Mit Bürgergeld wird sich Arbeit nicht mehr lohnen – diese Meinung wird auch von der CSU auf Instagram (hier) und auf einer extra geschalteten Seite (Leistung muss sich lohnen!) verbreitet. Stimmt das? Eine faktenbasierte Rechnung.
Inhaltsverzeichnis
Grundlegende Annahmen
Alleinstehend
2520€ Brutto
1748€ Netto
745€ Bruttokaltmiete
500€ Energiekosten – ich gehe von 400€ Heizkosten und 100€ Strom aus
Methodischer Ansatz zur Klärung
Um zu klären, ob sich Arbeit wirklich nicht mehr lohnt, muss die Haushaltskasse jeweils mit und ohne Arbeit berechnet werden. Dabei werde ich versuchen, die Berechnungsschritte zu erklären.
1. Bürgergeld ohne Arbeit
2. Bürgergeld mit Arbeit
1. Bürgergeld ohne Arbeit
Das Bürgergeld wird berechnet, indem von einem Bedarf ein anzurechnendes Einkommen abgezogen wird. Das Ergebnis ist die Höhe des zustehenden Bürgergelds.
Bedarf
Daher zunächst die Berechnung des Bedarfs, der mit und ohne Einkommen gleich bleibt.
502€ Regelbedarf
745€ Bruttokaltmiete
400€ Heizkosten
——-
1647€ Bedarf
Einkommen
Da der Alleinstehende ohne Arbeit kein Einkommen erzielt, gibt es daher folglich auch keine Anrechnung.
Leistungsanspruch
1647€ Bedarf
– 0€ angerechnetes Einkommen
——-
1647€ Bürgergeld
Haushaltskasse
Haushaltskasse:
1647€ Bürgergeld
——–
1647€ Haushaltseinkommen
– 745€ Bruttokaltmiete
-400€ Heizkosten
– 100€ Stromkosten
——–
402€ nach Fixkosten
-200€ Lebensmittel
– 100€ Verkehr
——–
102€ Rest
2. Bürgergeld mit Arbeit
Bedarf
502€ Regelbedarf
745€ Bruttokaltmiete
400€ Heizkosten
——-
1647€ Bedarf
Einkommen
Vom Einkommen werden je nach Einkommensart verschiedene Freibeträge abgezogen und so das angerechnete Einkommen berechnet.
Beim Erwerbseinkommen gibt es folgende Freibeträge:
100€ Grundpauschale
20% des Bruttos von 100 bis 520€
30% des Bruttos von 520 bis 1000€
10% des Bruttos von 1000 bis 1200€
10% des Bruttos von 1200 bis 1500€ (nur mit Kind)
Einkommen:
2520€ Brutto
1748€ Netto (StKl 1)
Freibeträge:
100€ (Pauschale)
84€ (20% v. 100-520)
144€ (30% v. 520-1000)
20€ (10% v. 1000-1200)
——-
348€ Freibetrag
1748€ Netto
– 348€ Freibetrag
——
1400€ angerechnetes Einkommen
Leistungsanspruch
Berechnung des Leistungsanspruchs durch Abzug des angerechneten Einkommens vom Bedarf:
1647€ Bedarf
-1400€ anger. Einkommen
——–
247€ Bürgergeld
Der Alleinstehende hat trotz Vollzeitarbeit Anspruch auf 247€ ergänzendes Bürgergeld.
Haushaltskasse
1748€ Netto
+ 247€ Bürgergeld
——–
1995€ Haushaltseinkommen
– 745€ Bruttowarmmiete
-400€ Heizkosten
– 100€ Stromkosten
——–
750€ nach Fixkosten
-200€ Lebensmittel
– 100€ Verkehr
——–
450€ “Rest”
Vergleich der Situation mit und ohne Arbeit
Wenn man nun die beiden Berechnungen vergleicht, kommt man zu diesem Ergebnis:
Haushaltseinkommen:
– ohne Arbeit: 1647€/Monat
– mit Arbeit: 1995€/Monat
Nach Fixkosten
– ohne Arbeit: 402€
– mit Arbeit: 750€
“Rest”
– ohne Arbeit: 102€
– mit Arbeit: 450€
Differenz: 348€
Fehler in der Grafik der CSU
1. Ein Teil der Energiekosten (Stromkosten – ich habe sie auf 100€ geschätzt) muss vom Regelbedarf gezahlt werden.
2. Der ergänzende Bürgergeldanspruch des Arbeitnehmers in Höhe von 247€ wird ignoriert.
Mögliche Gründe für die Desinformation
Aus meiner Sicht gibt es für die Veröffentlichung dieser Falschinformation durch die CSU nur drei denkbare Gründe:
1. Fachliche Inkompetenz – die CSU hat keine Ahnung von Sozialrecht
2. Bewusste Falschinformation um ablehnende Stimmung zu erzeugen
3. Leistungsberechtigte durch Vorenthalten von der Geltendmachung ihrer Ansprüche abhalten.
Urheberschaft der Desinformation
Außerdem hat die Grafik der CSU auffällige Gemeinsamkeiten mit einer älteren Grafik der Jungen Freiheit, dem Hofmagazin der AfD, die ich hier schon einmal korrigiert habe.
Zu dem Ergebnis, dass Arbeit sich nicht lohnen würde, kommt man nur, wenn man Ansprüche auf den Lohn ergänzende Sozialleistungen außer Acht lässt.
ARBEIT LOHNT SICH, auch mit Bürgergeld!
Meine hier veröffentlichten Artikel findet ihr (ähnlich) auch bei Twitter
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- Über den Autor
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Simon alias “Sozi Simon” ist Sozialarbeiter aus Leidenschaft. Kämpfer für mehr Gerechtigkeit und gegen das Verschweigen/Verweigern von staatlicher Unterstützung. Er ist Mitautor des SGB II & SGB XII Leitfadens von A-Z. Simon ist insbesondere bei Twitter für seine Ratgeber-Tweets bekannt und seit 2022 freier Autor bei Gegen-Hartz.de