Pflegegeld: Grundlegende Änderungen bei der häuslichen Pflegeversicherung

Mit der zweiten Stufe des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes (PUEG) verschiebt sich die Architektur der häuslichen Pflegeversicherung in Deutschland grundlegend.

Seit dem 1. Juli 2025 ersetzt ein „Gemeinsames Jahresbudget“ von bis zu 3 539 Euro die bislang getrennten Töpfe für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege. Schon zum Jahresbeginn 2025 wurden die Einzelbeträge für beide Leistungen angehoben; in der zweiten Jahreshälfte werden sie nun in einen einzigen, flexiblen Betrag überführt.

Das Bundesgesundheitsministerium, die Kassenverbände und Verbraucherschützer sprechen übereinstimmend von der größten Vereinfachung seit Einführung der Pflegeversicherung 1995.

Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege: Was bisher galt

Bis Ende Juni 2025 erhielten Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 jährlich bis zu 1 685 Euro für Verhinderungspflege (Ersatzpflege, maximal sechs Wochen) und bis zu 1 854 Euro für Kurzzeitpflege (stationäre Übergangspflege, maximal acht Wochen).

Wer das volle Kurzzeitpflegekontingent nicht ausschöpfte, konnte 50 Prozent – bislang 806 Euro – auf die Verhinderungspflege übertragen. Das System zwang Angehörige jedoch zu komplizierten Rechenübungen und Anträgen, weil beide Budgets getrennt verwaltet wurden.

Mehr Geld ab 1. Januar 2025: Neue Grundbeträge

Zum 1. Januar 2025 stiegen die Beträge pauschal um 4,5 Prozent. Für die Verhinderungspflege bedeutet das ein Plus von 73 Euro auf 1 685 Euro. Die Kurzzeitpflege kletterte zeitgleich auf 1 854 Euro.

Diese Sätze gelten für alle Pflegebedürftigen unabhängig von Verwandtschaftsgrad oder Pflegeform, bilden aber nur die Übergangsregel bis zum Start des neuen Budgets Mitte des Jahres.

Das Entlastungsbudget ab 1. Juli 2025: Ein Topf für alle Fälle

Ab dem 1. Juli 2025 müssen Pflegebedürftige nur noch einen Betrag im Blick behalten: 3 539 Euro pro Kalenderjahr. Ob dieses Geld für tage- oder stundenweise Verhinderungspflege, für eine stationäre Kurzzeitpflege oder in beliebiger Kombination ausgegeben wird, ist künftig unerheblich.

Alle bislang unterschiedlichen Übertragungsregeln entfallen; die Pflegekassen verrechnen Ausgaben automatisch aus einem gemeinsamen Konto. Die Dauergrenzen werden vereinheitlicht: Beide Leistungen dürfen nun jeweils bis zu acht Wochen im Jahr in Anspruch genommen werden.

Lesen Sie auch:

– Pflegegeld: Sozialgericht legt für Verhinderungspflege neue Richtlinien fest

Übergangsphase: So werden bereits genutzte Mittel verrechnet

Für die erste Jahreshälfte 2025 gelten noch die alten Richtwerte. Wer beispielsweise bis Ende Juni bereits das volle Verhinderungspflegebudget einschließlich Übertrag – zurzeit maximal 2 528 Euro – ausgeschöpft hat, dem verbleiben im zweiten Halbjahr exakt 1 011 Euro des neuen Jahresbudgets.

Die Pflegekassen ziehen alle bis 30. Juni erstatteten Beträge vom Pauschalbetrag von 3 539 Euro ab. Damit verhindert der Gesetzgeber, dass Pflegebedürftige im Transformationsjahr mehr als einmal das volle Budget beanspruchen.

Angehörige versus professionelle Dienste: Regeln für nahe Verwandte

Angehörige bis zum zweiten Verwandtschaftsgrad – etwa Kinder oder Geschwister – dürfen nach wie vor nur bis zu einem bestimmten Teil des Budgets abrechnen. Bis Juni liegt die Obergrenze beim 1,5-Fachen des jeweiligen Pflegegeldes; ab Juli erhöht sie sich auf das Zweifache.

Für einen Pflegegrad-2-Haushalt bedeutet das, dass Verwandte im ersten Halbjahr maximal rund 520 Euro abrechnen können, im zweiten Halbjahr bis zu 694 Euro. Alle übrigen Leistungen – etwa durch Nachbarn, Freunde oder ambulante Dienste – greifen auf das unveränderte Restbudget zu.

Wegfall der Vorpflegezeit und längere Anspruchsdauer

Ein weiterer Stolperstein verschwindet: Die bisherige Vorpflegezeit, nach der Angehörige erst sechs Monate gepflegt haben mussten, um Verhinderungspflege zu beantragen, entfällt komplett.

Zudem wird die Höchstdauer der Verhinderungspflege von sechs auf acht Wochen angehoben und damit an die Kurzzeitpflege angeglichen. Fachverbände wie der vdek erwarten dadurch einen frühzeitigeren Zugang zu Entlastungsangeboten, besonders bei plötzlich eintretender Pflegebedürftigkeit.

Was bleibt zu tun?

Obwohl das Budget künftig automatisch geführt wird, ersetzt dies nicht die Notwendigkeit, Rechnungen und Nachweise sorgfältig zu sammeln. Die meisten Kassen verzichten zwar auf einen separaten Antrag, verlangen aber weiterhin die Vorlage aller Belege, um die Erstattungsfähigkeit zu prüfen.

Wer unsicher ist, sollte vorab telefonisch klären, welche Unterlagen notwendig sind. Experten raten, jede Inanspruchnahme zeitnah mit der Kasse abzustimmen, damit das Restbudget jederzeit transparent bleibt.

Stimmen aus Praxis und Verbänden

Pflegedienste begrüßen die Reform als längst überfällig, warnen jedoch vor Übergangsschwierigkeiten in der Abrechnungstechnik der Kassen. Verbraucherschützer loben den Wegfall der Vorpflegezeit, sehen aber weiterhin Aufklärungsbedarf bei den neuen Verwandten-Grenzen.

Zugleich mahnen sie an, dass die Erhöhung um knapp fünf Prozent nicht ausreiche, um die reale Kostenentwicklung in der Pflege abzubilden.

Was die Reform für Pflege zu Hause jetzt bedeutet

Das neue Entlastungsbudget bringt eine deutliche Vereinfachung und mehr Flexibilität. Pflegende Angehörige können Urlaub, Krankheit oder berufliche Verpflichtungen künftig leichter planen, ohne komplizierte Überträge berechnen zu müssen.

Ob die Summe von 3 539 Euro dauerhaft Schritt hält mit den steigenden Pflegekosten, bleibt allerdings offen. Der Gesetzgeber hat für 2028 eine erneute Evaluation angekündigt.

Bis dahin gilt: Wer die Regeln kennt und Belege sorgfältig verwaltet, kann die zusätzlichen Mittel schon heute sinnvoll einsetzen – und sich etwas von der täglichen Belastung zurückholen.