Erwerbsminderungsrenten sind generell niedrig. 2023 lagen die monatlichen Bruttobezüge bei Neurentnern bei nur 1001,34 Euro. Davon gehen noch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab.
Doch bei jungen Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente bekommen, sind die monatlichen Bezüge oft deutlich höher. Wir erklären in diesem Beitrag, woran das liegt.
Inhaltsverzeichnis
Mindestens fünf Jahre in der Rentenversicherung
Generell gilt: Um Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente zu haben, müssen Sie mindestens fünf Jahre bei der gesetzlichen Rentenkasse versichert sein.
Eine Ausnahme ist es, wenn die Erwerbsminderung durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit verursacht wurde. Dann reicht es, wenn Sie überhaupt in der Rentenkasse versichert waren.
Sonderregel bei Berufseinsteigern
Auszubildende haben den Vorteil einer Sonderregel. Diese gilt, wenn die Einschränkung bis zu sechs Jahren nach dem Ende der Schule oder einer Ausbildung eintritt.
Die Betroffenen müssen dann nur mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge geleistet haben, innerhalb der letzten zwei Jahre.
Zurechnungszeit sorgt für höhere Rente
Schön und gut, könnte man sagen, doch wer in der Ausbildung wenig verdient und zudem als junger Mensch erst kurz Beiträge gezahlt hat, bekommt dann kaum Rente.
Doch hier kommt eine weitere Besonderheit der Erwerbsminderungsrente ins Spiel, die sogenannte Zurechnungszeit.
Berechnung der Rente bis Regelaltersrente
Bei der Erwerbsminderungsrente werden nicht nur die Berufsjahre berücksichtigt, in denen Betroffene Rentenbeiträge leisteten. Vielmehr gibt es hier eine Zurechnungszeit.
Die Erwerbsgeminderten werden so bewertet, als hätten Sie bis zum 65. Lebensjahr in die Rentenkasse eingezahlt.
Auszubildende werden höher bewertet
In der Ausbildung werden Renten (im Schnitt) höher bewertet als später im Beruf, und zwar bis zu drei Jahre lang. Für Auszubildende gelten drei Viertel des Durchschnittsentgelts aller Versicherten bei der Rente – unabhängig von ihrem wirklichen Verdienst.
Dabei liegt das monatliche Einkommen während einer Ausbildung meist erheblich unter dieser Summe. Die Betroffenen erhalten damit in der Regel eine höhere Rente, als dies bei ihrem normalen Einkommen der Fall wäre.
Sonderregeln gelten für alle
Übrigens: Die Sonderregeln für eine Erwerbsminderung, die während oder in den Jahren nach einer Ausbildung eingesetzt werden, sind nicht auf ein Höchstalter beschränkt.
Da aber die Mehrheit der Betroffenen ihre Ausbildung vor dem 25. Lebensalter beendet, profitieren besonders junge Menschen.
Rentenpunkte als Währung der Rente
Ein Rentenpunkt liegt 2024 bei 39,32 Euro. Er wird jährlich auf den Rentenanspruch angerechnet. Kurz gesagt, wer zehn Jahre lang jeweils einen solchen Punkt gesammelt hat, kann mit rund 392 Euro Rente pro Monat rechnen.
Einen dieser Entgeltpunkte bekommen Rentenversicherte, deren Einkommen (und damit ihre Rentenbeiträge) dem Durchschnitt entspricht. Wer halb so viel sozialversicherungspflichtig verdient wie der Durchschnitt, erhält einen halben Rentenpunkt, und wer doppelt so viel verdient, der bekommt zwei.
Minijobber profitieren von den Sonderregeln
Die “Als Ob” Rechnung zahlt sich besonders aus für junge Menschen, die bisher nur wenig in die Rentenversicherung einzahlten und in der Ausbildung, in Mini- und Nebenjobs versichert waren.
Erwerbsminderungsrente für Studierende?
Generell gilt die Erwerbsminderungsrente als Versicherungsleistung nicht für Schüler, Studenten oder Menschen, die Bürgergeld beziehen.
Aber: Wer als Schüler versicherungspflichtigen Nebenjob hat oder als Student einen Minijob mit 500 Euro im Monat, wird in der Rentenkasse gezählt. Bei einem Minijob muss darauf geachtet werden, dass die Rentenbeiträge geleistet werden.
Gerade wenn Sie vor der Erwerbsminderung wenig verdienten, profitieren sie von der Anpassung der Rente an den Durchschnittsverdienst und an die fiktiven Entgeltpunkte.
Wer wird Erwerbsgemindert?
2023 waren 15 Prozent der Menschen, die erstmals eine Erwerbsminderungsrente bezogen, unter 45 Jahren. Unter 30 Jahren waren es unter den Bestandsrentnern nur 0,4 Prozent (insgesamt 6.250 Menschen). Jedoch waren 17,2 Prozent (301.904 Menschen) unter 50 Jahren und fast jeder Dritte (546.790) jünger als 55 Jahre.
Bei denjenigen, die erstmals eine Erwerbsminderungsrente bezogen, waren allerdings bereits 3,7 Prozent jünger als 30 Jahre, und 15,1 Prozent noch keine 45 Jahre alt. Unter 50 war 2023 immerhin jeder Vierte, der neu eine solche Rente bezog (23,1 Prozent).
Was können junge Menschen tun?
Wer jung ist, denkt selten an die Rente, weder an die Altersrente noch an die Erwerbsminderungsrente. Dies wäre aber sinnvoll, und es kann bares Geld bedeuten.
Bei einem Minijob während des Studiums oder in der schulischen Ausbildung darauf zu pochen, Rentenbeiträge zu leisten, kann darüber entscheiden, überhaupt einen Rentenanspruch zu haben.
Auszubildende und junge Menschen, die ihre Schule gerade hinter sich haben, genießen zwar Vorteile beim Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Doch auch für sie gilt: Eine Rente bekommt nur, wer in die Rentenkasse eingezahlt hat.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.