Angehörige zu pflegen und zugleich seinen beruflichen Verpflichtungen nachzukommen, kann enormen Stress verursachen oder sich sogar gegenseitig ausschließen. Dabei kann diese Situation ebenso schnell wie unverhofft entstehen.
Vater, Mutter oder Ehemann werden Opfer eines Verkehrsunfalls, erleiden einen Schlaganfall oder werden durch eine Erkrankung zum Pflegefall. Oder die Krankheit eines bereits pflegebedürftigen Angehörigen verschlimmert sich, und die bisherige Aufteilung von Arbeit und Pflege ist jetzt nicht mehr möglich.
Dann stellt sich die Frage: Was passiert mit dem Job, wenn die Pflege den Tag ausfüllt? Besteht die Möglichkeit, sich freistellen zu lassen?
Anspruch auf Unterstützungsgeld
Der Gesetzgeber hat für solche akut auftretenden Pflegesituationen vorgesorgt. Für bis zu zehn Arbeitstage können Sie sich als Beschäftigte einmal pro Jahr von der Arbeit freistellen lassen, und zwar mit geringen finanziellen Einbußen. Diese Leistung heißt Pflegeunterstützungsgeld.
Viele Arbeitgeber sind ohnehin wegen tariflicher oder vertraglicher Regelungen zur Entgeltzahlung verpflichtet. Wenn das nicht der Fall ist, besteht trotzdem der Anspruch auf das Pflegeunterstützungsgeld.
Dies können nahe Angehörige bei der Pflegekasse oder der privaten Pflegeversicherung des Bedürftigen beantragen. Es liegt gewöhnlich bei 90 Prozent des Nettoarbeitsgeldes, das Sie in dieser Zeit erhalten würden.
Die Familienpflegezeit
Das Pflegeunterstützungsgeld dient dazu, akute und oft plötzlich eintretende Situationen der Pflegebedürftigkeit zu unterstützen. Doch auch, wenn Sie Angehörige längere Zeit pflegen müssen, bleiben Sie nicht ohne Unterstützung.
Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie sich nämlich bis zu 24 Monate teilweise von der Arbeit freistellen lassen. Das nennt sich Familienpflegezeit. Sie müssen allerdings im Jahresschnitt 15 Stunden pro Woche beschäftigt bleiben.
Schwierig wird es bei Kleinstbetrieben. Denn im Pflegezeitgesetz steht: „Beschäftigte sind von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen (Pflegezeit). Der Anspruch nach Satz 1 besteht nicht gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel 15 oder weniger Beschäftigten.“
Bei derart kleinen Betrieben müssen Sie bei Ihrem Arbeitgeber einen Antrag stellen, und dieser hat auch das Recht, diesen abzulehnen. Er muss eine Ablehnung aber gut und sachlich begründen.
Laut dem Pflegezeitgesetz ist sogar eine vollständige Freistellung von der Arbeit für bis zu sechs Monate möglich, und Familienpflegezeit wie vollständige Pflegezeit lassen sich miteinander kombinieren für bis zu 24 Monate, also dann sechs Monate Vollzeit- und 18 Monate Teilzeitpflege.
Was müssen Sie tun?
Das genaue Prozedere des Antrags ist unter Absatz 3 im Pflegezeitgesetz geregelt. Dort heißt es: „(3) Wer Pflegezeit beanspruchen will, muss dies dem Arbeitgeber spätestens zehn Arbeitstage vor Beginn in Textform ankündigen und gleichzeitig erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden soll. Wenn nur teilweise Freistellung in Anspruch genommen wird, ist auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit anzugeben. Enthält die Ankündigung keine eindeutige Festlegung, ob die oder der Beschäftigte Pflegezeit oder Familienpflegezeit nach § 2 des Familienpflegezeitgesetzes in Anspruch nehmen will, und liegen die Voraussetzungen beider Freistellungsansprüche vor, gilt die Erklärung als Ankündigung von Pflegezeit.“
Achtung: Wenn Sie Familienpflegezeit nach (Voll-) Pflegezeit kombinieren wollen, dann „muss sich die Familienpflegezeit oder die Freistellung nach § 2 Absatz 5 des Familienpflegezeitgesetzes unmittelbar an die Pflegezeit anschließen. In diesem Fall soll die oder der Beschäftigte möglichst frühzeitig erklären, ob sie oder er Familienpflegezeit oder eine Freistellung nach § 2 Absatz 5 des Familienpflegezeitgesetzes in Anspruch nehmen wird; abweichend von § 2a Absatz 1 Satz 1 des Familienpflegezeitgesetzes muss die Ankündigung spätestens drei Monate vor Beginn der Familienpflegezeit erfolgen.“
Umgekehrt gilt aber. Wenn Sie die Pflegezeit nach der Familienpflegezeit eingehen wollen, dann müssen Sie das dem Arbeitgeber nur spätestens acht Wochen vor Beginn in Textform ankündigen.
Wann können Sie Pflegezeit beantragen?
Von der Arbeit werden Sie aber nicht in jedem Fall freigestellt, wenn ein Angehöriger pflegebedürftig ist. Vielmehr gilt hier, so das Pflegezeitgesetz: „Beschäftigte sind zur Begleitung eines nahen Angehörigen von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen, wenn dieser an einer Erkrankung leidet, die progredient verläuft und bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht hat, bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativ medizinische Behandlung notwendig ist und die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt. Beschäftigte haben diese gegenüber dem Arbeitgeber durch ein ärztliches Zeugnis nachzuweisen.“
Besonderer Kündigungsschutz
Bei der Pflegezeit ebenso wie bei der Familienpflegezeit gilt für Sie ein besonderer Kündigungsschutz. So steht im Paragrafen 5 unter Absatz 1: „Der Arbeitgeber darf das Beschäftigungsverhältnis von der Ankündigung, höchstens jedoch zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn, bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 oder der Freistellung nach § 3 nicht kündigen.
Im Fall einer Vereinbarung über eine Freistellung nach § 3 Absatz 6a dieses Gesetzes oder nach § 2a Absatz 5a des Familienpflegezeitgesetzes beginnt der Kündigungsschutz mit dem Beginn der Freistellung.“