Mythos Bürgergeld – Stimmt die Alleinverdiener-Berechnung der CSU?

Lesedauer 2 Minuten

Mit Bürgergeld wird sich Arbeit nicht mehr lohnen – diese Meinung wird auch von der CSU auf Instagram (hier) und auf einer extra geschalteten Seite (Leistung muss sich lohnen!) verbreitet. Stimmt das? Eine faktenbasierte Rechnung.

Grundlegende Annahmen

Alleinstehend
2520€ Brutto
1748€ Netto

745€ Bruttokaltmiete
500€ Energiekosten – ich gehe von 400€ Heizkosten und 100€ Strom aus

Methodischer Ansatz zur Klärung

Um zu klären, ob sich Arbeit wirklich nicht mehr lohnt, muss die Haushaltskasse jeweils mit und ohne Arbeit berechnet werden. Dabei werde ich versuchen, die Berechnungsschritte zu erklären.

1. Bürgergeld ohne Arbeit
2. Bürgergeld mit Arbeit

1. Bürgergeld ohne Arbeit

Das Bürgergeld wird berechnet, indem von einem Bedarf ein anzurechnendes Einkommen abgezogen wird. Das Ergebnis ist die Höhe des zustehenden Bürgergelds.

Bedarf

Daher zunächst die Berechnung des Bedarfs, der mit und ohne Einkommen gleich bleibt.

502€ Regelbedarf
745€ Bruttokaltmiete
400€ Heizkosten
——-
1647€ Bedarf

Einkommen

Da der Alleinstehende ohne Arbeit kein Einkommen erzielt, gibt es daher folglich auch keine  Anrechnung.

Leistungsanspruch

1647€ Bedarf
– 0€ angerechnetes Einkommen
——-
1647€ Bürgergeld

Haushaltskasse

Haushaltskasse:
1647€ Bürgergeld
——–
1647€ Haushaltseinkommen
– 745€ Bruttokaltmiete
-400€ Heizkosten
– 100€ Stromkosten
——–
402€ nach Fixkosten
-200€ Lebensmittel
– 100€ Verkehr
——–
102€ Rest

2. Bürgergeld mit Arbeit

Bedarf

502€ Regelbedarf
745€ Bruttokaltmiete
400€ Heizkosten
——-
1647€ Bedarf

Einkommen

Vom Einkommen werden je nach Einkommensart verschiedene Freibeträge abgezogen und so das angerechnete Einkommen berechnet.

Beim Erwerbseinkommen gibt es folgende Freibeträge:
100€ Grundpauschale
20% des Bruttos von 100 bis 520€
30% des Bruttos von 520 bis 1000€
10% des Bruttos von 1000 bis 1200€
10% des Bruttos von 1200 bis 1500€ (nur mit Kind)

Einkommen:
2520€ Brutto
1748€ Netto (StKl 1)

Freibeträge:
100€ (Pauschale)
84€ (20% v. 100-520)
144€ (30% v. 520-1000)
20€ (10% v. 1000-1200)
——-
348€ Freibetrag

1748€ Netto
– 348€ Freibetrag
——
1400€ angerechnetes Einkommen

Leistungsanspruch

Berechnung des Leistungsanspruchs durch Abzug des angerechneten Einkommens vom Bedarf:

1647€ Bedarf
-1400€ anger. Einkommen
——–
247€ Bürgergeld

Der Alleinstehende hat trotz Vollzeitarbeit Anspruch auf 247€ ergänzendes Bürgergeld.

Haushaltskasse

1748€ Netto
+ 247€ Bürgergeld
——–
1995€ Haushaltseinkommen
– 745€ Bruttowarmmiete
-400€ Heizkosten
– 100€ Stromkosten
——–
750€ nach Fixkosten
-200€ Lebensmittel
– 100€ Verkehr
——–
450€ “Rest”

Vergleich der Situation mit und ohne Arbeit

Wenn man nun die beiden Berechnungen vergleicht, kommt man zu diesem Ergebnis:

Haushaltseinkommen:
– ohne Arbeit: 1647€/Monat
– mit Arbeit: 1995€/Monat

Nach Fixkosten
– ohne Arbeit: 402€
– mit Arbeit: 750€

“Rest”
– ohne Arbeit: 102€
– mit Arbeit: 450€

Differenz: 348€

Fehler in der Grafik der CSU

1. Ein Teil der Energiekosten (Stromkosten – ich habe sie auf 100€ geschätzt) muss vom Regelbedarf gezahlt werden.
2. Der ergänzende Bürgergeldanspruch des Arbeitnehmers in Höhe von 247€ wird ignoriert.

Mögliche Gründe für die Desinformation

Aus meiner Sicht gibt es für die Veröffentlichung dieser Falschinformation durch die CSU nur drei denkbare Gründe:
1. Fachliche Inkompetenz – die CSU hat keine Ahnung von Sozialrecht
2. Bewusste Falschinformation um ablehnende Stimmung zu erzeugen
3. Leistungsberechtigte durch Vorenthalten von der Geltendmachung ihrer Ansprüche abhalten.

Urheberschaft der Desinformation

Außerdem hat die Grafik der CSU auffällige Gemeinsamkeiten mit einer älteren Grafik der Jungen Freiheit, dem Hofmagazin der AfD, die ich hier schon einmal korrigiert habe.

Links die falsche Berechnung der jungen Freiheit, rechts mit Rotsift korrigiert.

Zu dem Ergebnis, dass Arbeit sich nicht lohnen würde, kommt man nur, wenn man Ansprüche auf den Lohn ergänzende Sozialleistungen außer Acht lässt.

ARBEIT LOHNT SICH, auch mit Bürgergeld!

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Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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