Pflegegeld: Schritt für Schritt 3.539 Euro Verhinderungspflege 2025 abrechnen

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Zum 1. Juli 2025 tritt mit dem sogenannten „Gemeinsamen Jahresbetrag“ die tiefgreifendste Neuregelung seit Einführung der Pflegeversicherung in Kraft. Verhinderungs- und Kurzzeitpflege werden nicht länger separat budgetiert, sondern zu einem flexiblen Jahresrahmen von 3 539 Euro zusammengeführt.

Ab Pflegegrad 2 können Pflegebedürftige – oder die von ihnen beauftragten Angehörigen – damit frei entscheiden, ob sie das Geld für eine stunden- oder tageweise Ersatzpflege zu Hause oder für eine Unterbringung in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung einsetzen. Das bisherige, in der Praxis umständliche Verschieben von Mitteln entfällt.

Grundlagen und ihre Verschiebungen

Rechtsquelle ist der neue § 42a Sozialgesetzbuch XI, der zum Stichtag das bisherige § 42a-Regelwerk zur teilstationären Versorgung auf § 42b umnummeriert.

Die Übergangsregeln im Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) sehen vor, dass für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Pflegegrad 4 oder 5 das Entlastungsbudget bereits seit 1. Januar 2024 gilt. Für Erwachsene folgt die Freigabe erst jetzt – formal existierte das Gesetz bis zuletzt lediglich als verabschiedeter Entwurf, was viele Nachfragen bei Kassen und Beratungsstellen auslöste.

Was sich konkret ändert

Mit der Bündelung steigen die real verfügbaren Mittel deutlich: Bislang standen für die Verhinderungspflege 1 685 Euro und für die Kurzzeitpflege 1 774 Euro (zuletzt 1 774 Euro, im Jahreslauf 2024 – in vielen Erklärungen aus Praktikabilitätsgründen bereits als „rund 2 500 Euro“ zusammengefasst) zur Verfügung.

Nur bis zu 50 Prozent des Kurzzeitpflegeanspruchs durften in die Verhinderungspflege übertragen werden. Dieser Deckel entfällt, das Budget wächst rechnerisch um fast 40 Prozent.

Beantragung – der Kostennachweis bleibt der Dreh- und Angelpunkt
Das neue Recht ersetzt keine bestehenden Antragswege, sondern vereinfacht sie. Entscheidend bleibt, dass den Pflegekassen ein nachprüfbarer Kostennachweis vorgelegt wird.

Bei privat organisierter Ersatzpflege genügt – anders als viele Formularpakete suggerieren – eine einfache Quittung mit Datum, Stundenzahl, Honorar und Unterschrift der Ersatzpflegekraft.

Gesetzlich verlangt § 39 Abs. 1 SGB XI nicht mehr. Namensangaben dürfen sich – wie einige Kassenformulare vormachen – auf den Nachnamen beschränken; detaillierte Angaben zur Person der Pflegekraft oder zu den persönlichen Gründen der Pflegeunterbrechung sind nicht erforderlich und datenschutzrechtlich häufig unzulässig.

Darauf verweist unter anderem das Bundesgesundheitsministerium in seinen Handreichungen zur Verhinderungspflege.

Steuerfreiheit: Eine Frage der „sittlichen Verpflichtung“

Ob das ausgezahlte Pflegehonorar versteuert werden muss, hängt weiterhin von § 3 Nr. 36 Einkommensteuergesetz ab. Bis zur Höhe des jährlich ausgezahlten Pflegegeldes – bei Pflegegrad 2 aktuell bereits über 4 200 Euro – sind Ersatzpflegeleistungen steuerfrei, sofern die Pflege durch Angehörige oder andere Personen erfolgt, die eine sittliche Verpflichtung übernehmen.

Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages geht davon aus, dass eine solche Verpflichtung bei einer einzelnen betreuten Person in der Regel vermutet werden kann.

Erst wer mehrere Pflegebedürftige betreut, sollte sich die sittliche Pflicht, etwa durch eine schriftliche Erklärung der Pflegebedürftigen, bestätigen lassen. Auf die oftmals zitierte Übungsleiterpauschale (3 000 Euro) kommt es insoweit nicht an; sie war lediglich ein Analogieszenario in früheren Gutachten.

Fristen und Übergang 2025

Für Leistungen, die in der ersten Jahreshälfte 2025 entstanden sind, gilt noch der alte Rechtsrahmen. Praktisch bedeutet das: Rechnungen bis 30. Juni dürfen maximal das alte Teilbudget ausschöpfen,

Nachweise ab 1. Juli können bis zur neuen Gesamtgrenze von 3 539 Euro erstattet werden. Viele Beraterinnen empfehlen daher zwei getrennte Abrechnungsbögen, um Rückfragen der Pflegekasse zu vermeiden.

Entlastung für pflegende Angehörige – doch Kritik bleibt

Pflegeverbände begrüßen die höhere Flexibilität ausdrücklich. Sie erwarten, dass mehr als die bisher rund zehn Prozent der Leistungsberechtigten Kurzzeit- oder Verhinderungspflege tatsächlich abrufen.

Gleichwohl bleibt Kritik: Wer Angehörige bis zum zweiten

Verwandtschaftsgrad einsetzt, stößt weiterhin auf die Begrenzung, dass die reine Aufwandsentschädigung – derzeit das Zweifache des monatlichen Pflegegeldes – niedriger liegt als das Gesamtbudget. Nur nachgewiesene Verdienstausfälle, Fahr- oder Übernachtungskosten lassen sich darüber hinaus anrechnen. Fachjuristen halten die Differenzierung für begründbar, sehen aber weiteren Reformbedarf.

Datenschutz und Kassenpraxis – ein Konfliktfeld

Ein Dauerthema bleibt der Umgang einzelner Pflegekassen mit sensiblen Gesundheits- und Personendaten. Die Datenschutzvorschriften der §§ 94 SGB XI und 67a SGB X gestatten nur die Erhebung solcher Angaben, die für Leistungsprüfung oder -erbringung unabdingbar sind.

Wenn Kassen trotzdem ärztliche Diagnosen, detaillierte Urlaubspläne oder Kontobelege der Pflegekraft anfordern, überschreiten sie rechtliche Grenzen. Betroffene sollten in solchen Fällen schriftlich auf das Datensparsamkeitsgebot verweisen und notfalls den Landesdatenschutzbeauftragten einschalten.

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Ausblick: Entlastungsbudget 2.0?

Die Bundesregierung nennt den Gemeinsamen Jahresbetrag einen ersten Schritt zu mehr Alltagsunterstützung. In Fachkreisen wird bereits diskutiert, ob das Budget künftig dynamisiert und – ähnlich wie das Pflegegeld – regelmäßig an die Preisentwicklung angepasst werden müsste. Auch die Frage, ob das Leistungspaket vollständig in eine digitale Antragstrecke überführt werden kann, ohne Papierformulare und individuelle Schreiben, steht auf der Agenda.

Für Pflegende und Pflegebedürftige bedeutet die Reform dennoch bereits jetzt eine spürbare Vereinfachung: weniger Bürokratie, mehr Geld und erstmals echte Wahlfreiheit, wo und wie Entlastung organisiert wird.

Fazit

Mit dem Entlastungsbudget von 3 539 Euro gewinnen pflegende Familien Zeit und Planungssicherheit – unter der Voraussetzung, dass sie ihre Ansprüche kennen, die Anträge sorgfältig stellen und sich von übergriffigen Datenerhebungen nicht einschüchtern lassen.

Die Pflegeversicherung hat damit ein modernes Instrument geschaffen; ob es die Versorgungslücken tatsächlich schließt, hängt nun von einer pragmatischen Umsetzung in den Kassen und von weiteren politischen Nachjustierungen ab.