Menschen mit Behinderung fragen sich oft, ob Sie bei einer Stellenbewerbung die Behinderung angeben sollen oder nicht. Wir geben hier Tipps, die Ihnen in Ihrer speziellen Situation helfen kรถnnen.
Es stellen sich viele Fragen
Wenn Menschen mit Behinderungen sich auf eine Arbeitsstelle bewerben, dann stellen sich viele Fragen. Habe ich das Recht, meine Behinderung nicht zu erwรคhnen?
Darf der Arbeitgeber nach meiner Behinderung fragen? Hat es Vorteile, eine Behinderung nicht zu erwรคhnen?
Welche Vor- und Nachteile sind damit verbunden, eine Schwerbehinderung zu erwรคhnen? Wann ist der beste Zeitpunkt, die Behinderung zum Thema zu machen?
Mรผssen Sie eine Behinderung beim Arbeitgeber erwรคhnen?
Die klare Antwort lautet Nein. Behinderungen gehรถren zu den besonders geschรผtzten Daten. Sie kรถnnen Ihre Behinderung erwรคhnen, wenn Sie es mรถchten. Sie sind dazu aber nicht verpflichtet.
Wichtig: Es gibt auch kein allgemeines Fragerecht des Arbeitgebers nach einer Behinderung, wenn sich dies nicht konkret auf den Arbeitsplatz bezieht.
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Habe ich als Mensch mit Behinderung Anspruch auf eine Stelle?
Generell ausdrรผcklich ja. Der Gesetzgeber verpflichtet Unternehmen mit 20 oder mehr Mitarbeitern dazu, fรผnf Prozent der Stellen fรผr Menschen mit Behinderungen zu reservieren. Bleibt er darunter, dann muss er Abgaben leisten.
Wann sollten Sie eine Behinderung im Anschreiben erwรคhnen?
Es gibt drei gute Grรผnde, bereits im Anschreiben einer Bewerbung die Behinderung zu erwรคhnen. Erstens, wenn der Arbeitgeber laut Stellenanzeige Behinderte bevorzugt einstellt.
Zweitens, wenn die Behinderung Einfluss auf die Arbeitsleistung hat, und / oder besondere Vorkehrungen erfordert. Drittens, wenn die Behinderung besonderen rechtlichen Ansprรผchen fรผhrt.
Wann sollten Sie die Behinderung im Lebenslauf einfรผgen?
Es kann wichtig sein, eine Behinderung im Lebenslauf zu erwรคhnen. Wenn Sie zum Beispiel Aufenthalte in der Reha hatten, die mit Ihrer Behinderung zusammen hรคngen, dann sollten Sie diese erwรคhnen, damit keine Lรผcken entstehen.
Stรคrken und Schwรคchen
Es kann sinnvoll sein, mit offenen Karten zu spielen, und die Schwรคchen, aber auch die mรถglichen Stรคrken ihrer besonderen Bedรผrfnisse offen zu legen. Dafรผr ist die spezifische Situation und die besondere Stelle entscheidend.
Zum Beispiel kรถnnten Sie einen Grad der Behinderung von 30 haben mit der Diagnose “Leichtes Autistisches Syndrom, mit leichten sozialen Anpassungsschwierigkeiten”.
Das bedeutet zum Beispiel bei einer รberempfindlichkeit auf Lรคrm zwar entsprechende Rรผcksicht am Arbeitsplatz zum Beispiel durch lautreduzierende Kopfhรถrer.
Damit verbunden sind indessen auch Fรคhigkeiten wie Zuverlรคssigkeit, Pรผnktlichkeit und der Wille, Fristen einzuhalten. Hinzu kommen Ehrlichkeit, eine offene und direkte Kommunikation. Grรผndlichkeit und eine genaue Wahrnehmung von Details.
Ist es immer sinnvoll, eine Behinderung zu erwรคhnen?
Gerade bei nicht offensichtlichen und leichteren Behinderungen bis zu einem Grad von circa 30 ist es nicht immer sinnvoll, sie zu erwรคhnen. Dies gilt besonders, wenn der Behinderung psychische Erkrankungen zugrunde liegen. Hier bestehen oft heute noch Vorurteile bei Arbeitgebern.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet zwar, Bewerber aufgrund von Behinderungen zu diskriminieren. Doch wenn ein Arbeitgeber Ihre Bewerbung ablehnt, muss erst einmal nachgewiesen werden, ob der Grund dafรผr die Behinderung ist. Hรถchst selten wird ein Arbeitgeber dies offen zugeben.
Zudem bekommen Sie, auch wenn die Diskriminierung bei der Bewerbung sich nachweisen lรคsst, lediglich eine Entschรคdigung von rund drei Monatsgehรคltern. Die Stelle hat jedoch jemand anders.
Hier sollten Sie den Stellenanbieter unter die Lupe nehmen. Bei jemand, der bekannt dafรผr ist, Vorurteile gegenรผber Menschen mit Behinderungen zu haben, sollten Sie sich die Frage beantworten, ob Sie sich รผberhaupt vorstellen kรถnnen, dort zu arbeiten.
Bevorzugung im รถffentlichen Dienst
Auch bei einem Grad der Behinderung von 30 sollten Sie im รถffentlichen Dienst ihre Behinderung unbedingt bei der Bewerbung erwรคhnen. Hier gilt die Vorschrift, dass Menschen mit Behinderung bei gleicher Qualifikation bevorzugt einzustellen sind.
Nachteilsausgleiche bei Schwerbehinderung
Bei einem Grad der Behinderung von 50 oder mehr erhalten Sie gesetzlich vorgeschriebene Nachteilsausgleiche.
Sie kรถnnen ohne Abzug zwei Jahre frรผher in Altersrente gehen; sie erhalten fรผnf bezahlte Urlaubstage in einer Fรผnf-Tage-Woche mehr pro Jahr; und sie haben einen besonderen Kรผndigungsschutz.
Auf diese Vorteile zu verzichten, weil Sie Ihre Schwerbehinderung nicht erwรคhnen, wรคre zu Ihrem Schaden.
Wie erwรคhnen Sie die Behinderung bei der Bewerbung?
Wenn Sie die Behinderung im Bewerbungsschreiben erwรคhnen, dann sollte dies am besten kurz, knapp und konkret erfolgen.
Im Zentrum jeder Bewerbung steht die Eignung fรผr den Job, die Qualifikation, die persรถnlichen Erfahrungen, Kenntnisse und Fรคhigkeiten sowie die Motivation. Die Behinderung ist ein Teil von Ihnen, aber nicht der Grund, warum Sie sich auf die Stelle bewerben.
Behinderung beim Vorstellungsgesprรคch erwรคhnen
Wenn Sie die Behinderung nicht im Anschreiben, sondern im Vorstellungsgesprรคch erwรคhnen, dann wรคre es suboptimal, das Gesprรคch damit einzuleiten. Ebenso ist es nicht sinnvoll, die Behinderung erst nach dem Gesprรคch zu erwรคhnen.
Der Kern des Gesprรคchs sind der Inhalt der Arbeit, ihre Aufgaben, ihre bisherigen Erfahrungen und die Mรถglichkeit, diese einzubringen und zu erweitern.
Die Behinderung gehรถrt zu Ihnen, und Sie werden diese zum Beispiel erwรคhnen, weil am Arbeitsplatz ein Rahmen dafรผr geboten sein muss.
Liegt der Fokus gleich zu Beginn auf der Behinderung, kann der Eindruck entstehen, diese, und nicht die Arbeit, sei das Hauptthema. Erwรคhnen Sie die Behinderung hingegen erst ganz zum Schluss, dann fรผhlt sich der Arbeitgeber womรถglich รผberrumpelt, weil er jetzt noch einmal neu zum Beispiel รผber die Gestaltung des Arbeitsplatzes nachdenken muss.
Es kann sogar sein, dass Sie selbst wirken, als empfรคnden Sie Ihre Behinderung als Manko, das Sie erst erwรคhnen, “wenn die Sache gelaufen ist”.
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Was darf der Arbeitgeber Sie รผber Ihre Behinderung fragen?
Der Arbeitgeber darf (und muss in vielen Fรคllen), Fragen zur Art und Schwere Ihrer Behinderung stellen, wenn diese wichtig fรผr den spezifischen Arbeitsplatz sind.
Sie sollten sich bei der Vorbereitung des Vorstellungsgesprรคchs auf diese Fragen vorbereiten. Je klarer wird, dass Sie sich selbst damit auseinander gesetzt haben, desto besser ist der Eindruck beim Arbeitgeber.
Vorurteile und Unwissen
Heikel wird es, wenn sich im Gesprรคch Vorurteile oder auch Unkenntnis รผber Ihre spezifische Behinderung zeigen. Wirkt der Arbeitgeber offen diskriminierend oder erweckt er den Eindruck, dass er Sie wegen Ihrer Behinderung ablehnt?
Dann fรคllt es schwer, sachlich zu bleiben und an so einem Arbeitsplatz arbeiten zu wollen.
Viel hรคufiger zeigen sich Vorurteile auf einem niedrigeren Level und sind unterschwellig. Hier kรถnnen Sie direkt ihre besondere Situation ansprechen und darauf verweisen, welche Erfolge sie damit bisher erreicht haben.