sozialen Pflegeversicherung rund 300 bis 350 Millionen Euro zusätzlich ein – deutlich mehr als die ursprünglich kolportierten 15 Millionen Euro. Angesichts des erwarteten Defizits von 1,54 Milliarden Euro Ende 2024 ist das jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Abbuchungspraxis: Keine gesonderte Lastschrift

Die DRV verrechnet den höheren Beitrag direkt mit der Rentenzahlung. Auf dem Kontoauszug erscheint deshalb lediglich ein um die Nachzahlung gekürzter Rentenbetrag, keine zweite Abbuchung. Das vereinfacht die Buchhaltung, macht den Abzug aber auch weniger transparent.

So behalten Sie den Überblick

  1. Prüfen Sie den neuen Rentenbescheid auf den ausgewiesenen Pflegebeitrag.
  2. Vergleichen Sie Juli und August-Zahlungen, um sicherzustellen, dass der Satz wieder sinkt.
  3. Legen Sie bei Unstimmigkeiten fristgerecht Widerspruch ein.

Wer diese Schritte beachtet, vermeidet unnötige Verluste und behält die eigene Liquidität im Auge.

Weitere Beitragssprünge nicht ausgeschlossen

Der demografische Druck auf die Pflegeversicherung wächst. Fachleute halten eine erneute Anhebung des Satzes für wahrscheinlich, falls der Bund keine Steuermittel zuschießt oder strukturelle Reformen anstößt. Ruheständler sollten deshalb künftige Rentensteigerungen kritisch prüfen und Rücklagen einplanen.