Rechtswidrige Mietgrenzen bringen Bürgergeld-Bezieher in Bedrängnis

Lesedauer 2 Minuten

Beim Bürgergeld (zuvor bei Hartz IV) legen die Kommunen eine Mietobergrenze fest, die als angemessen gilt und den Menschen ausgezahlt wird, die auf Sozialleistungen angewiesen sind. Jetzt ist belegt, dass Kommunen diese Mietobergrenzen nicht nur so knapp wie möglich bemessen (haben), sondern sogar klar gegen geltendes Recht verstießen.

Sparen bei den Armen

Der Verdacht liegt nahe, dass kommunale Entscheider/innen oftmals „Angemessenheit“ nicht objektiv nach dem Existenzminimum berechnen, sondern nach unten korrigieren, um Geld zu sparen.

Für die Betroffenen, die per Definition des Bürgergelds am Existenzminimum leben, bedeutet das pure Not. Sie müssen die Differenz zur Realmiete aus dem Regelsatz bezahlen – im Schnitt sind das fast 100 Euro.

Hungern, um die Wohnung zu zahlen

Jessica Tatti, bei der Linksfraktion für Arbeit und Sozialpolitik zuständig, sagt, dass zehntausende von Hartz IV Abhängige (heute Bürgergeld) von zu niedrigen Richtwerten für Miete und Heizung betroffen seien.

Diese Wohnkostenlücke müsste dann aus dem Regelsatz bezahlt werden. Dieser ist so berechnet, dass er das Minimum für Lebensmittel, Strom und den täglichen Bedarf abdeckt. Im Klartext heißt das: Den Betroffenen fehlt es an Geld für Essen.

Sozialgerichte verurteilen Rechtsbrüche

In 24 Fällen stellten Sozialgerichte rechtswidrige Miet-Richtwerte der Kommunen fest – und dies in acht Städten und Kreisen. Hier waren die Mietobergrenzen objektiv zu niedrig angesetzt.

Die Fälle stammen aus den Jahren 2014 bis 2020. In den jeweiligen Städten und Kreisen leben zehntausende Menschen, die seinerzeit Hartz IV bezogen (und heute zehntausende Menschen, die von Bürgergeld abhängig sind).

Die 24 Fälle sind keine Einzelschicksale, denn die falsch berechnete Mietobergrenze galt für alle Bedürftigen, die entsprechende Leistungen erhielten. Sie alle hätten einen Anspruch auf höhere Leistungen gehabt.

Lesen Sie auch:
Bürgergeld: Miete zu hoch – Was passiert bei unangemessener Miete?

Ein Fünftel des täglichen Brots für die Miete

Jessica Tatti zeigt, dass 2020 jede sechste Bedarfsgemeinschaft unter der Wohnkostenlücke zu leiden hatte. Es handelt sich um 400.000 Haushalte.

2021 mussten diese Betroffenen 91 Euro der Miete aus dem Regelsatz zahlen, Familien mit Kindern sogar 106 Euro. Das waren rund 20 Prozent des damaligen Regelsatzes – 91 Euro von 446 Euro.

Weniger Geld für Miete bei höheren Mietkosten

Mietpreise erhöhen sich derzeit drastisch, vor allem in Großstädten. Das Portal Immowelt berichtet,
dass zum Beispiel die Angebotsmieten für Bestandswohnungen in Berlin im ersten Quartal 2023 um 22 Prozent zunahmen.

Im letzten Quartal 2022 lagen sie durchschnittlich noch bei 10,17 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche – im ersten Quartal 2023 betrugen sie 12,41 Euro.

Während die Mieten von Jahr zu Jahr, von Monat zu Monat steigen, senkte der Landkreis Göttingen die Kosten für die Unterkunft beim Bürgergeld. Alleinstehende erhalten ab dem 1. August 2023 nur noch 511 Euro Mietobergrenze bewilligt – statt zuvor 540 Euro.

Dabei stieg der Mietspiegel in Göttingen für eine 30 Quadratmeter-Wohnung von 11,86 Euro pro Quadratmeter 2022 auf 13,24 Euro pro Quadratmeter 2023, und bei einer 60 Quadratmeter-Wohnung von 9,77 Euro auf 10,88 Euro.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

Wird geladen ... Wird geladen ...