Bernd Matthes solidarisiert sich mit Rüdiger S. und tritt auf unbestimmte Zeit in den Hungerstreik.
Seit dem 12.1.2007 hat Bernd Matthes seinen am 11.Mai 2005 unterbrochenen Hungerstreik wieder aufgenommen. Dieser solidarisiert sich nach eigenen Angaben mit dem Hungerstreiker Rüdiger Steinbeck, um den allernotwendigsten demokratischen Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Rüdiger S. befindet sich nunmehr seit 7 Wochen im Hungerstreik. Rüdiger S. protestiert dagegen, dass das zuständige Jobcenter ihm nicht die notwendigen Heizkosten erstattet. Rüdiger S. bekam erneut die Aufforderung nunmehr einen Ein Euro-Job zu beginnen, den er aber ablehnt hat. Im Gegenzug hat Rüdiger S. eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit verlangt, wovon er seine Heizkosten bezahlen kann, die vom Jobcenter nur zu einem Bruchteil übernommen werden.
Bernd Matthes geht noch einen Schritt weiter und betont erneut, dass er nicht mehr mit dieser Regierung, diesen Parteien bereit ist, einen Gesellschaftsvertrag einzuhalten, weil die andere Seite nicht ihre Verpflichtungen erfüllt.
Bernd M. nimmt sich nach eigenen Angaben das letzte ihm verbleibende Recht des Widerstandes nach Artikel 20 Absatz 4. Er verweigert die Inanspruchnahme die aus dem Sozialgesetzbuch seit 1.Januar 2005 gilt, erhebt aber weiterhin den Anspruch auf eine bedingungslose Grundsicherung.
Der Hungerstreiker Bernd M. verweigert sämtliche Informationen gegenüber diesem Staat, weil seinen persönlichen Daten kein Schutz vor Mißbrauch von Dritten und kein Schutz vor Mißbrauch durch die Technik gewehrt wird. Er verweigert daher ebenfalls die Steuererklärung, und die Verlängerung seiner Ausweispapiere.
Hungerstreik als letztes Mittel?
Viele Menschen sehen für sich keinen Ausweg mehr, um gegen Behördenwillkür und Amtsmissbrauch vorzugehen. Sie fühlen sich allein gelassen und diskriminiert. Doch sollte der Hungerstreik wirklich das letzte (politische) Mittel sein, um gegen Hartz IV zu demonstrieren?
Bei den Protesten am 2. Januar vor der Mainzer Staatskanzlei unter dem Motto: "Mainz: Einmal waschen und rasieren bitte!" waren gerade einmal 100 Protestierer gekommen, um gegen die Stimmungsmache der Medien und den Ausfällen von Kurt Beck zu demonstrieren. Dabei wirft Martin Behrsing vom Erwerbslosen Forum die richtige Frage auf; Gibt es in Mainz und in der Umgebung nicht noch mehr Hartz IV Empfänger/innen, die unzufrieden sind? 100 Menschen sind viel zu wenig, um glaubhaften Protest zu üben. Es könnte also sein, dass auch die Vereinzelung des Menschen dazu führt, dass Menschen zum bittersten Mittel, dem Hungerstreik greifen.
Deshalb stößt der Hungerstreik nicht nur auf Zustimmung. So erklärte Mag Wompel von der Internet Plattform "Labournet", dass ein Hungerstreik, wie dieser auch von Prof. Grottian aus Berlin vorgeschlagen wird, "fahrlässig und zynisch" sei. "Ein Hungerstreik ist ein existenzieller Notschrei der Verzweiflung, der nur dann legitim und angemessen erscheint, wenn fast alle Artikulations- und Protestformen ausgelotet sind und nichts mehr bleibt, um die menschenrechtlich unzumutbare Not in einer reichen Gesellschaft auszudrücken." Wompel hält dagegen, dass "nicht alle Protestformen ausgelotet seien" und dass der Hungerstreik vor dem aktuellen Hintergrund keine adäquate Protestform, sondern "potentieller Selbstmord" ist.
Dennoch sollten soziale Initiativen und Parteien ihre Augen nicht verschließen, sondern konstruktive Wege finden, damit der Hungerstreik der Betroffenen nicht zum Selbstmord führt. Schnelle Lösungen müssen her, damit nicht noch schlimmeres passiert. Die entscheidenen Ämter sind gefragt, Menschenwürdig zu agieren, sonst machen diese sich mitverantwortlich am Tod eines Menschen. (17.01.07, sm)
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