Desaster beim Sozialticket: Jeden Tag 1000 Euro Strafgelder

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Die Umstellung vom Berlin-Pass auf den Berechtigungsnachweis für Vergünstigungen erweist sich als chaotisch und ineffektiv. Seit fast einem Jahr klagt Annette Siegert, Teil des Netzwerks “Ich bin armutsbetroffen”, über die Missstände. Die geplante Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus zeigte das gesamte Ausmaß.

Annette Siegert, selbst Bezieherin von Erwerbsminderungsrente und Grundsicherung, sprach im Sozialausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses über die prekäre Situation. Linke- und Grünenfraktion haben eine Anhörung zum Thema initiiert, bei der die Kritik an der aktuellen Regelung einhellig ist.

Probleme mit dem neuen System

Die Einführung des Berechtigungsnachweises hat dazu geführt, dass Betroffene nicht nur eine Plastikkarte, sondern auch den Berechtigungsnachweis-Zettel und den Leistungsbescheid mitführen müssen.

Dies stellt nicht nur in Bezug auf die VBB-Kundenkarte, sondern auch in anderen Institutionen, wie der Musikschule und Museen, ein Hindernis dar.

Die BVG ist Hauptproblem

Ein besonders gravierendes Problem besteht bei der BVG. Die Übergangsregel, die es den Leistungsbeziehenden ermöglichte, das Sozialticket auch ohne Kundenkarte zu nutzen, wurde im Oktober beendet.

Die Beantragung der Kundenkarte erfordert jedoch den zuvor beantragten Berechtigungsnachweis und zusätzliche Wochen zur Bearbeitung durch die BVG. Viele Betroffene können aufgrund dieses komplexen Verfahrens ihr Sozialticket daher nicht nutzen oder erhalten bei Kontrollen eine Strafe wegen unzureichenden Nachweisen.

1000 Euro pro Tag für Strafgelder von Bürgergeld und Grundsicherungsbeziehern

Durch die Probleme mit den Berechtigungsnachweisen wurden laut einer Anfrage der Linkspartei an den Senat über 4700 erhöhte Beförderungsentgelte aufgrund fehlender Kundenkartennummern auf den Sozialtickets ausgestellt. Das sind rund 1000 Euro pro Tag für die Berliner Verkehrsbetriebe, die sie aus den Taschen von Bürgergeld bzw. Grundsicherungsbeziehern generieren.

Neben Annette Siegert äußern auch andere Teilnehmende der Anhörung, darunter Vertreterinnen der Stadtmission, Jobcenter und Seniorinnenarbeit, ihre Unzufriedenheit über die nicht funktionierende Umstellung. Insbesondere das Jobcenter Treptow-Köpenick weist darauf hin, dass die Stelle, die die Berechtigungsnachweise ausstellen kann, überlastet ist.

Geburtsfehler des neuen Systems

Die Umstellung sollte eigentlich zu einer Vereinfachung der Verwaltungsabläufe führen. Doch Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe gibt zu, dass es einen Geburtsfehler gab. Die Zuständigkeitswechsel von den Bezirken zur Landesebene erfolgten ohne ausreichende Personalaufstockung und digitale Lösungen.

Rückkehr zum Berlin-Pass gefordert

Die Forderung nach einer Rückkehr zum Berlin-Pass wird von verschiedenen Seiten laut. Taylan Kurt (Grünen-Fraktion), Katina Schubert (Linksfraktion) und Sebahat Atli (SPD-Fraktion) argumentieren, dass eine Rückkehr zum alten System notwendig sei, wenn die aktuelle Umstellung nicht funktioniere. Doch Staatssekretär Bozkurt lehnt eine Rückkehr ab und betont die Fortführung der Übergangslösungen.

Die Hoffnung auf eine schnelle Lösung des Problems bei der BVG bleibt vorerst ungewiss. Staatssekretär Bozkurt verspricht, das Problem innerhalb von sechs Monaten zu lösen, während Annette Siegert vom Netzwerk “Ich bin armutsbetroffen” ernüchtert ist und Zweifel an einer wirklichen Veränderung äußert. Die Zukunft des Berliner Sozialtickets bleibt somit weiterhin unsicher.